Mein erstes Mal in der Öffendlichkeit
Mein erstes mal in der ÖffentlichkeitDie Namen von meinen Freunden sind erfunden, aber die Personen, sowie die Geschichte sind real.
Letztes Wochenende habe ich meine besten Freunde (ein Ehepaar) eingeweiht.
Ich habe sie auf eine Tasse Kaffee zu mir eingeladen. Kurz nach dem wir telefoniert haben,
habe ich ihnen eine SMS geschrieben wo drin stand, dass ich sie in Frauenkleidung empfangen werde und das sie es bitte akzeptieren sollen und sich nicht über mich lustig machen sollen. Sondern einfach so tun als wäre nichts Außergewöhnliches.
Als es an der Tür klingelte ist mein Herz für mindestens 10 Sekunden stehen geblieben.
Ich habe dann geöffnet und von beiden kam, mit heruntergefallener Kinnlade, zeitgleich ein geschocktes „Er hat es wirklich ernst gemeint und gemacht“.
Ich hatte schwarze Halterlose Strümpfe, einen schwarzen Damenstring, einen schwarzen, mit Luftballons ausgestopften BH, einen schwarzen, knielangen Rock, einen roten kurzärmligen Rolli und schwarze Pumps an. Keine Perücke und war nicht geschminkt.
Nach der Schocksekunde sagten beide dann das es mir stehen würde und das ich gut aussähe.
Katrin meinte dann „Deinen Mama ist doch viel kleiner als du. Wie kommst du denn in die Klamotten?“ Ich habe ihnen dann erklärt dass es meine eigenen sind. Was sie verwunderte, weil sie noch nichts davon wussten. Wir reden sonst über „fast“ alles!
Wir haben uns dann hingesetzt und Kaffee getrunken und über Gott und die Welt geredet!
So als wenn alles normal währe. Was für mich ein sehr schönes Gefühl war. Ein sehr eigenartiges Gefühl. Beruhigend und aufregend zu gleich. Das hatte ich vorher noch nie. Wirklich Irre.
Nach einiger Zeit kam Katrin wieder aufs Thema zurück und fragte ob ich noch mehr Frauenkleidung habe und ob ich damit nur zu Hause rumlaufe oder mich schon mal vor die Tür gewagt habe.
Die erste Frage konnte ich mit „ja“ beantworten. Bei der Zweiten machte ich ein enttäuschtes Gesicht und verneinte.
Teo Fragte dann warum ich denn noch nie draußen war als Leonie.
Ich sagte das ich mich alleine nicht trauen würde und sie jetzt die einzigen sind die davon wissen. Was auch erstmal so bleiben soll.
Teo sagte spontan das er mich nächsten Samstag mit Katrin shoppen schicken würde wenn ich einverstanden wäre!
Ich habe erstmal geschluckt. Panik hat sich in mir breit gemacht. Mein Mund wurde staub trocken. Ich hatte eine Schmetterlingsarmee im Bauch.
Ich sagte das ich noch keine Perücke habe und mich noch nicht schminken kann.
Katrin, die eigentlich gar nicht so spontan ist sagte „ Macht doch nichts. Eine Perücke besorgst du dir nächste Woche und schminken bringe ich dir dann bei wenn wir uns fertig machen für unseren Ausflug“.
Wir unterhielten uns noch eine Weile über alles Mögliche und verabschiedeten uns dann.
Ich bin am Montag in einen Frisörbedarfsladen gefahren und habe mir eine schöne Perücke gekauft. Als ich wieder zu Hause war habe ich Katrin eine SMS geschrieben das dem Ausflug, außer meiner Aufregung, nichts mehr im Wege steht.
Der Samstag kam näher und meine Unruhe und Aufregung wurde immer größer.
In der Woche haben wir öfter SMS geschrieben um uns abzusprechen was wir anziehen.
Wir haben uns auf Nylons, Rock, Stiefel, und ein enges Oberteil geeinigt. Es sollte ja noch mal ein wenig wärmer werden. Es war mein Wunsch das wir beide mit einem Rock los gehen. Weil ich keine Hose habe. (noch nicht)
Am Samstagvormittag um 11:45 Uhr bin ich dann als Mann zu den beiden gefahren. Im Kofferraum eine Reisetasche voll Klamotten und Schuhe.
Dort angekommen haben wir erst noch ein wenig geplaudert. Dann haben Katrin und ich angefangen uns umzuziehen. Schon während des Umziehens fingen wir an Frauengespräche zu führen. Wir tratschten über unsere Problemzonen, unsere Kleidung und Schuhe und solche Dinge. Es war schon ein sehr schönes Gefühl zu merken wie man mit jedem Kleidungsstück mehr die Rolle der Frau annimmt und am Ende einen völlig anderen Charakter hat. Quasi ein anderer Mensch ist.
Fertig angezogen ging es dann ins Bad zum Schminken. Also sie hat sich geschminkt und ich habe, ähnlich einem Maurer der eine Hauswand verputzt, an meinem Gesicht rum gewerkelt.
Als ich mich zu ihr umgedreht habe mussten wir beide lachen. Sie gab mir den Tipp alles noch mal zu entfernen und von vorne zu beginnen. Das tat ich dann auch. Sie war mittlerweile fertig und gab mir Anweisungen. Es dauerte ca. 20 Minuten und ich war angenehm Überrascht von dem was ich im Spiegel sah. Das war nicht ich! Zum allerersten Mal sah ich Leonie mit meinen Augen in dem Spiegel vor dem ich stand! Wahnsinn!!!
Zu Übungszwecken habe ich mich aber noch mal komplett abgeschminkt und noch mal angefangen. Das Ergebnis war das gleiche. Diesmal lies ich es so und wir gingen ins Wohnzimmer zu Teo. Er sagte das ich ihm gefalle. Ich selbst hatte das Gefühl das man den Mann nur noch an der Stimme, den Tattoos und an den für eine Frau doch zu muskulösen Armen erkennen kann. Wir blödelten noch ein wenig rum. Ich fragte Teo ob er mit mir gehen will. Er sagte „Wenn ich keine Frau hätte würde ich ohne zu Überlegen ja sagen. Zumindest wegen der Optik.“ Das beruhigte mich.
13:15 Uhr. Wir fuhren los. Meine Aufregung stieg von Kilometer zu Kilometer der uns näher ans Ziel brachte. Kurz vor dem Ziel hielt ich es nicht mehr aus und musste eine Raucherpause einlegen. Wir hielten auf einem Parkplatz, der auf einer kleinen Anhöhe lag. Es war relativ windig. So konnte ich zum ersten mal spüren wir befreiend das Gefühl ist wenn der Wind zwischen den Beinen „weht“. Das Gefühl wenn er auf den hauchdünnen Stoff der Nylon trifft ist unbeschreiblich. ICH WILL KEINEN ZUM RAUCHEN VERFÜHREN!!!! Aber ich habe noch nie eine Zigarette so genossen wie diese. Unglaublich!
Nach dem vierten oder fünften Auto was an uns vorbei fuhr oder in unserer Nähe anhielt habe ich auch wahrgenommen das die Leute gar nicht registrieren woran sie da grade teilhaben.
Insgeheim habe ich sie ja schon ein wenig als „Versuchskaninchen“ gesehen. Hätte da jemand bemerkt das ich ein Mann bin hätte ich glaube ich umgedreht und wäre zurück gefahren.
Aber nichts- gar nichts. Beruhigend.
In der Stadt angekommen machten wir einen Plan was wir alles machen wollen. Ich wollte in einen Sexshop um nach Brustprothesen zu gucken und eine Hose kaufen. Katrin sagte „Es ist dein Tag. Du entscheidest was wir machen.“ Also haben wir einen Parkplatz gesucht. Beim Aussteigen hatte ich wieder Herzrasen. Was sich aber nach ein paar Metern beruhigte. Es ist wirklich so wie man im Internet immer wieder liest. Die Leute interessieren sich gar nicht dafür wem sie grade begegnen. Sie gehen zu ihrem Ziel und nehmen ihr Umfeld nur bedingt wahr. Was mir in meiner Aufregung natürlich zu gute kam. Ich hatte mit bohrenden Blicken, mit Menschen die mich fragwürdig anstarren gerechnet. Aber wieder nichts!
Ich entschloss zuerst in den Sexshop zu gehen. Die Angestellten da sind ja einiges gewohnt. Also hielt ich das für einen guten Einstieg. Und es war ein voller Erfolg. Ir sind rein gegangen und haben uns kurz umgeschaut. Da kam eine Verkäuferin auf uns zu. Wieder Herzrasen. Sie fragte ob sie uns behilflich sein kann. Ich sagte ohne zu überlegen
„Ich suche Brustprothesen.“ Erst als ich es ausgesprochen hatte schoss mir durch den Kopf „Oh Scheisse! Deine Stimme!“ Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht. Aber wieder um sonst verrückt gemacht! Wie selbstverständlich fragte sie „An welche Größe hatten sie gedacht?“ Ich sagte „B“ Sie ging zu einem Regal holte einige Kartons raus und meinte da könne ich mir welche von aussuchen. Ging aber leider nicht. Es waren alles Puchup-Kissen für Frauen die ein wenig schummeln wollen. Ich sah sie an und sagte „ich habe aber keine Brüste. Haben sie da nicht was anderes?“ „Ups daran habe ich gar nicht gedacht. Ja wir haben was anderes.“ Sie gab mir zwei Kartons und zeigte mir die Umkleidekabine. Darin angekommen kam mein erstes „Frauenproblem“ auf mich zu. „Wie soll ich jetzt das Oberteil ausziehen ohne mein Gesicht zu verunstalten und alles zu verschmieren??“ Ich habe es dann aber geschafft. Ich öffnete die Kartons. In einem waren 2 einzelne Brüste aus Schaumstoff, in dem anderen zwei zusammenhängende die wie ein BH gebaut waren. Da ich meinen BH noch anhatte versuchte ich erst die einzelnen. Ich zog das Oberteil wieder an und war vom Ergebnis enttäuscht. Über den eigentlichen Brüsten wölbte sich der Schaumstoff so sehr nach außen das ich eine auf 100 Meter sichtbare Wulst über jeder Brust hatte. Also wieder in den Karton damit. Jetzt probierte ich den „BrustBH“ mit meinem drüber. Das war schon besser. Noch nicht die Endlösung, aber besser als die Luftballons die ich bis dahin immer im BH hatte. Ich behielt sie gleich an und ging zur Kasse. Wir gingen zurück zum Auto und fuhren weiter Richtung Innenstadt. In einem Parkhaus angekommen sagte ich zu Katrin „Ich brauche jetzt erstmal einen Kaffee.“ Also gingen wir in die Fußgängerzone und suchten uns ein gemütliches Kaffee. Wir setzten uns hin und bekamen gleich die Karte. Wieder ohne zu Überlegen bestellte ich ein Kännchen Kaffee und zwei Tassen. Die Bedienung lächelte mich freundlich an, als würde jeden Tag eine Frau mit Männerstimme kommen und einen Kaffee bestellen. Ich war wieder verwundert. Wie selbstverständlich es in den letzten 3 Stunden für mich geworden ist. Und wie selbstverständlich es für die Leute war mit denen ich redete (gut es waren an dem Tag nur 2, die Verkäuferin und die Bedienung). Gegenüber am Tisch saß eine junge Mutter mit ihrem Spross. Als sie mich reden hörte lächelte sie auch nur freundlich und machte sonst keine Andeutungen oder Bemerkungen. Das beruhigte mich noch ein wenig mehr.
Als wir unseren Kaffee getrunken hatten bezahlten wir und gingen zurück in die engen Gassen der Fußgängerzone. Katrin fragte ob ich noch nach einer Hose schauen wollte. Aber ich sagte das es mir für das erste Mal reicht und ich gerne wieder zurück fahren würde. Zumal wir die Zeit völlig vergessen hatten und noch mit Teo zusammen auf einen Weihnachtsmarkt wollten. Den ich allerdings wieder als Mann besuchen wollte.
Auf dem Weg zum Auto mussten wir an einer Gruppe „Halbstarker“ vorbei die am Rand der Fußgängerzone rumlungerten. Als wir auf deren Höhe waren musste natürlich einer (wahrscheinlich der coolste des Vereines) seine Unwissenheit (und seine Dummheit) laut kundtun. Er schrie „Äh alter; guckt mal die da; was ist das? Kerl oder Weib; Äh alter äh das geht ja gar nicht.“ Ich merkte wie mein Kopf hochrot wurde. Bildete mir aber ein das die Schminke das verdeckt. Wir gingen ganz normal weiter und ich murmelte vor mich hin, so das nur Katrin und ich es hören konnten „beides du Arschloch“ Wir brachen beide in Gelächter aus und gingen ganz normal weiter. Das hob mein Selbstbewusstsein, glaube ich zumindest. Am Auto angekommen fuhren wir wieder zu der Wohnung von Teo und Katrin.
Natürlich nicht ohne Pause auf besagtem Parkplatz.
Dort angekommen berichteten wir kurz von „meinem“ Tag und machten uns fertig für den Markt.
Das ist das erste Mal das ich so einen Erfahrungsbericht schreibe. Ich wäre sehr froh über Kritik und Anregungen.
Liebe Grüße
Leonie