*********_Mann:
Und ja, die Photos auf meinem Profil mögen schlecht sein. Aber das bin ich nun mal. Und ich werde mich hier nicht verstellen. Ich könnte schönere Photos machen und sie hochladen, aber dann wäre ich nicht ehrlich und nicht aufrichtig.
Das ist Quatsch. Man kann auf einem Bild das Beste aus sich herausholen, ohne an Authentizität zu verlieren. Sprich mal mit Profifotografen. Ich treffe mich nächsten Monat mit einem, weil ich mich für die Fotografie interessiere und auf guten, authentischen Fotos wird nicht "gelogen", sondern untermalt.
*********_Mann:
Aber: Da gibt es noch eine weitere Art, jemanden attraktiv zufinden: Nämlich eine abwertende: Wenn ich eine dicke Person oder mit sehr heller Hautfarbe (Albino) oder jemanden mit Down-Syndrom nicht attraktiv finde, dann stufe ich diese Person ab, nicht (nur) weil man nicht meinen Ansprüchen genügt, sondern weil diese Person eine Eigenschaft hat, die ich als abstoßend empfinde. Diese Person wird sogesehen für mich zu einem Menschen "2. Klasse". Ich kann immer noch nett zu der Person sein, sie wertschätzen, doch ich würde mit meiner Wertschätzung niemals so weit gehen, dass ich diese Person als einen Partner betrachte bzw. Sex mit diesem Menschen haben will, da diese Person eine abstoßende Eigenschaft hat.
Ich möchte dir mal ganz nüchtern etwas sagen: Es ist in Ordnung, bestimmte Eigenschaften abstoßend zu finden. Wer nicht in der Lage ist, etwas Schlechtes - oder auch etwas, das er für sich selbst als schlecht empfindet - als solches wahrzunehmen und anzuerkennen, ist auch nicht in der Lage, etwas Gutes wahrzunehmen oder anzuerkennen.
Es gibt einen evolutionsbiologischen Grund, warum übergewichtige Menschen von der Mehrheit nicht als attraktiv wahrgenommen werden.
Wenn es um genetische Mutationen geht, wie Albinismus oder Defekte wie Trisomie 21, stecken ebenfalls evolutionsbiologische Gründe dahinter, warum viele Menschen das instinktiv unattraktiv finden.
Mutationen tauchen in der Regel innerhalb der natürlichen Selektion willkürlich, also zufällig auf. Manche von ihnen sind nützlich und führen zu einer Adaption und damit zu einer bestmöglichen Anpassung. Manche von ihnen sind aber kein bisschen nützlich, sogar schädlich. Das kommt auch immer sehr auf die Umweltfaktoren an. Ein leuzistischer Hase in Sibirien hat mit seiner Mutation einen Jackpot, ein leuzistischer Pfau die Arschkarte gezogen. Menschen, die an Albinismus leiden, leiden in der Regel auch an vielen Nebenwirkungen, wie sehr empfindlichen Augen und empfindlicher Haut. Im Rahmen unserer Evolution und dem Punkt, an dem wir uns gerade befinden, sind das keine sonderlich nützlichen Eigenschaften. Menschen mit Trisomie 21 können sich, meines Wissens nach, kaum fortpflanzen (ich bin nicht sicher, ob sie generell steril sind).
Du unterstellst Menschen, die bestimmte äußerliche Merkmale unattraktiv finden, dass sie diese zum einen immer bewusst unattraktiv finden, sich also absichtlich dafür entscheiden, aber auch, dass eine bewusste Entscheidung, etwas unattraktiv zu finden, gleichzeitig bedeutet, den Menschen als "Mensch 2. Klasse" zu empfinden.
Das ist, mit Verlaub, Blödsinn. Für mich sind Menschen mit Down Syndrom keine Menschen zweiter Klasse - ich habe eine Halbschwester mit Down Syndrom. Es sind Menschen wie alle anderen auch, mit denselben Individualrechten, mit derselben Würde, die es zu achten gilt, und denselben Gelegenheiten, ihr Leben zu leben, so wie sie es sich wünschen. Dass ich einen Menschen mit Down Syndrom nicht als (Sex)Partner würde haben wollen, liegt daran, dass ich mit ihm nicht glücklich werden würde. Und ich habe ein Recht darauf, meinen Weg zum Glück so zu gestalten, wie ich mir das vorstelle.
Und ja: Es gibt Eigenschaften, die ich abstoßend finde.
*********_Mann:
Zudem denke ich auch, dass Menschen bei Personen, die sie unattraktiv finden, denken könnten, dass diese Person "nicht würdig ist, ein Partner zu sein" bzw. "es nicht verdient hat, mit einem Sex zu haben". Das ist also eine sehr arrogante Haltung, die ziemlich versteckt ist, die doch bei vielen Menschen auftauchen kann, auch unbewusst. Das ist nicht fair und ich denke es wäre wichtig herauszufinden, wie man solche Gedanken bei verschiedenen Menschen - aber auch bei sich - erkennen kann.
Oh ja. Ich gehöre definitiv zu den Menschen, die voller Überzeugung sagen können: "Dieser Mensch ist nicht würdig, mein Partner zu sein und hat es nicht verdient, mit mir Sex zu haben."
Warum? Weil ich es mir selbst wert bin. Ich bin es mir wert, mir genau die Menschen zu suchen, die mir für MICH am besten erscheinen.
Besonders wenn es um Lebenseinstellungen und Wertvorstellungen geht, kommt für mich niemand infrage, der nicht dieselben, fundamentalen Prinzipien hat wie ich. Es gibt nunmal Menschen, die mich aufgrund ihrer Einstellung anwidern. Mit einem Rassisten schlafen? Ganz bestimmt nicht. Ich schlafe auch mit niemanden, der selbst ein niedriges Selbstwertgefühl hat, der sich selbst nicht lieben kann, der nimmt, was übrig bleibt oder gerade verfügbar ist, der anderen verzweifelt ans Bein rammelt.
Es ist mir egal, für wie arrogant man mich deswegen hält. Bei meinem Selbstwertgefühl mache ich keine Kompromisse, das wäre mentaler Selbstmord.
*********_Mann:
Es kann auch durch eine Bevorzugung allein zu einer Ungerechtigkeit kommen. Wenn ich das auf ein anderes Beispiel übertrage wird es deutlicher: Wenn es zwei Personen gibt und ich einer Person einfach so Geld gebe und der anderen nicht, dann habe ich die Person, der ich kein Geld gegeben habe, schlecht behandelt, indem ich ihr kein Geld gegeben habe, aber der anderen schon, ich habe also durch eine Bevorzugung einer Person die andere schlecht behandelt.
Unsinn. Ich habe die Person, der ich kein Geld gegeben habe, nicht schlecht behandelt - ich habe sie
gar nicht behandelt. Ich war ihr gegenüber neutral. Ich habe ihr nichts weggenommen und ihr auch keine Chancen verbaut, auf anderem Wege das zu bekommen, was sie will.
Zunächst einmal: Mein Geld gehört mir. Ich mache damit, was immer ich will. Und wenn ich mich dafür entscheide, es jemandem zu geben, dann aus Gründen, die für mich richtig sein müssen und nicht für andere. Niemand hat Anspruch auf mein Geld. Genauso hat niemand Anspruch darauf, dass ich ihn attraktiv finde.
Mit diesem Vergleich schwingt für mich hier eine ganz deutliche - für mich abstoßende! - Geisteshaltung mit: "Ich habe ein Recht auf das, was anderen gehört."
Nein.
*********_Mann:
Also hat die "Gerechtigkeit bei Attraktivität" meherere Facetten und kann sowohl in manchen Sitationen in Ordnung, aber in anderen Situationen auch ungerecht sein und es ist doch sehr schwierig zu sagen, wann Ungerechtigkeit entsteht, wenn man eine Person attraktiv oder unattraktiv findet. Es gibt aber Momente, in denen es zu Ungerechtigkeit führt und ich denke, dass man das nicht einfach so abstreiten sollte.
Doch, ich streite das ganz entschieden ab.
Gerechtigkeit bedeutet: Jeder Mensch erhält dieselben Chancen, sein Leben so zu leben und zu gestalten, wie er es dür sich am Besten empfindet.
Gerechtigkeit bedeutet nicht, dass jedem dasselbe zusteht, was anderen gehört. Seien es Gefühle oder die Früchte der eigenen Arbeit.
*********_Mann:
Man kann auch übrigens schlecht behandelt werden und es ok finden - das ändert aber nichts an der Sache, dass man schlecht behandelt wurde.
Es macht einen
immensen Unterschied, ob jemand Individualrechte verletzt - also faktisch und objektiv jemanden herabwürdigt - oder ob man Gefühle verletzt. Gefühle zu verletzen ist zwar nicht nett und ich kritisiere das auch, aber da Gefühle subjektiv sind, können sie auch nur subjektiv verletzt werden. Was dem einen nichts ausmacht, bedeutet für den anderen einen Nervenzusammenbruch. Dies kann man schlichtweg nicht objektiv als "ungerecht" werten, höchstens als dämliches, unfreundliches Verhalten, auf das man auch mit dem Finger zeigen darf.