Hab‘ nicht alles gelesen
Die Frage, die mich aber interessiert, ist diese:
Wie lange ist ein Verzicht und eine Verdrängung der eigenen Sexualität zugunsten des Partners für euch in Ordnung?Ab wann wäre der Leidensdruck für euch so hoch, dass eine Lösung in irgendwelcher Form passieren müsste, egal ob das jetzt die Trennung wäre, das Fremdgehen oder der endgültige Verzicht auf die eigene Sexualität?
Die Antwort hast Du selbst gegeben. So lange bis der Leidensdruck groß genug ist und sämtliche Kompensationsversuche nicht mehr tragen.
Sexualität ist in der Regel ein Stellvertreterthema und das Ausbleiben kommt selten als Phänomen alleine.
Für mich persönlich war es immer so, dass es sich um einen Konflikt handelte, der sich eingeschlichen hatte und lange unbemerkt und unausgesprochen gewirkt hat.
In der Auseinandersetzung hat sich dann gezeigt, dass entsprechend auch das Auflösen gewirkt hat. Wenn der Konflikt nicht lösbar war, und wir nicht gerade über einen gesundheitlichen Notfall sprechen, habe ich mich getrennt.
Ich bin immer recht nah an meinem Gefühl und investiere, zu verstehen, so bin ich oft sehr schnell in der Auseinandersetzung.
Ich kenne aber auch Fälle, die erreichen ihre Schmergrenze nicht und zahlen am Ende mit ihrem Leben. In diesen Fällen ist Angst eine nicht zu unterschätzende Kraft.
Sexualität ist ein Bestandteil unserer menschlichen Natur. Sexualität unterdrücken ist wider die Natur. Sich mal über eine Phase hinweg zurücknehmen ist in der Regel kein Problem. Kippt das in beständigs Verleugnen seiner selbst, macht das krank.
Eine Phase kann sein, der Partner wird krank. Das muss man auch mental verarbeiten, das kann durchaus dauern. Wenn man aus dieser Phase nach Wochen und Monaten nicht heraus kommt, kann man sich Hilfe holen. Auch mit der Idee muss man sich erst anfreunden. Passiert auch das nicht, muss man der Wahrheit eben auch ins Gesicht sehen, da hat sich jemand eingerichtet und will gar nicht heraus aus der Situation. Auf was will man da warten? Ein Wunder?
Lebendige Partnerschaft ist dynamisch und somit immer in Bewegung. Zwei Wesen in beständiger Bewegung des Annäherns und Distanzierens. Normalerweise nicht auffällig, da sowohl der Wunsch nach Nähe, wie der Wunsch nach Rückzug ganz normale Bedürfnisse sind.
Menschen, die gut im Kontakt sind, sind sensibilisiert für diese Nuancen.
Wenn diese Bewegungen nicht mehr pendeln wird es interessant. Wenn das Distanzieren eine kontinuierliche Bewegung ist, dann kann man an der Oberfläche festhalten, was man will. Im Gefühl wird das dennoch sehr deutlich, die Distanz zum Partner wird immer größer.
Das verbindende Gefühl, was einst so kostbar und schön empfunden wurde, ist am Ende ein zartes Band. Es lässt sich nicht unendlich dehnen. Selbst das dickste Gummiband lässt sich nicht unendlich dehnen. Je weiter man sich voneinander entfernt, umso mehr beginnt das Band zu zerfleddern und irgendwann reisst es eben.
Das Band kann jeder sehen, der sich auf sein Gefühl verlässt und das mit der rationalen Wahrnehmung abgleicht. Darin werden Wahrheiten erschreckend offensichtlich.
Umgekehrt funktioniert es nicht. Rational überlegen, was sein sollte und sich zwingen angemessen zu fühlen. Das einzige was dann passiert ist, seinen Zugang zu seinem Gefühl zu verbauen und sich krank zu machen.
Die Tatsachen wirken unterschwellig ohnehin weiter. Die lassen sich nicht aufhalten, nur verzögern und verstecken.
In meiner letzten Trennung ließ sich nicht verleugnen, dass sich mein Partner von mir zunehmend entfernte. Es gab keine aufeinander zugehen mehr. Darauf hätte ich geduldig noch länger warten können, wenn nur erkennbar gewesen wäre, er kommt überhaupt auf mich zu. Die Wahrheit war, ich hätte, um in seiner Nähe bleiben zu müssen, ihm hinterher rennen müssen und das hätte für mich der Weg in die Selbstaufgabe bedeutet. Dafür ist mein Überlebenswille zu groß.
Am Ende hatten wir einen Punkt erreicht uns eingestehen zu müssen, dass wir gerade so unterschiedliche Dinge benötigen, dass wir damit die Zuneigung killen. Jetzt sind wir zugeneigte Freunde, jeder auf seinem Weg.
Es fing mit sexueller Unlust bei ihm an, später folgte ich darin. Wir haben früh den Punkt identifiziert. Entwicklung und Auseinandersetzung dauerten drei Jahre, bis auch die letzte Hoffnung dahin war und wir endlich kapitulieren konnten und loslassen. Das Schicksal besiegelt war aber im Grunde schon drei Jahre vorher, der Verlauf nicht aufzuhalten. An dem Punkt allerdings stimmte ein Aufgeben noch nicht.