Für Sex ein ganzes Lebenswerk aufzugeben liegt sich im Ermessen jedes Einzelnen. Nennt das Komfortzone, meinetwegen.
Du riskierst dein Lebenswerk aber doch bereits in dem Augenblick, wo du ganz genau weißt, wie deine Frau dazu steht. Und weißt du es nicht und agierst heimlich, was ist dann der Grund dafür? Angst. Und worum geht's da wirklich? Doch um Macht.
Und diesem Fall betrifft es deine sexuelle Treue ihr gegenüber.
Meist argumentieren die Männer ihre Fremdgeherei genau so. Sie machen sich zu Opfern ihrer selbst geschaffenen Lebensumstände.
Was spricht wirklich gegen Aufrichtigkeit? Zu sagen: "Schatz, ich weiß, ich habe das Zölibat viele Jahre ausgehalten, stelle aber fest, ich gehe so vor die Hunde. Ich leide. Ich habe Sehnsucht nach einer erfüllenden Sexualität. Du scheinst das nicht zu brauchen. Aber ich. Ich halte das so nicht mehr aus. Sag, welche Lösungen wären für dich denkbar?"
Oft haben Frauen große Existenzängste, wenn sie sich sexuell rausziehen und wissen, dass die Gefahr besteht, dass der Mann eine Frau findet und sie dann ersetzt. Für viele, die Jahre in Haushalt und Kinder investiert und nicht gearbeitet haben, bedeutet es Hartz-IV. Sich selbst versorgen geht nicht mehr, ab 40 wird es richtig schwierig wieder einen Job zu finden, kleine Wohnung und bei Null anfangen. Und die Altersarmut ist gleich mit eingekauft worden, als sie sich für dich und Familie entschieden hat.
Euch Männern droht meist nur ein paar Jahre Unterhalt zu zahlen. Ihr braucht meist auch nicht viel (die Kinder leben meist bei ihr) und der Gesetzgeber hat eure Rechte in den letzten Jahren enorm gestärkt. Und nur die halbe Ehezeit müsst ihr für die Ex zahlen, die ständig belegen muss, warum sie keinen Job findet.
Das Deseaster Scheidung trifft Frauen wesentlich härter als Männer, wenn es zur Trennung kommt. Ich glaube, deshalb wollen die Frauen Macht über seine Sexualität behalten und das er treu sein soll. Sie riskiert ein Leben in Armut, wenn sie beruflich nicht durchgängig in Vollzeit arbeiten könnte und der Mann das häufig auch gar nicht will.
Dazu kommt der Verlust der eigenen Attraktivität, wenn der Mann offen zeigt, die Nachbarn mitkriegen, er holt sich Sex woanders. Die gesellschaftlichen Wertvorstellungen machen es verdammt schwierig für viele Menschen, Lösungen zu finden. Denn eigentlich sollte sie froh sein, reagierst du dich woanders ab, lässt sie in Ruhe, solange du Zuhause der Mann bleibst, den sie bestimmt noch liebt. Nur eben nicht sexuell mehr mag.
Im Grunde müsst ihr über eure Ängste miteinander sprechen, nicht über Sex. Darüber, was euch verbinden und ihr aneinander schätzt. Das ihr keine Angst haben müsst euch zu verlieren oder was ihr euch aufgebaut habt.
Wenn sie Zeit bekommt, darüber nachzudenken, was sie da von dir verlangt und weshalb, wenn du dir bewusst wirst, dass das so rüber kommt, wenn du nur über Sex redest, steht zwar mit Sicherheit eine Beziehungskrise an, weil sich etwas offiziell verändert hat zwischen euch, aber auch die Chance für Lösungen, mit denen ihr beide gut leben könnt, steigen enorm. Wenn sie Angst weg ist, einander verlassen zu müssen, nur weil...
Meinen Mann habe ich vor 11 Jahren beim erotischen Schriftverkehr erwischt. Das war heikel für den Moment. Dann fragte ich ihn, was ihm fehlt. Allerdings hatte ich nie existenzielle Ängste, war unabhängig von jeher. Und ich habe meine Wertvorstellungen, die ich selbst entwickelt habe und mir am Arsch vorbei geht, was andere davon halten, wenn zb mein Mann eine weitere viel jüngere Frau hat.
Den Status, innerlich und mental, muss man sich erarbeiten und das geht nicht mit nur einem Gespräch. Das braucht Zeit. Leider versäumen so viele Paare sich diese Zeit zu nehmen und sitzen Bedürfnisse so lange aus, bis nur die Affäre eine Lösung zu sein scheint. Und sie riskieren damit so viel mehr, als wären sie rechtzeitig aufrichtig zueinander gewesen.
Wir haben nur gewonnen als Paar, trotz Krisen zwischendurch. Die ich nicht schönreden will.
Und oft argumentieren Männer dann, sie hätten keine Wahl. Doch, die hast du. Die hast du immer, es fühlt sich nur nicht so an. Und natürlich kannst du dich für's Fremdgehen entscheiden, auch das bewusst, denn niemand zwingt dich dazu. Das ist tatsächlich alles nur eingebildet und basiert auf deinen Ängsten und Unsicherheiten. Es gibt keine Ausreden, nur das, was und wie Du es angegen willst, deine Sehnsüchte zu bewältigen.
Ich kenne tatsächlich kein einziges Paar, wo Fremdgehen ihnen nicht um die Ohren geflogen ist, sei es, dass ihn irgendwann emotional nichts mehr daheim gehalten hat, sie wusste was er tat und still litt, die Beziehung still und heimlich zerbrach und das im Alter dann zutiefst bereut wird, so viel Lebenszeit verschwendet zu haben.
Und jedes Paar, das in die Offenheit gegangen ist, hat Lösungen gefunden. Ja, manchmal auch die Trennung, aber so hatten beide die Möglichkeit neu anzufangen und glücklich zu werden. Alleine hier im Joy sind so viele Paare, die es gewagt haben, ehrlich miteinander zu sein. In zig Varianten leben sie ihre Sexualität aus. Manchmal gemeinsam, manchmal getrennt, mal beide, mal nur einer.
Nimm und gönne dir die Zeit in aller Ruhe nachfühlen, was Du dir wirklich wünschst, wo deine Ängste und Sehnsüchte sind, welche Lösungen es geben könnte.
Das klingt alles ein bissi nach Therapie, ich weiß.
Polyamore Leute sind so gestrickt, die reden ganz viel miteinander um Bedürfnisse und Ängste und Gefühle.
Schreibt Sie