Also, erst einmal: Keine zwei Autisten sind gleich. Es wird deswegen bei der Diagnose inzwischen nur von einem autistischen Spektrum geredet. Die einen sind hier mehr Autist, die anderen dort. Die einzige Gemeinsamkeit ist, dass sie anders sind und diese Andersartigkeit soziale Interaktionen erschwert. Auf die eine oder andere Weise.
Ich bin auch diagnostiziert, bin aber mit den Problemen, die der TE hat, nicht konfrontiert. Ich habe andere. Beispiel den "Overload", den viele Autisten kennen, eine Reizüberlutung aufgrund zu starker Wahrnehmung der Außeneinflüsse. Ich bin als "nur leicht autistisch" diagnostiziert, weil ich von kleinauf gelernt habe, das alles zu kompensieren. Sprich: Lösungen zu finden für meine Probleme und die dann umzusetzen.
Typisches, für Autisten wirklich typisches, Beispiel: Früher machte ich mir nichts daraus, Menschen in die Augen zu sehen. Teils ging es mir ähnlich wie einem hier Beitragenden hier "warum will der mir in die Augen sehen? Was geht den meine Seele an?" (Frei nach dem Motto: "Die Augen sind der Eingang zur Seele."
Bis mir gesagt wurde, dass das eine Sache der Höflichkeit ist, andere nicht in mich "hineinsehen" möchten, sondern mich erst einmal nur "sehen"! Also mir ein Kompliment damit machen, wenn sie mir in die Augen sehen. Damit konnte ich arbeiten.
Und so habe ich es einfach geübt, als ich klein war. Dieses in die Augen sehen während eines Gesprächs. Und irgendwann konnte ich es dann.
Zu "sei vorsichtig, Diagnosen können auch falsch sein": Möglich, aber unwahrscheinlich. Wenn insgesamt 6 mehrstündige Gespräche und die Auswertung von über 200 Fragen eines Fragebogens dafür sorgen, dass der Wissenschaftler (ich sehe jene, die dafür befugt sind, zu diagnostizieren eher als das an, als Ärzte) daneben liegt, dann muss der sich aber schon ziemlich anstrengen.
Zu Borderline: Das Wort, wie das Krankheitsbild sagt letztlich erst einmal nur aus, dass extreme Stimmungsschwankungen möglich sind, die dann, je nach Mensch, auch da sind keine zwei gleich, sich in verschiedene Handlungen niederschlagen. Eine davon kann dann eben sein, dass gegenüber Menschen, gegenüber denen man Gefühle hat, genau diese Gefühle extrem in beide Richtungen zeigen können: Heute liebe ich dich, morgen hasse ich dich. Und zwar Letzteres tatsächlich, weil die Liebe da ist: Dieses extreme Gefühl lässt sich halt auch nicht immer ertragen. Also ist dann der Hass als Schutzpanzer da.
Und genau hier ist dann wieder die Brücke zum Autismus. Manchmal ziehen sich Autisten zurück, weil es zu schön ist! Es ist dieser "Overload", eine Reizüberflutung. In diesem Fall eine emotionale.
Die kenne ich persönlich auch. Ich muss mich dann manchmal davon wieder eine Weile "erholen". Ziehe mich einen Moment aus dem Alltag, dem Leben raus, hole wieder Luft, um dann wieder die Kraft dafür zu haben, Emotionen zuzulassen: Jene in mir, aber auch jene anderer Menschen gegenüber mir.
Ist das anstrengend? Für die anderen bestimmt!
Aber auch kein Hexenwerk.
Wenn man das weiß, ist es gar nicht so dramatisch. Ein "sorry, ich bin jetzt gerade echt platt, ich melde mich morgen bei dir" ist eine von vielen alltagstauglichen Strategien, die dafür sorgen, dass ich trotzdem Freunde habe.
Ach, und eine Anekdote zum Schluss: Sprichwörter nehmen Autisten ja gerne mal wörtlich. Weil sie die zweite Ebene dahinter nicht wahrnehmen. Auch das habe ich mir angeeignet, also diese zu verstehen, scheitere aber gerne mal bei der Anwendung, weil ich spontan gerne zwei verschiedene mische, ohne es zu merken
Beispielsweise: "Du musst jetzt nicht den Teufel schwarz sehen". Dass das eine Mischung aus "du musst jetzt nicht alles schwarz sehen" und "du musst jetzt nicht den Teufel an die Wand malen" ist ... nun ja. Habe ich damals beispielsweise erst bemerkt, als mich jemand drauf hinwies.