Ist es in Ordnung, jemanden Anhand von bestimmten (äußerlichen, also körperlichen) Kriterien schön zu finden?
Wenn man bestimmte Kriterien festlegt (ob bewusst oder unbewusst, z.B. durch Triebe) wen man attraktiv findet, benachteiligt man dann nicht andere Menschen, die nicht diesen Kritierien entsprechen?
Selbstverständlich ist es in Ordnung, manche Menschen körperlich attraktiver zu finden und andere weniger. Wieso auch nicht? Der Gedanke, dass daran etwas moralisch Verwerfliches, weil Unfaires sein könnte, erschließt sich mir nicht. Überhaupt finde ich etwas seltsam, diese Begrifflichkeiten Fairness und Gerechtigkeit auf die Partnerwahl anzuwenden. Es gibt nun mal kein Recht oder einen Anspruch darauf, von jemandem als attraktiv empfunden zu werden.
Und was ist mit Eigenschaften, die man nicht selber zu verschulden hat, z.B. die Körpergröße? Wen man jemanden ab einer bestimmten Größe attraktiv findet, ist es dann nicht unfair gegenüber den Menschen, die kleiner als diese bestimmte Wunschgröße sind? Vor Allem, da man selber nichts für seine Körpergröße kann, da es biologisch determiniert ist, man hat es also nicht selbst zu verschulden.
Das spielt keine Rolle. Es stimmt zwar, dass man nichts für seine natürlichen Determinationen kann und das kann frustrierend sein, gerade bei der Suche nach einem Sexualpartner. Das bedeutet aber nicht, dass ich jemandem als Individuum das Recht darauf absprechen kann, für sich selbst zu entscheiden, ob mich diese von der Natur geschaffenen Determinationen für diese Person attraktiv oder unattraktiv machen. Sie kann ja genauso wenig etwas dafür, wie mich die Natur gemacht hat. Niemand sollte aufgrund des Aussehens gesellschaftlich, im Sinne einer Hierarchie, niedriger oder höher gestellt werden, oder gar diskriminiert. Diese Aussage bezieht sich aber auf den Umgang von Menschen untereinander innerhalb eines größeren sozialen Gefüges, etwa ganz allgemein der Gesellschaft oder beispielsweise einer Firma und soll u. a. für Chancengleichheit im Beruf sorgen und Mobbing einen Riegel vorschieben. Ich kann diese Wertevorstellung allerdings nicht einfach ungefiltert ins Privatleben eines jeden Einzelnen übertragen, erst recht nicht bei etwas so Intimen wie der Wahl der Sexualpartner. Das würde bedeuten, das Individuum entmündigen zu wollen, da nicht mehr die privaten Wünsche und Vorlieben desselben die Partnerwahl bestimmen sollten, sondern gesellschaftliche Normen und Gerechtigkeitsvorstellungen. Mit anderen Worten, als Beispiel: natürlich darf Person A Person B gesellschaftlich nicht benachteiligen, verbal oder gar körperlich angreifen, nur weil Person A Person B nicht attraktiv findet. Stichwort bodyshaming. Das bedeutet im Umkehrschluss allerdings nicht, dass Person B deswegen von Person A erwarten oder gar einfordern kann, für diese als attraktiv wahrgenommen zu werden. Das ist allein Privatsache von Person A ist und Person B wird dadurch vielleicht
persönlich gekränkt, aber in keiner Weise von Person A
gesellschaftlich benachteiligt.
Ist es also in Ordnung, wenn man andere Menschen unattraktiv findet und den Partner anhand äußerlicher Kriterien wählt, aber nicht deshalb weil sie oder er ein besonderer Mensch ist bzw. wegen dem Menschen an sich?
Absolut. Es ist ein Teil der Selbstbestimmung eines jeden einzelnen, nach welchen Kriterien der Partner gewählt wird, ganz egal, was andere darüber denken mögen. Außerdem lässt du in dieser Fragestellung ein wenig außer Acht, dass es nicht nur ein entweder/oder gibt. Für mich persönlich spielen beide von dir angeführten Kriterien, Aussehen und Charakter, neben weiteren (Sexuelle Kompatibilität, Interessen, Wertevorstellungen, etc.) eine große Rolle bei der Partnersuche.
Und wie soll man sich verhalten, wenn jemand einen nicht attraktiv findet?
Es mit Haltung zu akzeptieren wäre ein guter Anfang. Abgelehnt zu werden, fühlt sich wohl für die meisten Menschen sehr negativ an, das geht mir nicht anders. Es gehört aber nun mal zum Leben dazu, dass man nicht immer bekommen kann, was man sich wünscht. Aufgrund verschiedenster Faktoren bin ich beispielsweise für manche Frauen eben als Partner ungeeignet und andersherum gilt das Gleiche. Ist völlig okay so, die Welt ist groß. Anstatt sich dann daran festzubeißen oder gar aggressiv zu werden, scheint es mir besser für das eigene Wohlbefinden zu sein, zu lernen, mit solchen Situationen umzugehen und zu verstehen, dass eine Ablehnung nicht bedeutet, dass man an sich nicht liebenswert sei. Genauso wichtig ist es, sich klar zu machen, dass derjenige, der einen als Sexualpartner ablehnt, deswegen kein schlechter Mensch ist, sondern, dass es für diese Person einfach nicht passt. Die Art und Weise, wie angefragt und abgelehnt wird, ist dabei natürlich auch ganz wesentlich. Wenn man allerdings ein 'netter' Mensch mit guten inneren Eigenschaften ist, dann sollte man auch mit Grazie ein Nein akzeptieren können. Wird die Ablehnung dagegen als eine persönliche Schmach oder gar Beleidigung empfunden werden, wäre es nicht schlecht, sich mal eher Gedanken über das eigene Selbstbild und Selbstwertgefühl machen, anstatt seine negativen Gefühle auf den Ablehnenden auszulagern. Nicht derjenige, der ehrlich ablehnt hat ein Problem, sondern derjenige, der nicht damit umzugehen weiß. Ich finde es bemerkenswert, gerade wie viele Frauen die Erfahrung gemacht haben, nach einer Absage aufs Gröbste beschimpft zu werden, ob im Netz oder im realen Leben. Sich einen Partner nach den eigenen Wünschen, Vorstellungen und Vorlieben auszusuchen, bedeutet keine Diskriminierung all jener, die nicht in dieses Auswahlschema passen. Vielmehr kommt es andersherum in meinen Augen einer Diskriminierung näher, jemanden dafür zu kritisieren, sich Partner nach eigenen Kriterien, wie auch immer geartet, auszuwählen.
Kann man dann überhaupt jemanden auf eine faire Weise attraktiv finden?
Wie gesagt, das Wörtchen 'fair' greift hier nicht. Eine Partnerwahl ist ja kein Bio-Produkt. Ich meine, führen wir den Gedanken mal weiter aus. Wenn es denn unfair wäre, jemanden aufgrund seiner äußeren Erscheinung abzulehnen, wie sieht es dann etwa mit dem Alter aus? Wäre es dann nicht auch unfair, jemanden auszuschließen, weil die Person zu alt oder zu jung ist? Und was ist mit der sexuellen Identität? Wäre man dann nicht auch beispielsweise als Heteromann allen Homosexuellen Männer gegenüber unfair, wenn man sie von vorneherein ausschließt,
nur weil sie nicht dem entsprechen, was man sucht? Sind Menschen, die polyamor leben wollen, monogam-orientierten gegenüber unfair oder andersherum? Oder wie sieht es damit aus, wenn man einen Partner hat, ist das dann nicht unfair allen gegenüber, die diesen Partner auch gerne hätten? Die Liste ließe sich sicher noch erweitern und variieren, nur die Antwort bleibt immer gleich: nein. Die Partnersuche ist und bleibt ein höchstindividueller Prozess, der weder fair noch unfair ausfällt und es ist völlig in Ordnung jemanden u.a. aufgrund der äußeren Erscheinung davon auszuschließen.
Zum Abschluss noch etwas aus meinem eigenen Umfeld: ich kenne eine Frau, die mir jahrelang nur davon vorgeschwärmt hat, wie sehr sie auf muskulöse 2 Meter Männer steht, nichts anderes käme in Frage. Der Mann, mit dem sie jetzt seid bald 10 Jahren zusammen ist, 7 davon verheiratet und der Vater ihrer drei Kinder, geht mir gefühlt bis zur Schulter und hat nie sonderlich Sport betrieben. Das nur mal so am Rande.