Irvine Welsh: Drecksau
Wer will, kann dieses Buch als Krimi gelten lassen, alles da: totes Opfer, polizeiliche Ermittlungen, aufgedeckte Motive, ja sogar die Bestrafung des Schuldigen. Ort der Handlung: Edinburgh, kruz vor Weihnachten. Sicht der Ereignisse aus der Person des auf seine Beförderung zum Inspektor spekulierenden D. S. Bruce Robertson und seines Bandwurms.Bruce Robertson ist ein rechtes, rassistisches, sexistisches, Frauen verachtendes, Schwule hassendes, mieses, fieses Dreckschwein. Auch physisch, denn er verkommt, von seiner Frau verlassen, bei Pornofilmen und Junkfood in seiner Wohnung. Am Geschlechtsteil hat er einen ekligen Ausschlag, was ihn nicht daran hindert, sich an Frauen - Ehefrauen, seine Schwägerin, Huren, Kolleginnen, ganz egal - ranzumachen. Mit Erfolg, und wo der ausbleibt, masturbiert er. B. R. ist einer der abscheulichsten Charaktere, die ich in einem Buch dargestellt fand. Er säuft und hurt und kokst, er stiehlt und intrigiert, er ist der klassische korrupte Polizist und nur eine einzige gute Tat von ihm kommt auf den 476 Seiten vor: Er versucht einen Infarktpatienten wieder zu beleben - vergeblich. Was man auch symbolisch sehen könnte.Seltsamerweise hat mich das Buch nicht losgelassen, obwohl es einen wirklich "herunterzieht". Schwarze Serie pur, mit bösartigem Humor. So rasant geschrieben, dass das Interesse zu erfahren, wie es weitergeht, allemal stärker ist als der Ekel vor dem, was man vorgesetzt bekommt. Robertsons Bandwurm, sozusagen sein Selbst und sein Gewissen, kommentiert bis zum bitteren Ende und sorgt sogar für etwas Verständnis für diesen Antihelden. Nichts für schwache Mägen und Gemüter, und wer eine gute Vorstellungskraft hat, dürfte auch olfaktorisch leiden. Aber ein verteufelt gut geschriebenes Buch. (Mit guten Tipps, wie man bei Peniswettbewerben gewinnen kann, vorausgesetzt, der Wettbewerb bezieht sich auf das fotokopierte, nicht das reale Glied.)Also: sowohl davor zu warnen, als auch zu empfehlen.