Konkurrenz und Wettkampf in offener Beziehung
Hallo zusammen Meine Frage richtet sich vor allem an Menschen, die nicht-monogame Beziehungsmodelle pflegen, sei es nun offene Beziehung, Polyamorie oder auch gemeinsames Swingen.
Mein Freund und ich führen seit Dezember 2017 eine offene Beziehung. Davor haben wir mehr als ein Jahr darüber geredet und ganz allgemein findet zwischen uns eine sehr offene und auch dauerhafte Kommunikation statt. Das Problem liegt also definitiv nicht in mangelnder Kommunikation oder mangelndem Verständnis füreinander oder daran, dass wir keine Lösungen finden wollen.
Das Problem, mit dem ich aktuell massiv konfrontiert werde, ist der ausgeprägte Konkurrenz- und Wettbewerbssinn meines Partners, der mir allmählich wirklich zu schaffen macht. Dabei ist wichtig zu verstehen, dass sich dieses Verhalten nicht allein auf die sexuelle Ebene beschränkt, sondern mein Freund generell gerne aus allem einen Wettbewerb macht. Er ist gerne überall der Beste, Schnellste, Erfolgreichste und es macht ihm Spaß, andere zu übertrumpfen. In bestimmten Bereichen, wie im Beruf, ist dieser Ehrgeiz auch sehr produktiv, aber zwischenmenschlich macht es manchmal doch ziemliche Probleme.
Es gibt drei ganz konkrete Problemfelder, mit denen ich mich beschäftige und bei denen ich mir ein paar Lösungsanreize oder Verständnisantworten erhoffe: Konkurrenz mit anderen Sexpartnern, Wettbewerb innerhalb der Beziehung, und ein besitzergreifender Beschützerinstinkt.
Im Grunde war der Wettbewerb innerhalb der Beziehung das Erste, was durchschimmerte. Zum Beispiel hat mein Freund bereits Monate vor dem Öffnen der Beziehung eine mehrmonatige Affäre gehabt, die er damit begründet hat, dass er mir beim Sex außerhalb der Beziehung zuvorkommen wollte. Die Diskussion ums Fremdgehen tut hier allerdings nichts zur Sache, da wir diese Geschichte bereits geklärt haben. Wichtig ist hier nur: Er hatte die Befürchtung, dass ich, sobald die Beziehung offen sein würde, sehr viel erfolgreicher beim Finden anderer Sexpartner sein würde und er sich besser damit fühlte, der Erste von uns beiden zu sein, der außerhalb der Beziehung mit jemand anderem Sex hat. Es hatte praktisch einen „Abhaken“-Charakter, damit alles, was danach kommt, nicht mehr denselben Stellenwert hat.
Ein weiteres Mal äußerte sich dieser Charakterzug bei ihm, als ich meinen ersten Dreier mit zwei anderen Männern hatte. Hier ging es ihm nicht darum, dass ich er nicht Teil dieses Dreiers war (damit hat er kein Problem), sondern dass ich vor ihm einen hatte. Ihm gefällt es nicht, dass ich zuerst etwas erlebt habe, was bei ihm noch auf der „Liste“ steht. Es wäre für ihn kein Problem gewesen, wenn er zuerst einen MMF mit einem anderen Paar gehabt hätte, oder einen FFM mit zwei anderen Frauen, oder einen Dreier mit mir. Bevor ich den Dreier hatte, war die Vorstellung für ihn kein Problem, doch jetzt, wo es passiert ist, nervt es ihn. Es geht ihm allein darum, dass ich eine Erfahrung gemacht habe, die er noch nicht gemacht hat und jetzt hat er das Gefühl, er müsse „nachziehen“, weil er hinterherhinkt. Er rechnet also auf.
Das Konkurrenzdenken kam bei ihm auf, nachdem ich eine Affäre mit einem anderen Mann begonnen hatte. Dabei geht es auch nicht darum, dass diese Sexbeziehung langfristig angelegt ist und ich diesen Mann häufig sehe, sondern darum, dass ich andere Bedürfnisse an ihm stille. Zum Beispiel bin ich diesem Mann gegenüber devot und sehr darauf bedacht, ihn sexuell glücklich zu machen. Diese Devotion ist aber wirklich nur sexueller Natur und wenn ich ihm zufällig auf der Straße begegne, hat er auch nicht einfach „Zugriff“ auf mich, sondern eben nur in diesem zeitlich festgelegten Rahmen, in dem wir uns treffen. Er ist kein Teil meines Alltags.
Jetzt wurmt meinen Freund die Vorstellung, dass ich jemand anderen „glücklich machen“ will, ihn aber nicht. Dabei stimmt das überhaupt nicht. Im Gegenteil, mir ist das Glück meines Freundes sehr, sehr wichtig und es kommt immer wieder auch mal vor, dass ich bewusst für ihn auf etwas verzichte, oder ihm etwas Gutes tue. Das ist aber etwas, das sich nicht nur auf das Sexuelle beschränkt, sondern auf jeden Aspekt seines Lebens. Er gibt dem Sexuellen in diesem Kontext aber dermaßen viel Gewicht, dass er nur noch sieht, was ich mit dem anderen Mann im Bett mache, aber nicht mit ihm und immer wieder scheint er zu glauben, dieses Problem ließe sich damit lösen, dass ich ihm öfter mal einen blasen soll. Zumindest ist das immer das Erste, worüber er meckert, obwohl Blowjobs das Normalste der Welt bei uns sind und er mehrmals die Woche einen bekommt.
Dabei ist er mittlerweile durchaus in der Lage zu verstehen, dass nicht jeder Sexualpartner dieselben Bedürfnisse in einem auslöst (er kennt das ja auch von sich, dass er mit einigen Frauen gerne Dinge macht, die er nicht mit mir machen mag) und dass Devotion bei mir etwas personenbezogenes ist, etwas, das durch den Charakter eines Menschen ausgelöst wird. Es ist keine Betriebseinstellung. Ich fühle meinem Freund gegenüber nunmal keine Devotion, mache mit ihm im Bett aber auch so einige Dinge, die ich nicht mit anderen Sexpartnern mache oder machen will. Seine Exklusivstellung und die Dinge, die ich nur mit ihm mache, kann er aber nicht halb so gut wahrnehmen wie das, was ich nicht mit ihm mache, aber dafür mit meiner Affäre. Selbst wenn es sich um etwas handelt, was meinen Freund eigentlich gar nicht interessiert (zum Beispiel Public Disgrace und Exhibitionismus).
Und als letztes schließlich der Beschützerinstinkt. Selbstverständlich kann ich nachvollziehen, wenn er ungern sieht, dass ich etwas tue, das mir schaden könnte, oder bei dem er glaubt, dass es mir nicht guttut. Er entwickelt dabei aber häufig eine Art Besitzanspruch, der sich darin äußert, dass es nicht primär darum geht, etwas „fahrlässiges“ nicht zu tun, weil es eben fahrlässig ist, sondern weil er nicht möchte, dass SEINE Freundin das tut. Es geht, so habe ich den Eindruck, häufig mehr um Kontrolle als um wirkliche Besorgnis.
Zum Beispiel möchte er nicht, dass jemand anderes mir beim Sex wehtut. Nun ist es aber so, dass ich harten Sex und im gegebenen Kontext auch Schmerzen beim Sex sehr mag. Ich mag es, wenn die Penetration zeitweise schmerzvoll ist und ich mag es auch, hin und wieder geschlagen zu werden. Mein Freund tut mir beim Sex fast immer weh. Von meiner Affäre lasse ich mich manchmal auch bis zu einem Punkt würgen, wo mein Körper allmählich an Kraft verliert, aber bisher nicht bis zur Bewusstlosigkeit (das wollen wir auch erstmal nicht).
Dass ich mich schmerzvoll vögeln lasse, weiß mein Freund. Dass meine Affäre mir auch in bestimmten Situationen ziemlich fest auf die Pussy schlägt, weiß er auch. Das mit dem Würgen weiß er allerdings noch nicht. Ich habe nicht vor, ihm das ewig zu verschweigen, warte aber noch den richtigen Zeitpunkt ab. Aktuell habe ich das Gefühl, er könnte deswegen an die Decke gehen.
Ein anderes Beispiel ist, dass ich eine Weile Kontakt zu jemandem hatte, den er für „gefährlich“ hielt und obwohl er den Kontakt an sich tolerierte, hat er schnell klargemacht, dass er nicht möchte, dass ich mit diesem Mann schlafe. Und aus dem „bitte kein Sex“ wurde im Laufe der Zeit dann ein „bitte gar nicht erst treffen“ und am Ende wurde daraus durch eine Verkettung vieler Umstände ein erstmal temporär abgebrochener Kontakt.
Die Sache ist, dass ich in all diesen Punkten so völlig anders ticke als er. Für mich ist unsere offene Beziehung kein Wettbewerb. Jeder soll das machen, wonach ihm ist und bedürfnisorientiert mit anderen Menschen zusammenkommen können. Wenn mein Freund jetzt an einem Gangbang teilnehmen oder eine Sub fremdbenutzen würde, würde ich kein langes Gesicht ziehen, nur weil das Dinge sind, die ich auch gerne mal machen würde (halt als passiver Part). Es gibt Dinge, die ich gerne mit ihm zusammen machen will, aber für mich ist es keine Voraussetzung, dass er sie nicht schon vorher mal allein ausprobiert hat.
Ich habe auch kein Problem mit seinen Sexpartnern oder den Frauen, mit denen er gerade anbandelt, obwohl ich zwei davon nicht wirklich leiden kann. Aber darum geht’s ja auch nicht, denn er muss sie mögen, nicht ich. Ich weiß, dass die letzte Frau, mit der er geschlafen hat, einen absoluten Traumkörper hatte, mit exakt den Brüsten, die ich mir für mich selbst wünsche. Makellose Haut, eine wunderschöne Pussy und jünger als ich war sie auch. Und hat wohl auch besser geblasen. Zumindest für ihn, denn ich denke, ich blase fantastisch, aber natürlich ist es möglich, dass jemand seine Knöpfe besser bedienen kann als ich.
Bei anderen Frauen lebt er auch seine sexuell sehr sadistische Ader aus, etwas, das er bei mir weder kann, noch will, zumindest nicht in diesem Maß. Das ist für mich in Ordnung.
Und auch dann, wenn ich denke, dass einer seiner Kontakte problematisch ist, verbiete ich ihm keine Treffen oder den Sex, sondern verlange nur, sich an die grundlegenden Regeln zu halten, wie eben kein Sex ohne Gummi und sobald sich jemand aggressiv und manipulativ oder über unser Kind in unser Leben einmischt, hat er auf den Tisch zu hauen und diesen Mist zu unterbinden. ER. Nicht ich. Es ist sein Kontakt. Ich reagiere lediglich auf das, wovon ich dann persönlich betroffen bin.
Die Option, die Beziehung wieder monogam zu gestalten, ist für keinen von uns eine Antwort. Zum einen, weil ich persönlich keine sexuell monogame Beziehung mehr führen will, zumindest nicht, wenn dies die Voraussetzung ist. Monogam bin ich nur dann, wenn ich es selbst will und verlange dasselbe nicht von meinem Partner.
Zum anderen, weil er selbst sich nach eigener Aussage nicht dauerhaft an die Monogamie würde halten können, weil er nunmal hin und wieder, aber nicht oft, eine Gelegenheit zum Sex mit einer anderen Frau wahrnehmen will. Und ich habe keine Lust, dass er glaubt, er müsse das hintenrum machen, das ist einfach nur unnötig und bescheuert.
Unterm Strich haben wir also kein Problem damit, selbst mit anderen Sex zu haben, ich habe kein Problem, dass er mit anderen Sex hat, aber für ihn ist es teilweise ein Problem, dass ich mit anderen Sex habe, bzw geht es wohl nicht rein um den Sex an sich, sondern um die Praktiken und die Art der Vögelei und darum, dass ich mich meinen Sexpartner auch emotional hingebe, aber ohne diesen Liebeskram.
Anfangs hat er, so glaube ich, das noch mit sehr viel Sex auszugleichen versucht. Ihm war wichtig, dass er und ich trotz allem unterm Strich häufiger Sex miteinander haben, als wir es mit anderen haben. Das führte dazu, dass er jeden Tag mindestens zweimal Sex mit mir haben wollte, um ja derjenige zu sein, der am häufigsten Sex mit mir hat. Mir war das absolut recht und ich fand es toll, aber ihm wurde das nach ein paar Wochen dann doch zu viel und der Frust kam wieder zurück.
Dabei geht ihm durch das, was ich mit anderen mache, überhaupt nichts verloren. Zum Beispiel lege ich die Treffen mit meiner Affäre – und auch alle anderen Kontakte – immer so fest, dass mein Freund und ich uns zB durch Arbeitszeiten in der Zeit sowieso nicht gesehen hätten. Die Zeit, die er und ich effektiv miteinander verbringen können, verbringe ich auch mit ihm und nicht mit anderen.
Auch wurde durch meinen Sex, den ich außerhalb der Beziehung habe, der Sex innerhalb der Beziehung häufiger und stetig besser und auch außerhalb des Schlafzimmers hat es zu vielen positiven Veränderungen geführt. Ich nehme seine Bedürfnisse viel häufiger wahr und versuche, sie zu befriedigen und zu berücksichtigen, wir lachen viel mehr als früher.
Es ist also durch und durch ein Gewinn, kein Verlust.
Und trotzdem kann er das Konkurrenzdenken und das Wettkampfverhalten so schlecht abschalten, immer wieder entgleiten ihm bissige Kommentare und obwohl wir ständig darüber reden, kommen wir in dieser Hinsicht wenn überhaupt nur sehr langsam voran. Ich habe viele Gelegenheiten deswegen schon verstreichen lassen, habe das Tempo enorm gedrosselt, meine komplette Suche im Joy eingestellt und kürzlich hat es mir einen sehr wichtigen Kontakt vorläufig zerstört. Das war für mich dann der „Weckruf“, mir zusätzlich ein paar Tipps von außerhalb zu holen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mit diesem Problem allein bin und es würde mir sehr helfen, wenn ihr eure eigenen Erfahrungen schildern könnt, egal ob ihr euch nun mit meiner Situation, oder mit der meines Freundes identifiziert. Ich rede weiterhin mit meinem Freund, aber mir gehen gerade ein wenig die Ideen aus.
Wie habt ihr das gelöst? Habt ihr spezielle Abmachungen getroffen? Was hat euch geholfen?