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Differenzieren zwischen Schlägen im BDSM und "Gewalt"

****yn Frau
13.440 Beiträge
Themenersteller 
Differenzieren zwischen Schlägen im BDSM und "Gewalt"
Hallo zusammen *g*


Angeregt durch den Thread Der Gedanke, den Hintern versohlt zu bekommen, macht mich an würde ich das Thema Schläge gerne ein wenig ausführlicher diskutieren, besonders in Bezug auf die Assoziation mit „Gewalt“.

Ich habe nun schon einige Menschen kennengelernt, auch persönlich, die Schläge selbst im BDSM-Kontext ablehnen und sie nicht von häuslicher Gewalt oder Übergriffigkeit trennen können. Mich würde interessieren, wie man dieses Verständnisproblem am besten angeht. Nicht nur, wenn man versucht, es anderen zu erklären, sondern auch, wenn man vielleicht selbst davon betroffen ist (dazu später mehr).

Seit einer Weile habe ich eine D/s Beziehung (keine Liebesbeziehung) mit einem Mann, der Schläge ablehnt. Obwohl er in anderen Bereichen ziemlich hart und unerbittlich ist, viel mit Grenzen spielt und mir oft einiges abverlangt - teilweise auch sehr willkürlich ist – passt es ihm überhaupt nicht, wenn er größere, blaue Flecken an mir entdeckt, die vom Spiel mit meinem Freund stammen.
Sobald etwas längere Spuren hinterlässt – Striemen, Schwellungen, blaue Flecken, Prellungen, Kratzer, Bisswunden – kann ich die Missbilligung in seinem Gesicht sehen und anfangs dachte er, mein Freund würde mir gegen meinen Willen Gewalt antun, oder mich in irgendeiner Weise manipulieren, da es für ihn nicht verständlich war, wie jemand so etwas über sich ergehen lassen kann.

Es ist auch nicht das erste Mal, dass ich mit jemandem in Berührung komme, der nicht nur keinerlei Verständnis für diese Aktionen hat – selbst im Hinblick auf die Einvernehmlichkeit und den ausdrücklichen Willen – sondern der vor allem nicht oder nur eingeschränkt fähig ist, diese Handlungen nicht als häusliche Gewalt, oder allgemein Gewalt wahrzunehmen. Meiner Erfahrung nach liegt das meist aber weniger am Unverständnis für Masochismus, sondern mehr am Unverständnis für den aktiven Part, wahlweise Sadisten (wenn er denn einer ist).


Ich selbst habe zum Beispiel auch das Problem, dass ich Ohrfeigen nicht vom Gewaltkontext trennen kann, obwohl ich mich in meinem BDSM oftmals durchaus fest schlagen und verletzen lasse, sodass Blutergüsse und allerlei andere Male entstehen. Ich mag auch Überwältigungsspiele und Schmerzen beim Sex und trotzdem bringt mich selbst eine leichte Ohrfeige aus der Fassung, weil ich damit traumatische Erlebnisse verbinde. Die Sache ist aber, dass ich mir gleichzeitig wünsche, geohrfeigt zu werden, nur eben nicht in einem negativen Kontext, sondern als Aufmunterung, freche Geste oder als „Erdung“. Nicht als Strafe.

Meines Wissens nach hat mein Dom keine Misshandlungserfahrungen gemacht, dennoch lehnt er diese Art von Schlägen, die Spuren hinterlassen, als Gewalt ab.

Jetzt ist es nicht so, als würde ich ihn dazu bringen wollen, mich dennoch zu schlagen. Er will es nicht und in dieser Hinsicht ist das Thema für mich gegessen. Was mich jedoch beschäftigt, ist, wie ich ihm nahebringen kann, dass Schläge im BDSM-Kontext etwas völlig anderes sind, als Schläge im Kontext der häuslichen Gewalt. Ich habe dabei oft versucht, meine Sicht der Dinge zu schildern, aber ich glaube, es hapert eher am Verständnisproblem für jene, die die Schläge zufügen. Dabei ist zu beachten, dass er kein "Profi-BDSMler" ist und das genauso lange macht, wie ich, nämlich erst seit etwa einem halben Jahr. Wir haben zusammen damit angefangen.

Auch ich selbst würde gerne lernen, Ohrfeigen von Gewalt zu trennen und frage mich, ob jemand schonmal so etwas wie (Eigen)Konditionierung in diesem Bereich ausprobiert hat.


Meine konkreten Fragen sind:

• Wie erklärt ihr Menschen, die sich vehement gegen Gewalt aussprechen, den Unterschied zwischen BDSM und Gewalt, sodass sie die Intentionen und Emotionen dahinter verstehen?
• Wie überwindet ihr eigene Assoziationen zwischen Schlägen und Gewalt, wie lernt ihr, diese eventuell zu erotisieren oder zumindest zu genießen?


Mir ist klar, dass Schläge auch im BDSM-Kontext in diesem Sinne „Gewalt“ sind, denn man richtet eine psychische/physische Kraft/Macht gegen einen anderen Menschen. Ich meine jedoch, dass sie in diesem speziellen Kontext nicht gegen jemanden gerichtet wird, sondern für jemanden bereitgestellt wird, um sie willentlich zu empfangen.

Mich würde hier unter anderem auch die Meinung von Personen interessieren, die selbst nichts mit BDSM anfangen können, vielleicht gerade unter anderem wegen dem Gewaltaspekt, der manchmal dabei ist, und vielleicht ergibt sich ein reger Austausch, der auf beiden Seiten zu Verständnis und Differenzierung führt.


Liebe Grüße,
Kailyn
*****chi Mann
980 Beiträge
Aufgrund..
.. der tollen Menschen, die etwas zu meinem damaligen Thread geschrieben haben. Könnte ich mir vorstellen das es mehrere Ansätze gibt, je nach dem, wie dein Gegenüber menschlich ist.

Zum einen könntest du versuchen, nicht zu erklären was es mit den Schlägen auf sich hat, sondern was es mit Sub und Dom zu tun hat. Auch im Kontext einer härteren Sexart, dein Stichwort PrimalPlay. Ohne die Sub ist ein Dom nichts, den es gibt nichts das er führen oder kontrollieren kann. Ohne einen Dom ist eine Sub nichts, sie hat niemanden bei dem sie frei sein kann. Frei von Entscheidungen und wirklich fallen gelassen, in dieses Spiel.
Beide Teile brauchen einander und sind ohne den Jeweils anderen nichts.
Versuche zu erklären wie es ist, in einem Moment mit deinem Partner auf zu gehen, wo die meisten Fesseln der Selbstbeherrschung brechen und man nur noch Klauen und Zähne hat die einem Spüren lassen das man noch hier ist und der Partner real. (das waren viele Und´s)

Der Zweite Angehenspunkt, ist viel subtiler und doch könnte es sein das er mehr verstanden wird.

KNUTSCHFLECKE!

Knutschflecke sind praktisch auch eine Verletzung, ähnlich eines Hämatoms. Und warum hat man sie gemacht? Weil man sich hasste? Weil man wütend war?
Nein! Man bekundetet seine junge Liebe, hatte stets etwas als Erinnerung an den Freund/Freundin und stellte Klar "jub ist meine(r)."


Eventuell ist ein Ansatz dabei.

In ehren
Toyhammer
****az Mann
4.483 Beiträge
Versuch mal als homosexueller Mann einer heterosexuellen Person zu erklären, warum du auf Männer stehst. Versuch mal als Fetischist für irgendwas einer Person, die diesen Fetisch nicht hat, zu erklären, warum du diesen Fetisch hast. Versuch mal als Sadist/Dom/Masochist/sub jemand, der damit kaum was am Hut hat, zu erklären, was dich daran erregt.

Für mich führen diese Erklärungsversuche alle zum gleichen Ziel: Es klappt meistens nicht. Allerdings ist das auch nicht so schlimm, denn die Person muss es nicht verstehen, sie muss es nicht nachvollziehen können, sondern sie muss es einfach tolerieren.

Eigentlich ist das auch das Gleiche, wie bei Hobbies, Kleidung, Geschmäckern, usw. Meine Eltern verstehen auch nicht, was ich an Metal so liebe, warum ich gerne zocke, und, würden sie es wissen, warum ich BDSM betreibe und Dieses und Jenes dabei veranstalte (ausser sie sind selbst BDSMler, aber das weiß ich nicht).
Schläge sind auch nur ein Teilaspekt vom BDSM, ein winziger aber durchaus verbreiteter.

Ich selbst mag im Spiel auch mal ab und zu eine Ohrfeige, Bisse, Schläge, etc. aber in Maßen bzw. wiegelt man sich damit spielerisch auf und die Frau, als größerer Masochist, kriegt dann eben entsprechende Antworten stärker zurück. Aber ich denke bei einer Ohrfeige eben nicht daran, wie mir mein Vater mit einer Ohrfeige einen Zahn ausschlägt, während ich in der Badewanne sitze (tldr: Hab Mist gebaut, bin gegen den Wasserhahn gestoßen und der Zahn war eh locker), sondern ich weiß, dass jede Art von Gewalt innerhalb dieses Spiels einvernehmlich ist, und dass da keine Absicht hinter steckt, die Person ernsthaft zu schädigen, und ihr einfach eine richtig gute Session zu bieten. Und wenn ich weiß, dass meine Spielpartnerin auf Schläge, Urin, Spucken, Analsex oder sonst was steht, dann bin ich in diesem Moment eben eine Art "Lusterfüller" und genauso ist es andersrum. Und wenn sich diese Vorlieben überschneiden, haben beide was davon und die Lusterfüllung potenziert sich.

Ein weiterer Faktor, wenn die Person, der ich das erklären will, direkt damit Kontakt hat, ist Vertrauen. Man erzählt ja auch nicht unbedingt jedem, dass man entsprechende Vorlieben hat oder auf entsprechende Spuren steht. Ich denke in solchen Fällen fehlt es der zu erklärenden Person an Vertrauen, dass die erklärende Person da wirklich für brennt.

****yn:
Jetzt ist es nicht so, als würde ich ihn dazu bringen wollen, mich dennoch zu schlagen. Er will es nicht und in dieser Hinsicht ist das Thema für mich gegessen. Was mich jedoch beschäftigt, ist, wie ich ihm nahebringen kann, dass Schläge im BDSM-Kontext etwas völlig anderes sind, als Schläge im Kontext der häuslichen Gewalt.

Klingt für mich übrigens widersprüchlich.
******lay Frau
796 Beiträge
Ich kann zwar nicht damit dienen mit BDSM nichts anfangen zu können, jedoch kann ich mit Spanking nichts anfangen.
Ich mag Schläge weder zu empfangen noch zu geben. Allerdings empfinde ich gezielte, einzelne, speziell gesetzte Schläge durchaus anregend. Aber nur in einem bestimmten Kontext. Noch schwieriger war für mich das Thema Ohrfeigen. Sobald diese im falschen Moment oder zu hoher Quantität erfolgen, kündige ich bereits den Rückschlag an. Der Grat zwischen "Gewalt" und "Genuss" ist bei mir also dermaßen schmal, dass ich sicherheitshalber diesen Bereich im Spiel mit externen bzw. nicht so vertrauten Spielpartnern völlig ausklammere. Dennoch habe ich gelernt zu genießen, wenn mein Schatz mir in einem bestimmten Kontext eine verhältnismäßig schwache einzelne Ohrfeige gibt. Dieser Kontext ist ausschließlich die verdiente erniedrigende Strafe für meine vorausgegangene Frechheit und funktioniert auch nur, wenn er den Moment der Unterordnung hält ja ihn auskostet.
Schläge auf den Hintern finde ich immer noch nicht schön. Maximal einzelne Schläge zur Anregung. Aber wir haben im Spiel herausgefunden, dass mein Rücken speziell im Bereich der Schulterblätter positiv wirkt. Ich erinnere mich an Filme aus meiner Jugendzeit, in denen Menschen in diesem Bereich ausgepeitscht, verbal erniedrigt und dann teilweise missbraucht wurden. Das empfand ich anregend. Vielleicht hilft die die visuelle Unterstützung zur Konditionierung. Viel sehen und beobachten wo Ohrfeigen Erregung erzeugen um das Begehren nach dieser Erregung zu wecken. Dann mit einzelnen, gezielten Schlägen starten und gleichzeitig stimulieren um Erregung zu verknüpfen. Jeder funktioniert ein wenig anders.

Menschen kann man nicht "überzeugen". Aber man kann Neugier wachsen lassen. Wer fragt der führt. "Willst Du denn gar nicht wissen, warum ich das mache bzw. mit mir machen lasse?" Oder "Weißt Du, was daran am Schönsten für mich ist?" Wer kein Interesse an solchen Anfragen und deren Antworten hat, wird in seiner Ablehnung fest arrangiert sein. Ein Kampf gegen Windmühlen. Aber dort, wo Neugier und die Bereitschaft zum hinhören ist, da kannst Du erzählen was Du fühlst und was für eine unglaublich Erfüllung Du empfindest. Je mehr Deine Augen dabei leuchten desto mehr Akzeptanz wirst Du bekommen. Verständnis ist selten. Mir reicht Akzeptanz. Mehr kann ich im Edgeplay fast nicht erwarten.
LG SIE
Obwohl er in anderen Bereichen ziemlich hart und unerbittlich ist, viel mit Grenzen spielt und mir oft einiges abverlangt - teilweise auch sehr willkürlich ist

Wie kann das eine ok sein aber das andere unverständlich?
Ich vermute dass er es schon nachvollziehen kann. Was dein Freund auf körperliche Art macht, macht er auf seelische.
Er mag halt vielleicht nur nicht mit den Spuren eines Anderen konfrontiert zu werden.
******ard Mann
387 Beiträge
Zuerst
mag ich die Gegenüberstellung nicht so stehen lassen. Schläge sind Gewalt.

Und ich glaube, dass man diese Hürde nehmen muss, dass genau das im BDSM auch passieren darf.

Ich bin kein schlagender Sadist. Schlagen liegt mir im Grunde gar nicht. Und dennoch tue ich es.

Und ich kann es auch nur lustvoll tun, wenn es meinem Gegenüber Erfüllung, Lust und / oder Sonstwas gibt.

Ich will also sagen, der Versuch einen Menschen zu überzeugen, dass im BDSM Schlagen keine Gewalt ist, geht nicht.

Überzeugend darlegen kann man aber, dass es gewollte Gewalt im Einverständnis ist.

Und dann müsste DEIN GEGENÜBER seine Hürde selber überwinden.

Wobei schlagende Gewalt ja nur eine Gewalt ist. Demütigen, erniedrigen etc sind andere Formen. Mir scheint es daher keine Steigerung oder Verwerfung (Schlagen) zu geben, weil es Schläge sind.

Schlagen als Strafe finde ich eh absurd - bei einem Masochisten 😂

In meinen Begegnungen kam es erstaunlicherweise echt häufig vor, dass Partnerinnen explizit schon zuckten, bevor die flache Hand im Gesicht landete. Im Gegensatz zu anderen Körperstellen.

Sowas zwang mich oft zum Abbruch.

Und oft kamen dann Gewalterfahrungen auf den Tisch, manchmal auch Flash backs. Nicht wirklich schön.

Zusammengefasst:

Schlagen als Gewalt auch einstufen

Im BDSM als übereinstimmend gewollt erwünscht

eventuell dem Gegenüber immer wieder die empfangene Lust daran beschreiben

Frage an den Schlagenden, was in seinem Leben ihm gefällt und Lust verschafft. Ihm dann sagen, dass es Dir dabei nicht so geht. Aber er sich sicher sein kann, dass es für DICH dann bei dem und dem und dem ebenso anfühlt.

Bester Gruß

Frank
****dat Frau
3.733 Beiträge
Sobald etwas längere Spuren hinterlässt (...) kann ich die Missbilligung in seinem Gesicht sehen ...

Dass er nicht versteht, verstehe ich nicht: Er bringt dich als dein Top in Situationen, die dich beschämen, kleinmachen, erniedrigen. Er sieht, dass es dich erregt.
Frag ihn doch mal, warum er dich beschämt, kleinmacht, erniedrigt. Es gibt nämlich Menschen, die solch ein Verhalten ablehnen.

Auch wenn er vorgibt, besorgt um dich zu sein: Ich vermute sehr viel mehr, dass er dich nicht markiert sehen will.


Menschen, die mit BDSM nix am Hut haben, versuche ich nicht mal ansatzweise zu erklären, was ich da tue(n lasse). Von BDSMlern, welche Richtung auch immer, erwarte ich, dass sie sich an ihr eigenes Näschen packen.
******gor Mann
1.200 Beiträge
"Differenzieren zwischen Schlägen im BDSM und "Gewalt"

Für mich eigentlich recht einfach,BDSM besteht immer aus
Gegensätzlichen Zustimmungen,beim Akt der Gewalt spielt sich
etwas zwischen Täter und Opfer ab, im BDSM zwischen Herrn,Master und sub...
Es ist genauso wie der Begriff Folter,da gibt es wiederum ein
Täter, Opfer Verhältnis oder wie beim Begriff Sklave,da tue ich mich,ebenfalls sehr schwer, es wäre dann keine Freiwilligkeit mehr vorhanden, wenn man den wirklichen Begriff zu Grunde legt.
Daher bleibt sub für mich, in der Begrifflichkeit ,immer eine sub...
Ohrfeigen praktiziere ich ebenfalls nicht,schon allein aus Angst,zu hart zuzulangen.
Eigentlich dienen sie eh nur der Herabwürdigung und Erniedrigung und das funktioniert
auch ohne dem,da ist die Sprache ein viel schärferes Schwert.
Nun bevor man nun meint ich werfe mit Wattebäuschen dem sei gesagt,
daß ich Spuren vom roten Po,bis zu moderat blutenden Striemen nicht abgeneigt bin
oder Probleme bereiten würde..
*spank*
****kja Frau
579 Beiträge
Naja zunächst einmal ist Gewalt vom sprachlichen Ursprung nichts andres als, das einer Macht über den anderen hat, einer den anderen beherrscht. Es gibt ja auch sowas wie die Staatsgewalt.

Und das mit der Macht und dem Beherrschen ist ja genau das, was der dominante Part in einer Ds Beziehung ja übernimmt und zwar einvernehmlich und nicht als Opfer und Täter sondern als Dom und sub, die sozusagen für sich definieren, was im Rahmen ihrer Beziehung möglich ist.

Gewalt wird für mich dann problematisch, wenn die Willensfreiheit einer Person eingeschränkt wird oder diese in einer Abhängigkeit steht (wie bspw. Kinder, finanzieller Druck) und das gilt nicht nur für körperliche Gewalt.
*******ssa Frau
5.645 Beiträge
Wie erklärt ihr Menschen, die sich vehement gegen Gewalt aussprechen, den Unterschied zwischen BDSM und Gewalt, sodass sie die Intentionen und Emotionen dahinter verstehen?

Gar nicht. Denn was man selber nicht mal immer versteht was da in einem vorgeht, kann man erst Recht keinem Außenstehenden erklären.
Meine beste Freundin hat Gewalt in ihrer Ehe erlebt, sie sagt immer:
"Tu, was dich glücklich macht, ich kann damit nichts anfangen" und wir gehen dann logischerweise auch nicht ins Detail.

Wie überwindet ihr eigene Assoziationen zwischen Schlägen und Gewalt, wie lernt ihr, diese eventuell zu erotisieren oder zumindest zu genießen?

In dem Moment wo ich mich auf einen Mann/Herrn einlasse stellt sich mir nciht die Frage der Assoziation, ich weiss ja dass ich es will und welche Gefühle dahinterstehen.
Lernen?
Ich habe meine Neigung nicht erlernt, sie ist einfach da.
*******xty Frau
1.387 Beiträge
Für mich ist Körperverletzung ...
also wenn es zuVerletzungen kommt immer "Gewalt" oder " Gewaltanwendung" .. ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Gegenübers. Das täte ich nie, niemalsnicht. Auch wenn es sich wer anders wünscht würde ich es verweigern.
"Striemen, Schwellungen, blaue Flecken, Prellungen, Kratzer, Bisswunden " würde ich nie jemandem zufügen müssen, nur damit der zum Orgasmus kommt, das entspricht nicht meiner Art der erotischen Interaktion
*****alS
7.880 Beiträge
Zunächst einmal vorne weg: Schläge SIND Gewalt, auch im BDSM. Schläge sind quasi mehr oder weniger ein Teil der Definition von gewalt. Sie sind eine gewalttätige Handlung, und das werden sie immer bleiben, egal wie der Kontext aussieht. Laut WIkipedia definiert die Weltgesundheitsorganisation "Gewalt [...] wie folgt: 'Gewalt ist der tatsächliche oder angedrohte absichtliche Gebrauch von physischer oder psychologischer Kraft oder Macht, die gegen die eigene oder eine andere Person, gegen eine Gruppe oder Gemeinschaft gerichtet ist und die tatsächlich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verletzungen, Tod, psychischen Schäden, Fehlentwicklung oder Deprivation führt.'" Die definition trifft auch im Rahmen von BDSM noch zu.

Daher, denke ich, kann man wirklich niemandem erklären, Schläge im BDSM sein keine Gewalt. Das muss scheitern, denn es ist schlichtweg falsch. Der entscheidende Punkt ist denke ich: Gewalt muss nicht unerwünscht sein, Gewalt muss nicht "böse" sein, und Gewalt muss auch nicht falsch sein.

Ich finde deshalb die Definition der WHO so passend, weil sie so weitgehend ist. So erwähnt sie ausdrücklich psychische Gewalt mit einschließt. Gewalt ist also auch der Gebrauch psychischer Macht gegen eine andere Person - so diese zu "psychischen Schäden oder Deprivation" führt. Besonders der zweite Part ist hier relevant, denn das ist in D/s Beziehungen ja druchaus gang und gäbe - und eben von beiden Seiten gewünscht!

So, und hier ist der Ansatzpunkt der Erklärung für Menschen, die D/s aber nicht SM verstehen. Eigentlich unterschiedet es sich nämlich nicht - das eine ist die ANwendung (oder auch nur Androhung einer solchen) psychischer, das andere physischer Macht gegenüber einer Person. Es unterschiedet sich also das Instrument, nicht aber der Sachverhalt.
Die "Anwendung phsyischer Macht" hinterlässt halt sichtbare Spuren und nicht nur schlechtes Gewissen für "Fehlverhalten", schlechte Laune aufgrund von ENtzug von irgendetwas oder eine gewisse Abhängigkeit wie sie bei "Anwendung psychischer Macht" entsteht. Daher wirkt das "brutaler". Aber ein baluer Fleck ist ja nun mal sachlich betrachtet eine sehr, sehr geringe Verletzung - ebenso wie das was in gesunden D/s-Beziehungen psychisch "hinterlassen" wird.
Und genau das ist entscheidend - bei beidem: die Schäden sollten halt nicht zu groß sein.

Im übrigen, obenstehender Definition nach ist auch der BD Teil von BDSM Gewalt - denn auch hier ist es die Ausübung physischer Macht gegenüber einer Person die Deprivation verursacht.

Daher: BDSM ist Gewalt. Alles davon. Der Springende Punkt ist: Gewalt hat Abstufungen, und diese korrellieren nicht mit der Sichtbarkeit von Gewalt. Ich kann jemanden mit dem Strom einer Autobatterie Foltern, und es entsteht fast kein erkennbares Zeichen. Oder ich haue jemandem ein paar mal auf den Hintern (wo nichts ist, dass irgendwie groß kaputtgehen könnte) und es gibt rießige blaue Flecken.
Und eben weil es Abstufungen gibt, finden manche Leute gezielte, abgesprochene Gewalt gegen sich selbst, sei sie nun physischer oder psychischer Natur, manchmal einfach ganz cool. Und anderen Menschen macht es Spaß, Gewalt in geringem Maße (auch hier wieder wahlwsie psychisch oder physisch oder natürlich beides) auch im Rahmen abgesprochener Grenzen auszuüben. Und das ist alles genau deshalb in Ordnung, weil der Rahmen klar definiert ist und nicht überschritten wird.

Ich sehe die Probleme in deiner konkreten Situation, Kailyn, also an drei Punkten:[li]
dein Dom beurteilt den Grad der Gewalt an der Sichtbarkeit der hinterlassenen Spuren - etwas, das ihm zumindest auf rationaler Ebene vermutlich einfach zu erklären ist, dass das nicht mit den Tatsachen übereinstimmt. Emotional hingegen kann ich mir durchaus vorstellen, dass es schwer ist für ihn (denn das muss er selbst machen) diesen vermeintlichen Zusammenhang in anderem Licht zu sehen.
er arbeitet mit einem sehr eingeschränkten Gewaltbegriff. Gewalt scheint für ihn zumindest auf emotionaler Ebene nur zu sein, was Spuren hinterlässt oder zumindest körperlich Schmerzen oder Schäden hinterlässt. Das ist natürlich zu eng gedacht - und vermutlich ist him das auch klar, wenn er rational darüber nachdenkt.
er urteilt (auch hier: zumindest emotional) hier in eher großen Abstufungen. Das das Ausmaß der Gewalt bei blauen Flecken (gerade an Gewebe, das nun einmal sehr dazu neigt) nur sehr, sehr gering ist und moralisch in ganz anderem Licht gesehen werden muss als ernsthafte Verletzungen scheint er für mich irgendwie manchmal zu "vergessen". Und auch, dass man mit Gewalt subjektiv einverstanden sein kann, und das bei eurem D/s eigentlcih ganz, ganz genauso ist (auch er könnte ja ernsthafte Schäden an dir anrichten, wenn er sich aus dem abgesprochenen Rahmen der Gewaltanwendung entfernt), ist him als Konzept einfach wenig begreiflich. Besonders wenn du sagst, er scheint irgendwie vor allem diejenigen zu verurteilen, die physische Gewalt ausüben, finde ich, er misst hier mit zweierlei Maß. Denn er tut letzten endes nichts anderes, nur eben mit Worten und nicht mit Händen.

Manches davon kann man mit viel Austausch und ernsthaften Diskussionen (gar nicht unbedingt mit dem Ziel, ihm irgendetwas "begreiflich" zu machen, sondern einfach der DIksussion wegen - sich über Standüpunkte zu einem Therma rational und gebildet auseinanderszusetzen bringt meistens alle Beteiligten voran) über das Thema vermtulcih bessern. Gerade bei der von ihm irgendwo emotional Ablaufenden Reaktion auf sichtbare Spuren hingegen halte ich es durchaus für möglich, dass er das nie ganz wird ablegen können - er "tickt" halt so.
Mein Rat ist trotzdem das eben genannte vorgehen: einfach mal ein paar mal darübert diskutieren. Nicht wirklich eigene Meinungen austauschen und dabei bleiben, sondern das ganze gemeinsam objektiv zu analysieren. SOziologisch, psychiologisch, kriminologisch und was für -ogische sinnvolle Ansätze uch noch so einfallen.
Was die WHO dazu sagt ist eine Richtlinie.BDSM ergibt sich aber aus der Einvernehmlichkeit
Gewalt macht einen zum Gewalttäter,mit der Einvernehmlichkeit wird es zum Gewollt.
Zum Gewalttäter wirst du im BDSM Kontext erst wenn die Handlung so intensiv ist dar Körperliche oder Psychische Zustand ein weiteres Leben mit den Folgen die daraus entstanden sind beeinträchtigt.
Ist das nicht der Fall ist es keine Gewalt

Der unterschied liegt in Gewallt und Gewollt das muss/kann auch nicht jeder verstehen wie vieles andere auch
Nur die die es etwas angeht als Aktive beteiligte sollten wissen was sie da tun.
*******dor Mann
6.019 Beiträge
@EP
Wie erklärt ihr Menschen, die sich vehement gegen Gewalt aussprechen, den Unterschied zwischen BDSM und Gewalt, sodass sie die Intentionen und Emotionen dahinter verstehen?
• Wie überwindet ihr eigene Assoziationen zwischen Schlägen und Gewalt, wie lernt ihr, diese eventuell zu erotisieren oder zumindest zu genießen?

1) Geschlossene Weltbilder mag ich nicht stören. Offenen Geistern erzähle ich von der Liebe in unsrerem Tun. Und von Lust.
2) Du führst in deiner Frage sehr viele Wertungen ein, die vielleicht nicht geteilt sind. Wie soll man dann deine Frage beantworten.
*****saz Mann
1.243 Beiträge
****yn:
Auch ich selbst würde gerne lernen, Ohrfeigen von Gewalt zu trennen und frage mich, ob jemand schonmal so etwas wie (Eigen)Konditionierung in diesem Bereich ausprobiert hat.

Ja. Als Belohnung bzw. Zeichen der Zuneigung eingesetzt, funktioniert das ganz gut.

- Wie erklärt ihr Menschen, die sich vehement gegen Gewalt aussprechen, den Unterschied zwischen BDSM und Gewalt, sodass sie die Intentionen und Emotionen dahinter verstehen?

BDSM ist für mich interaktive Erotik, Sex und Kommunikation. Gewalt ist auch Kommunikation, manchmal auch Sex, aber nicht erotisch. BDSM ist das Vehikel, einen stark abgeschirmten Kernteil meiner Persönlichkeit an eine andere Person andocken zu lassen. Das macht mich verletzlich - etwas, das ein gewöhnlicher Gewalttäter tunlichst zu vermeiden suchte.

- Wie überwindet ihr eigene Assoziationen zwischen Schlägen und Gewalt, wie lernt ihr, diese eventuell zu erotisieren oder zumindest zu genießen?

Ich hatte als Top sehr lange eine Abneigung gegen starre Schlaginstrumente (Rohrstock, Paddle, Gerte usw.). Aufgrund traumatischer Kindheitserlebnisse wollte ich damit nichts zu tun haben und nutzte vorwiegend meine Hände. Fotos, was da mit jenem Werkzeug angerichtet wurde, stießen mich ab und brachten mich auf.
Das hat sich mit meiner Gefährtin sehr schnell und grundlegend geändert. Heute setze ich das alles regelmäßig und mit deutlichen Spuren ein. Ich denke, ihre offenen Reaktionen haben mir entscheidend geholfen, diese Art Werkzeug und ihre Spuren anders - d.h. erotisch - einzuordnen.
*******dor Mann
6.019 Beiträge
...
Gewalt bezeichnet übrigens sowohl rechtmäßige wie unrechtmäßige Beeinflussung.
*****ssA Frau
2.341 Beiträge
****yn:


Meine konkreten Fragen sind:

• Wie erklärt ihr Menschen, die sich vehement gegen Gewalt aussprechen, den Unterschied zwischen BDSM und Gewalt, sodass sie die Intentionen und Emotionen dahinter verstehen?
• Wie überwindet ihr eigene Assoziationen zwischen Schlägen und Gewalt, wie lernt ihr, diese eventuell zu erotisieren oder zumindest zu genießen?

Zur ersten Frage...Ich hatte hatte mal einen ähnlichen Thread in einer SM-Gruppe, in der es auch um das Thema..."wie erklär ich's denn" ging...ich musste mit der Zeit für MICH feststellen...gar nicht! Gerade Menschen, die SM/BDSM whatever... nichts abgewinnen können, kann ich sonst wie hoch philosophisch/emotional/bildlich versuchen zu erklären, wie es sich für mich anfühlt, was es mit mir macht, das ICH das so möchte! Sie werden es nicht verstehen...und müssen sie auch nicht.
Denen, den ich's versucht habe zu erklären, akzeptieren es...alles andere macht für mich keinen Sinn (mehr).
Davo mal abgesehen, Ich kann bestimmte Praktiken auch nicht nachvollziehen, auch wenn mir versucht wurde zu erklären, welche Intentionen dahinter stehen. Es ist für mich ok.

Zur zweiten Frage...bestes Beispiel war bei mir -die Ohrfeige-, ich habe sie bis vor einiger Zeit als "übergriffigen Gewaltakt" gesehen und war für mich ein no Go (auch aus schlechten Erfahrungen heraus)! Ähnlich, wie bei dir, war die Fantasie und der Wunsch aber da, mich Ohrfeigen zu lassen. Ich habe das klar mit meinem Partner kommuniziert und wir haben's "probiert"...es war ein (schleichender) Prozess, ich merkte, das es etwas anderes war...es fühlte sich ungewohnt an, aber definitiv nicht wie ein übergriffiger Gewaltakt, den ich nicht wollte. Er (Sadist) bringt ne Menge Erfahrung mit, war behutsam und hat mich entscheiden lassen, Wann...mich darum bitten lassen. So wurden vom anfänglichen "ditsch ditsch", heute harte Ohrfeigen, die ich unheimlich genießen kann, die mich extrem pushen und um die ich mittlerweile auch bettel, wenn ich sie nicht bekomme. Es fühlt sich gut an! Es war aber, wie schon beschrieben ein Prozess und wir sprechen intensiv über Ängste, aber auch Wünsche, die Ängste beinhalten.

IdS *victory*
***88 Paar
2.188 Beiträge
Sie von FK888 schreibt:

****yn:

Ich selbst habe zum Beispiel auch das Problem, dass ich Ohrfeigen nicht vom Gewaltkontext trennen kann, obwohl ich mich in meinem BDSM oftmals durchaus fest schlagen und verletzen lasse, sodass Blutergüsse und allerlei andere Male entstehen.

Ohrfeigen betrachte ich auch in einem sehr speziellen Kontext. Diese mag ich auf keinen Fall haben.

****yn:

Auch ich selbst würde gerne lernen, Ohrfeigen von Gewalt zu trennen und frage mich, ob jemand schonmal so etwas wie (Eigen)Konditionierung in diesem Bereich ausprobiert hat.

Ich gebe zu, ich traue mir nicht zu diesen Schritt zu gehen. Ich will gar nicht versuchen dies gedanklich zu trennen. Ich kann auf Ohrfeigen gut verzichten. Und möchte nie wieder eine empfangen.

****yn:

Wie erklärt ihr Menschen, die sich vehement gegen Gewalt aussprechen, den Unterschied zwischen BDSM und Gewalt, sodass sie die Intentionen und Emotionen dahinter verstehen?

Gar nicht. Zumindest mache ich mir nicht die Mühe. Ich muss/will mich nicht erklären.

Wenn sich jemand dafür interessiert und mich darauf anspricht, dann ja. Natürlich würde ich versuchen meine Intentionen und Gefühle zu beschreiben. Dass es um Lust geht und nicht ums "Drauf hauen".

Ansonsten reicht mir der Austausch mit Gleichgesinnten. Und da finden sich glücklicherweise genügend Leute in meinem Leben. *g*
*******xty Frau
1.387 Beiträge
Womöglich rede ich jetzt am Thema vorbei..
es ist ein essay, ein "Versüchle" :

Es gibt ja die verschiedensten Methoden, die Grenzen der eigenen Befangenheit/ des eigenen Selbstes, zu überwinden. Klassische Methoden sind Fasten und Beten, Flagellantentum, intensives Yoga...Meditation, etc.

Es geht auch über den Sex, über das Warten eines Motorrads, über Selbstloses Dienen,

Und es geht auch über den Schmerz.

Ich komm ja vom Yoga und da isses einfach so, dass man den Schmerz (das körperliche Empfinden) in schwierigen Stellungen, die einem weh tun, solang ignoriert, bis man in einem Betriebszustand ist, wo man den eigenen Körper vergisst, nicht mehr spürt, ganz woanders ist. Und dabei die Stellung hält.

Es gibt auch Techniken, umgekehrt sozusagen, wo man das körperliche Wahrnehmen, die Aufmerksamkeit derartig verfeinert, (sich auf das körperliche Empfinden konzentriert) dass man schon abfährt, wenn einem jemand mit seinen Wimpern das Ohrläppchen liebkost.

Was ich bis jetzt noch nicht verstanden habe ist, wie das mit dem "sich gegenseitig" oder auch "einseitig" weh tun- bis hin zur Körperverletzung ist. Ob man dabei in einen meditativen Zustand hinein gerät- aus sich selber raustreten kann- oder ob es lediglich die "Triebabfuhr" bedient.

Einer der besten Freunde meines Vaters ist bei Würgespielen erstickt...
********iebe Mann
10.678 Beiträge
Hm. Ich bin jetzt nicht ganz sicher, ob ich das Problem verstehe. Es scheint sich überhaupt um zwei verschiedene Fragen zu handeln.

Die erste ist eine allgemeine. Die lässt sich ganz leicht beantworten und darüber herrscht unter BDSMler eigentlich Übereinstimmung: Gewalt beginnt dort, wo die Freiwilligkeit und Einvernehmlichkeit aufhört. Egal, zu welchem Zeitpunkt und bei welcher Intensität das der Fall ist. Der Konsens ist entscheidend, ob man das nun SSC oder RACK nennt.

Also jetzt zu eurer speziellen:
Das ist viel schwieriger zu beantworten, weil ihr eine sehr besondere menage á trois habt. Du zwischen zwei Doms, der eine psychisch, der andere physisch. Und zumindest einer von ihnen kann mit der Vorgangsweise des anderen nichts anfangen. Das hat Konfliktpotential.
Was mich und auch andere hier etwas verwundert. Ich meine, es ist ja gerade in unserer Szene nicht unbekannt, dass körperlich gespielt wird. Und er weiß auch, dass der andere es macht, mit deinem Einverständnis, dass es sich also eben nicht um Gewalt handeln kann. Er muss es hingegen nicht machen, wenn es ihm nicht zusagt. Wo liegt also sein Problem dabei? Ich kann mir nur vorstellen, dass er es aus rein ästhetischen Gründen nicht goutiert, dass ihm deine Haut unversehrt lieber wäre. Aber damit muss er allein fertig werden. So lange du damit einverstanden bist, steht ihm Kritik nicht zu. Er kann maximal eure komplette Konstellation in Frage stellen.
Andererseits musst du seine Missbilligung nicht überbewerten. Soll er doch mit seinem Mienenspiel zeigen, dass er nicht einverstanden ist - wenn er ein Problem damit hat, dann soll er es behalten, es ist seines und nicht deines!

Aber offenbar willst du ihm dabei helfen es zu akzeptieren. Dann rede mit ihm und sag ihm, dass du den anderen Mann genau dafür hast, dass er dir diese Spuren zufügt. Mehr oder weniger musst du ihm dasselbe sagen wie einem Vanilla, der konsterniert entdeckt, dass du dich nicht alle Tage mal ungeschickt an der Tischkante stößt.
Auch dein Dom übt ja "Gewalt" aus, oder? Nicht körperliche halt, aber psychische. Oder Nötigung, Freiheitsberaubung, was weiß ich.
Letztlich definierst DU, was Gewalt ist, weil du das "Opfer" bist. Nicht er, nicht irgendein Polizist oder Richter, nicht die WHO. Er wird es akzeptieren müssen. Du kannst es ihm erklären, aber wenn er es nicht verstehen will, kannst du auch nichts machen.

Aber ehrlich gesagt war ich noch nie in der Situation, einem BDSMler den Unterschied zwischen BDSM und Gewalt erklären zu müssen. *gg*

Er von Drachenliebe schrieb
********iebe Mann
10.678 Beiträge
*****ite:
Obwohl er in anderen Bereichen ziemlich hart und unerbittlich ist, viel mit Grenzen spielt und mir oft einiges abverlangt - teilweise auch sehr willkürlich ist

Wie kann das eine ok sein aber das andere unverständlich?
Ich vermute dass er es schon nachvollziehen kann. Was dein Freund auf körperliche Art macht, macht er auf seelische.
Er mag halt vielleicht nur nicht mit den Spuren eines Anderen konfrontiert zu werden.

Ich glaube, du hast den Kopf auf den Nagel getroffen.
Mit beidem.
*****lnd Mann
27.765 Beiträge
Das greift alles tief
in unsere Erziehung. Ich war noch Opfer der Nachnazizeit. Der Lehrer der ersten Klasse z.B. hatte wie eine Panflöte Rohrstöcke an der Wand, die er regelmäßig auf uns zersplitterte. Ohrfeigen waren ganz normal und maner meiner Lehrer schlug Mitschüler gnadenlos zusammen. Das galt als normal in der Meinung, "Schläge hätten noch nie geschadet" und würden anständige Menschen aus uns formen. Mein Vater, den ich später als bedauernswertes armes Würstchen begriff, hatte nur schlagende Argumente, zog im Laden zuweilen auch den Gürtel aus und verdrosch mich vor Kunden, z.B. weil ihm ein Quarkkuchen von der Platte gerutscht war und ich schadenfroh darüber gelacht hatte. Ich hatte nur Hass für ihn, Liebe war undenkbar.

Je nachdem, was wir erlebten, was uns vermittelt oder eingetrichtert wurde, entwickelten wir im Kontext mit anderen Erfahrungen auf Genbasis unsere Haltung zu Gewalt. Ich persönlich schwor mir, dass es niemals Gewalt gegen andere geben darf, schaffte es in der Schule später, mich Auseinandersetzungen ebenso fernzuhalten wie "Boygroups", die als marodierende Schlägerbanden durch die Gegend zogen.

Mein Beruf erforderte andere Mittel zur Erziehung junger Menschen in einer anderen Zeit. Ich hatte daher auch lange Bedenken in BDSM einzutauchen und schaffte es, indem ich klar trennte zwischen dem, was es an Gewalt gibt, und SSC. Das bedingte von vornherein, dass mein D/s kein Strafkonzept sondern nur eine Lustmotivation beinhaltet, die ich über Hypnose absichere. Das heißt, Schläge werden in der Erregung dienende Lustimpulse verwandelt. Das bedeutet weiter, dass ich nie eine Sub haben konnte, die Schmerzen oder Strafen als Selbstzweck begreift. Aber ich bin Sadist genug, um meine eigene Lust an dem zu entzünden, was einvernehmlich denen geschieht, die meine Art gut finden. Und besonders Ohrfeigen sind eines meiner Mittel zur Umschaltung von Augenhöhe zum Submodus oder in Salven zur Erregungssteigerung bis hin zum Fliegen.

• Wie erklärt ihr Menschen, die sich vehement gegen Gewalt aussprechen, den Unterschied zwischen BDSM und Gewalt, sodass sie die Intentionen und Emotionen dahinter verstehen?

Gewalt ist blind, Gewalt ist wütend, Gewalt ist verbrecherisch, nicht selten aus dumpfen, feindseligen Gefühlen stammend oder auch aus Sprüchen, dass Mann sich nichts gefallen lassen dürfe- Gewalt zeigt das hässliche Gesicht der Kreatur. Wenn ein Mann seine Frau in blinder Wut schlägt, dann bedroht er ihr Leben.

Einvernehmliche Gewalt dient ganz anderen Motiven, pauschal dient sie der Lust des Menschen, gibt es einen Gebenden und einen Nehmenden. Sie ist Schwester der Sexualität.


• Wie überwindet ihr eigene Assoziationen zwischen Schlägen und Gewalt, wie lernt ihr, diese eventuell zu erotisieren oder zumindest zu genießen?

Ich hatte diese Assoziationen nie und konnte stets zwischen Gewalt und Lustprinzip unterscheiden
****yn:
Wie erklärt ihr Menschen, die sich vehement gegen Gewalt aussprechen, den Unterschied zwischen BDSM und Gewalt, sodass sie die Intentionen und Emotionen dahinter verstehen?

Es gibt ein nettes Buch mit dem Titel „BDSM - wenn der Spaß zur häuslichen Gewalt wird“. In diesem Buch geht es grundsätzlich um das Thema Häusliche Gewalt mit BDSM-Kontext.

Ganz nebenbei wird aber auch erklärt, wo die Abgrenzung von BDSM zur Gewalt ist und warum einvernehmlicher Sadomasochismus mit realer Gewalt nichts zu tun hat.

War mir immer zu blöd mich mit BDSM Kritikern in meinem persönlichen Umfeld auseinanderzusetzen, habe einfach einige Exemplare verschenkt. Der Diskussionsbedarf hielt sich dann immer in Grenzen. Wirkt schon, wenn diese Informationen von einer Autorin kommen, die dem BDSM selbst kritisch gegenübersteht. *floet*

Taschenbuch: 126 Seiten
Verlag: Verlag 3.0 Zsolt Majsai
ISBN-10: 3944343832
Komplexität
Wie und wo anfangen...?

Vielleicht persönlich. Wenn ich in den nachfolgenden Zeilen von Gewalt spreche, meine ich meist physische Gewalt. Der psychische Aspekt ist viel zu komplex als dass ich groß darauf eingehen möchte.

Ich selbst habe nur wenig Gewalt erfahren und bis auf eine sehr leichte Prügelei im Kindesalter mit meinem damals besten Freund (und eine Menge mehr Raufereien mit meinen Geschwistern, die ich alle furchtbar lieb habe), habe ich auch niemandem Gewalt zugefügt.

Ich habe absolut keine Erfahrung mit SM oder BSDM. Ich kann also gar nicht darüber sprechen. Denn um über etwas sprechen zu können, muss man wissen, worüber man spricht. Genausowenig kann ich jemandem sagen, wie es sich anfühlt, im Weltall spazieren zu gehen.
Und solange ich diese Erfahrung nie selbst erlebt habe, werde ich auch niemals in der Lage sein, es nachzuFÜHLEN.
Niemand kann jemand anderem ERKLÄREN, wie es sich ANFÜHLT, verliebt zu sein. Gefühle kann man nicht erklären. Die Erklärung von Gefühlen scheitert bereits an der ersten Hürde: Die Übermittlungsform - die Sprache.
Selbst wenn der Mensch, dem ich etwas erklären möchte, unter jedem Wort, welches ich ihm sage, dasselbe versteht wie ich (was nicht der Fall ist), wird es ihm am Ende nicht möglich sein, aus dem Gesagten die gleichen Gefühle abzuleiten. Selbst wenn ich versuche, meine Sprache so gewählt wie möglich auszudrücken, so sinnlich (in dem Sinne, dass ich die menschlichen Sinne versuche anzusprechen) wie möglich, ist es nicht möglich, dem anderen, diese Gefühle zu erklären.

Rational verstehen ist etwas anderes. Ich kann rational verstehen, wenn andere mir mitteilen, dass sie Gewalt in einem bestimmten Kontekt erotisch finden. Ich kann es verstehen, weil sie es mir mitteilen. Sofern ich davon ausgehe, dass es die Wahrheit ist, die mir andere Menschen erzählen, kann ich akzeptieren, dass es Teil der Realität ist. Dass es eben Menschen gibt, die so empfinden. Das ist der rationale Part.

Der emotionale Part ist wesentlich komplexer. Da strömt soviel zusammen.

Erst einmal: Kann ein Mensch etwas fühlen, was er nicht selbst erlebt hat? Nein!
Aber, warum ensteht zwischen einigen Menschen eine starke emotionale Verbindung, obwohl sie sich teilweise sehr stark voneinander unterscheiden? Die Frau kann von dem Gefühl beim Reiten sprechen und der Mann von dem Gefühl beim Autofahren. Es sind zwei unterschiedliche Tätigkeiten, aber die dabei entstehenden Gefühle können sich bisweilen ähneln. Und beide sprechen dann von der Freiheit, die sie fühlen. Die Welt an sich vorbeiziehen lassen. Den Kopf frei kriegen. Etc.
Die Sprache ist wieder die rationale Übersetzung der Emotionen und es verliert sich das Gefühl... das ist klar, aber es findet, obwohl die Tätigkeit eine andere ist, eine emotionale Übereinstimmung statt. Der eine empfindet scheinbar ähnliche Gefühle wie der andere, obwohl sich die Tätigkeit, bei der diese Gefühle entstehen, nicht dieselbe ist.

So, wie lässt sich das jetzt auf das Beispiel mit der Gewalt übertragen? Das ist tatsächlich eine Herausforderung. Und das hat unterschiedliche Aspekte. Ich stelle hier einige Behauptungen in den Raum. Ich bin weder Soziologe, Psychologe, noch sonst irgendein -loge. Also, alles ist nur meine Meinung (gepaart mir einer Menge Halbwissen und über die Jahre zusammengesammelten Bruchstücken von gesammelten Wissen)

Behauptungen:
1. Gewalt wird von einem Großteil der menschlichen Weltbevölkerung in beinahe jeder Kultur als etwas Destruktives und Negatives bewertet.
2. Gewalt in der Natur dient dem Arterhalt, dem Erlegen und anschließendem Verzehren von Beute und der Verteidigung gegenüber Feinden.
3. Negative Erfahrungen durch Gewalt (sei es im Kindes- oder im Erwachsenenalter) sind sehr weit verbreitet.
4. Kinder (und Jungs im Besonderen - auch wenn heutzutage anderes in den Medien behauptet wird) werden dazu erzogen, Gewalt als etwas Negatives zu betrachten. Und bei Nichtbefolgung der Erziehung droht Strafe - bisweilen in Form von Gewalt (oha!).
5. Die ausgeübte Gewalt beim Tier unterscheidet sich in vielen Aspekten von der ausgeübten Gewalt beim Menschen.

Nähere Betrachtungen

Punkt 1: Gewalt im menschlichen Zusammenleben
Was weiß ich über Kultur? Nicht genug, möchte ich meinen. Ich werde also auch hier wieder die Klappe halten über Themen, von denen ich nichts verstehe. Ich werde nicht die eine Kultur nennen und behaupten, in dieser Kultur sei es soundso (außer in der Kultur in der ich selbst lebe und zu der ich mir eine Meinung erlaube).
Was ich also noch dazu sagen kann ist:
a. Es gibt Kulturen, in denen ist der Gebrauch von Gewalt weniger gesellschaftlich geächtet und daher in der Erziehung auch weniger unterdrückt. Die Hemmschwelle zur Ausübung von Gewalt ist also gemindert.
b. Gewalt gegen Personen oder Tiere kann als Mittel zum Zweck dienen. Dieser Zweck kann sein:
1. zur Unterdrückung, Überwältigung oder Dominierung
2. zur Verteidigung (von sich selbst und/oder anderen)
3. zum Vergnügen

Lediglich die Verwendung von Gewalt zur Verteidigung wird in der westlichen Kultur mehrheitlich als etwas Positives gewertet (wenn auch nicht von jedem). Alle anderen Zwecke der Gewaltanwendung werden von der überwiegenden Mehrheit der Gesellschaft geächtet und von der StaatsGEWALT bestraft. Man ist zu der Einigung gekommen (wie auch immer man dazu gekommen sein mag...), dass es im Interesse aller ist, sich nicht gegenseitig Gewalt zuzufügen. Die Gründe dafür, warum diese Vereinbarung sich positiv auf das menschliche Miteinander und das Leben in einer zivilisierten Gesellschaft auswirken, sprengen den Rahmen dieser Diskussion. Einer davon ist jedoch der, dass sich nicht alle gegenseitig umbringen und somit den Zerfall der Zivilisation zur Folge haben.

Punkt 2: Gewalt in der Natur
Es gibt einen Fortpflanzungstrieb. Aber es gibt keinen Gewalttrieb. Man spricht daher von "Gewaltbereitschaft". Fortpflanzung ist ein Muss für Tiere, denn sonst sterben sie aus. Nahrungsaufnahme ist ebenfalls ein Muss. Ein Tier muss essen, sonst stirbt es. Es gibt viele Tiere, die sich ausschließlich von Pflanzen ernähren. Sind diese Tiere "gewaltbereit"? Ja, das sind sie: Sowohl die männlichen als auch die weiblichen Tiere sind in der Lage, sehr gewalttätig zu werden, wenn es darum geht, ihren Nachwuchs vor Feinden zu beschützen.
Allerdings sind es nur die Fleischfresser, die anderen Tieren "Gewalt" zufügen, um sie zu verzehren. Diese Gewalt dient aber nicht dem Lustgewinn, sondern lediglich dem Beschaffen von Nahrung.
Ebenso ist der Akt der Fortpflanzung unter Umständen mit Schmerzen verbunden. Ob jetzt aber ein Lustgewinn durch die Schmerzen stattfindet, bezweifle ich. Ich kenne allerdings nicht den derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Und ich schließe niemals etwas 100% aus. Also vielleicht empfinden Tiere ja etwas dabei. Und vielleicht empfinden sie Lust, wenn sie Schmerzen spüren und Lust, wenn sie anderen Tieren Schmerzen zufügen. Wir werden es wohl sobald nicht erfahren.

Punkt 3: Negative Erfahrungen durch Gewalt
Das Thema ist groß. Viel zu groß. Viel zu viel Unterbewusstes, Verdrängtes, Wiederholtes, Herbeigesehntes, Nachgeahmtes.
Ich gehe nicht darauf ein. Nur soviel: Unsere Kindheit, unsere Erfahrungen, unsere Erziehung, unser Umfeld (Freunde, Familie, Medien, Schule, etc.): Alles prägt uns auf so extreme Weise, dass dieser Punkt wenn es um das Thema Gewalt geht (aber auch jedes andere) niemals unterschätzt werden sollte. Der Mensch ist bist zu einem so extremen Grad sozialisiert, dass er in der Lage ist, seine eigene tierhafte Natur (und damit viele seiner Triebe) stark zu unterdrücken, sich psychologisch davon abzukapseln und nicht minder häufig auch davon krank wird.
Was uns beibegracht wird oder was wir nachahmen trägt den wahrscheinlich fundamentalsten Anteil dazu bei, wie sich jeder Mensch innerhalb einer Gemeinschaft verhält. Nicht umsonst ist die Anzahl der Menschen, die sich aktiv und bewusst gegen gesellschaftliche Zwänge und Konventionen durchsetzt so gering.

Punkt 4: Jungs schlagen keine Mädchen! Frauen und Kinder zuerst!
Emotionale Verankerung. Die Gesellschaft gibt das vor. Frauen werden (zumindest an der Oberfläche) in hohem Maße vor Gewalt beschützt. Auch wenn die Medien es häufig anders sehen: Die meiste Gewalt erfahren nach wie vor Männer durch andere Männer. Da gibt es genügend Statistiken.
Aber Gewalt gegen Frauen (und hier reden wir ausschließlich von ungewollter Gewalt) ist dennoch sehr hoch und weit verbreitet. Trotz der Erziehung. Oft im Affekt, aus Kontrollverlust, emotionaler Instabilität des Mannes.
Meine persönliche, etwas weniger gesellschaftlich akzeptable Meinung: Ich persönlich glaube, das Problem ist ein fundamentaler Mangel des Mannes, sein eigenes Gewaltpotential einzuschätzen, zu verstehen und zu kontrollieren.
Ich glaube wirklich, dass es weniger ungewollte Gewalttaten gäbe, wenn man Männern erlauben und zugestehen würde, Gewalt auszuüben. Undzwar bereits als Kinder. Um Grenzen verstehen zu lernen. Um zu lernen, wie weit sie gehen können. Und um zu lernen, wo die Grenzen sind. Werden diese Grenzen nie erfahren, gibt es keine Grenzen. Wird Gewalt niemals ausgeübt, staut sie sich an. Energie löst sich nicht auf. Sie wird irgendwann herausgelassen, entweder bewusst und gewollt oder unbewusst und ungewollt.
Ich glaube aber auch, dass es noch eine weitere Ebene gibt: Die Frau beschützt die Kinder. Der Mann beschützt die Frau (denn die Frau gibt Leben, Nachfahren).
Sich um Kinder zu kümmern, der Mutterinstinkt, ist in Frauen im Allgemeinen stark verankert. Ich glaube, in Männern ist ein Instinkt verankert, der Frauen beschützen möchte. Ich glaube daran. Es könnte auch völlig falsch sein (wie vieles, was ich hier von mir gebe).

Punkt 5:
Habe ich schon bei Punkt 2 und Punkt 4 mit untergebracht, denke ich.

Ein Punkt, der bisher von mir nicht zur Sprache gebracht wurde, aber unabdingbar ist...
Zusatzpunkt 6: Gewalt als Form der Zuneigung/Lust an Gewalt

Ein Punkt, zu dem ich nur bedingt etwas sagen kann und meine Meinung sicherlich mehr als angreifbar ist, da ich sie ja nicht selbst auslebe.
Ich glaube, viele Menschen haben erst einmal Angst davor, Gewalt zu erfahren. Und viele Menschen haben ebenfalls Angst davor, jemandem Gewalt zuzufügen.
Und das erst einmal unabhängig davon, ob diese Gewalt als etwas "Positives" oder "Negatives" empfunden wird. Das erste (Gewalt erfahren), weil es in der Regel etwas Unangenehmes ist, da Gewalt meist mit Schmerzen verbunden ist. Und Schmerzen in der Regel negative Gefühle und Effekte auf den Körper und die Psyche haben.
Und das zweite (Gewalt ausüben), weil uns beigebracht wurde, niemandem Gewalt anzutun, aber auch weil die Spiegelneuronen in unserem Gehirn uns mitfühlen lassen, wenn eine andere Person Schmerz empfindet.

Ohne mich mit der Praxis als solches auszukennen (und mir darf hier jeder SM und BDSM Experte gerne völlige Ahnungslosigkeit von der Materie attestieren):
Ich persönlich denke, dass Gewalt im ursprünglichen Kontext nichts Positives hat. Sie wird im Ursprung nicht dafür eingesetzt, um der Person, welche die Gewalt empfängt, etwas Gutes zu tun.
Ich denke, vieles sind Nachahmungen von Erlebnissen aus dem Elternhaus. Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Kind und Eltern. Die von den Eltern empfangene Strafe (physisch und psychisch) und gleichzeitige Liebe (die der Eltern zum Kind, aber auch die des Kindes zu den Eltern).
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich hier keine Wertung von mir gebe, sondern lediglich eine Ansicht. Es soll sich keiner von meiner Ansicht verletzt, angegriffen oder verurteilt fühlen. Es ist MEINE Ansicht. MEINE Ansicht negiert nicht die Ansichten anderer Menschen.

Okay... warum erzähle ich das überhaupt alles? Was hat das denn jetzt mit dem Thema zu tun?

Nun, einfach alles. Jeder einzelne Punkt betrifft den Menschen, der dir gegenübersteht. Die Gesellschaft, die Natur, die eigenen Erfahrungen mit Gewalt, die Erziehung. Die menschliche Persönlichkeit ist eine Anhäufung von all diesen Dingen, die sich als Glaubenssätze im eigenen Kopf zusammenfügen. Ein "Ego", welches man für sein Selbst hält. Es ist dein geglaubter Wesenskern, von dem du denkst, dass du es bist.

Natürlich ist der Mensch mehr als sein Ego. Denn das Ego ist niemals vollendet. Glaubenssätze verändern sich sehr oft - meinst passiv, manchmal aktiv. Es gibt so einige (wenn auch nicht überwältigend viele) Menschen, die daran arbeiten, ihr Ego bewusst zu zerstören, um auf den Trümmern des alten Selbst neue Gebäude zu errichten. Hier gibt es solche Menschen. Das einst für die einzige Realität gehaltene wurde gesprengt. Und es wurden neue Erfahrungen gemacht.

In der Vergangenheit habe ich oft gesagt "man kann niemanden ändern, es sei denn, derjenige möchte es selbst". Im Kern halte ich an dieser Überzeugung fest. Auch wenn sie einige Schwachstellen hat. Es gibt natürlich gewisse Möglichkeiten, eine Person gegen ihren Willen zu ändern. Aber das ist Gewalt. Es ist in gewisser Weise invasiv. Ein Einbruch in die Psyche eines anderen. Ein Angriff.
Inwieweit man damit konform geht, jemanden zu etwas zu zwingen, kann jeder für sich selbst entscheiden. Bei mir persönlich ist da eine Grenze erreicht, weil es bedeutet, jemand respektiert meine Grenzen nicht, erkennt mich als Mensch nicht an, weil er gewillt ist, meine Persönlichkeit zu zerstören, um seinen Willen durchzusetzen.
Auch Manipulation ist ein solches invasives Mittel. Nicht umsonst ist Manipulation Teil von Folter. Es geht darum, in den Kopf des anderen zu gelangen. Gehirnwäsche.

Der Film "Inception" ist in dieser Hinsicht sicherlich auch interessant. Das Konzept, jemand anderem eine Idee einzupflanzen, ganz tief im Unterbewusstsein, damit diese Idee zu einem Gedanken heranwächst und dieser Gedanke zu Handlungen. Soetwas geschieht jeden Tag. Wird sehen etwas und es bleibt irgendwo im Unterbewusstsein hängen. Und irgendwann kommen wir wieder darauf zurück und machen uns Gedanken darüber. Und dann handeln wir danach. Und plötzlich stehen wir an der Kasse mit dem neuesten Technik-Scheiß, den wir doch eigentlich niemals kaufen wollten. *zwinker*
Psychopathen sind ebenfalls Meister darin, in den Kopf eines anderen einzudringen und ihn zu manipulieren.

Ich hasse äußere Eingriffe in meine Psyche. Aber ich halte sehr viel davon, seine eigene Psyche als unfertige Baustelle zu betrachten. Nach wie vor ist nichts stärker als die intrinsische Motivation. Es kann noch so viel von Außen kommen, deine innere Motivation (sofern vorhanden) ist meist stärker.

Lange Rede kurzer Sinn: Den Mann von etwas zu überzeugen, welches seinen eigenen Überzeugungen zuwiderläuft ist (wie hoffentlich hinreichend erklärt) in vielerlei Hinsicht mit einigen Anstrengungen, Bedenken und Risiken (für ihn und seinem Umfeld) verbunden. Das ist Arbeit am geistigen Fundament eines anderen Menschen.

Mir kommen da viele Fragen: Rechtfertigt es der eigene Lustgewinn, einen anderen Menschen von seinen Überzeugungen abzubringen? Oder möchte man den anderen "nur" von seiner eigenen Ansicht überzeugen? Ein wenig missionieren? Oder geht es darum, sich selbst besser verstanden zu fühlen? Und wenn man von anderen besser verstanden wird, fühlt man sich dann mehr akzeptiert? Von den anderen oder von sich selbst?
Ich merke gerade, dass ich einiges falsch gelesen habe und möchte mich für einige Aussagen entschuldigen. Ganz besonders bei dir Kailyn. Will niemandem hier etwas unterstellen, was er gar nicht gesagt hat. *schaem* Ich lasse den Text dennoch unbearbeitet stehen.
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