Ich habe keinerlei moralische Verantwortung, einen anderen Menschen glücklich zu machen. Diese moralische Verantwortung habe ich ausschließlich mir selbst gegenüber.
Egal auf welcher Seite man steht - ob man der mit der Unlust ist, oder der, der unter den Konsequenzen leidet - keiner von beiden ist für den anderen verantwortlich und keiner von beiden hat eine moralische Verpflichtung, etwas gegen seinen Willen und sein Wohlbefinden zu tun oder auszuhalten.
Beziehungen sollten auf Freiwilligkeit beruhen. Ich habe freiwillig mit meinem Partner Sex und nicht, um ihn glücklich zu machen, obwohl es mich unglücklich macht. Ganz zu schweigen davon, dass ich es für moralisch total abartig halte, wenn man komplett glücklich und zufrieden damit sein kann, wenn der Partner etwas für einen tut, wovon man weiß, dass er es überhaupt nicht gerne tut. Ich könnte es nicht genießen, wenn mein Partner mit mir Sex hat, obwohl er keinen Spaß daran hat. Nur meinetwegen. Nein, danke.
Heißt, es würde mich genauso anwidern, meinem Partner die Verantwortung für mein Glück aufzuladen und von ihm Sex einzufordern, wie es mich anwidern würde, wenn jemand sein Glück und Wohlbefinden opfert, um es jemand anderem Recht zu machen.
Wer nicht in einer sexlosen Beziehung bleiben will, hat jedes Recht dazu, zu gehen. Das ist nicht moralisch verwerflich. Wer keinen Sex mit jemandem haben will - auch nicht mit dem eigenen Partner - hat jedes Recht dazu, eben keinen Sex zu haben. Es ist sein Körper und absolut niemand hat einen Anspruch darauf.
Niemand ist verpflichtet, innerhalb dieser Umstände zu verharren und jedem sollte klar sein, dass Entscheidungen Konsequenzen haben. Wenn ich mich dazu entschließe, keinen Sex mehr mit meinem Partner zu haben, muss ich damit rechnen, dass er mich deswegen verlassen könnte. Das kann man scheiße finden, weil Prioritäten innerhalb einer Beziehung für jeden Menschen unterschiedlich sind, aber dieses grundlegende Recht, nichts tun oder aushalten zu müssen, was man nicht will, muss gegeben sein.
Für mich definiert sich Moral durch ganz wesentliche Prämissen: Niemand darf einem anderen den eigenen Willen aufdrängen (selbst dann, wenn derjenige unglaublichen Müll redet und objektiv falsch liegt). Niemand darf einen anderen zu etwas zwingen. Niemand muss sich für jemand anderen opfern (auch nicht aus Liebe. Wer will, kann das tun, aber er muss es nicht). Niemand darf von jemand anderem etwas gegen seinen Willen einfordern.
Unterm Strich: Das Recht des Individuums auf körperliche und geistige Freiheit, die sich am eigenen Wohlbefinden orientiert.
In meinem Fall würde das mit einschließen, dass mein Wohlbefinden bis zu einem gewissen Grad auch an das Wohlbefinden meines Partners gekoppelt ist. Wie egoistisch oder altruistisch jemand in dieser Hinsicht sein möchte, muss ihm überlassen werden. Kommt es hart auf hart, entscheide ich mich immer für mich selbst. Wer sich für den anderen entscheidet, kann auch das tun. Freedom of choice.
Sobald man von jemand anderem obligatorisch einfordert, einen glücklich zu machen, für das eigene Wohlbefinden zu sorgen, verlässt man meiner Meinung nach den moralischen Boden. Ich halte das für parasitäres Verhalten. In beiderlei Hinsicht. Egal ob ich verlange, dass mein Partner Sex mit mir haben soll, um mich glücklich zu machen, oder ob ich verlange, dass er keinen Sex mit niemandem haben darf, auch nicht mit mir, nur damit ich glücklich bin.