Männer: Spielt das Geschlecht bei Anerkennung eine Rolle?
Hallo zusammen Vor einer Weile habe ich mir einen Vortrag von Vera F. Birkenbihl angesehen, in der sie unter anderem behauptete, dass Männer und Frauen Komplimente und Anerkennung unterschiedlich werten, je nachdem, von welchem Geschlecht diese Anerkennung kommt.
So sagte sie zum Beispiel:
"Männer definieren ihre Identität fast ausschließlich über andere Männer. (Élisabeth) Badinter, eine französische Philosophin, sagt in ihrem Buch über die männliche Identität,
dass ein Junge heranwächst, mit der Aufforderung: "Sei ein Mann."
Die Aufforderung "Sei ein Mann" impliziert, dass dies sich nicht von selbst versteht und dass die Männlichkeit vielleicht doch nicht so naturgegeben ist. Ein Mann zu sein geht einher mit Mühe, mit einer Anstrengung, die von der Frau anscheinend nicht gefordert wird. "Zeig, dass du ein Mann bist", so lautet die permanente Herausforderung, mit der ein männliches Wesen konfrontiert wird. Die Beweisführung muss mittels Leistung erfolgen.
Birkenbihl:
Interessant ist, wenn wir uns Initiationsriten anschauen: Es gibt weniger für Frauen und die wenigen sind eher ein Feiern der ersten Periode, ein Feiern des Tatbestands, dass sie jetzt weiblich geworden ist. Sie musste das nicht erringen, während es Männer erringen müssen, unter großen Schmerzen.
Birkenbihl zitiert weiter Badinter:
"Sei aber nicht nur ein Mann, sei ein richtiger Mann." Es sind die Männer, die sich untereinander abgrenzen, indem sie das Gütesiegel "richtiger Mann" anheften. Die Männlichkeit fällt einem nicht in den Schoß. Sie ist ein Artefakt. Unter solcher läuft er ständig Gefahr, bei einer Unzulänglichkeit ertappt zu werden.
Birkenbihl:
Um einen Mann auszuzeichnen, genügt es zu sagen "Er ist ein Mann." Wenn wir über eine Frau sagen würden "Sie ist eine Frau", würden alle sagen "So what?" Aber für einen Mann ist das sehr wichtig.
In unserer Gesellschaft ist es mittlerweile okay, eine burschikose Frau zu sein, aber ein weicher Mann ist noch nicht ganz angekommen. Frauen akzeptieren ihn bereits, Männer meistens nicht, weil er sie bedroht. Weil es nicht in das Schema passt.
Einerseits klagen die Feministinnen, dass die Männer uns so unterdrücken [...], andererseits haben wir (Frauen) Männer in unserer Gesellschaftsform zu den Soldaten gemacht. Das heißt "Ein Junge weint nicht" geht einher mit "Frauen und Kinder werden im Zweifelsfall zuerst gerettet". [...] Wenn es nachts um drei im Haus rumpelt, muss er gehen und gucken. Nicht die Emanze, die geht dann nicht.
Das heißt, wenn wir Männer zwingen, einen Körperpanzer zu tragen, machen wir sie halb taub, damit sie nicht Angst haben im Zweifelsfall, wenn es drauf ankommt. Das muss der Soldat tun, er muss einen Teil seiner Persönlichkeit absplitten. Diese innere Einstellung müssen Männer entwickeln. Darum ist es so wichtig, dass sie von anderen Männern akzeptiert werden, darum gibt es Männerbünde und all diese Dinge. Eine Frau kann einem Mann nicht sagen, dass er ein richtiger Mann ist.
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Birkenbihl geht weiter darauf ein, dass Männer von Frauen vor allem sexuell und optisch anerkannt werden wollen, wohingegen die Lebensbereiche, in denen sie ein "richtiger Mann" sein müssen - Tapferkeit, Lebenstüchtigkeit, Stärke, Leistung - die Anerkennung anderer Männer erfordert und Männer deshalb zur Hordenbildung neigen - Frauen zu Grüppchen.
Auch Eleanor E. Maccoby beschreibt in ihrem Buch "Psychologie der Geschlechter" die Unterschiede bei Komplimenten und Anerkennung zwischen Frauen und Männern.
Zudem weisen unterschiedliche Studien immer wieder darauf hin, dass Männer in Beziehungen jeglicher Art vor allem Anerkennung wollen. Einige Studien zeigen sogar, dass manche Männer Anerkennung der Liebe vorziehen und lieber respektiert als geliebt werden.
Ich selbst erwische mich manchmal dabei, dass ich Komplimente zu meinem Aussehen unterschiedlich bewerte, je nachdem, ob sie von einer Frau oder einem Mann kommen. Ich habe das schreckliche Vorurteil, dass Männer meist eine sexuelle Agenda verfolgen, noch nicht ganz ablegen können und neige manchmal dazu, Komplimente von Frauen als ehrlicher einzustufen.
Meine Fragen zu dieser Thematik sind folgende:
• Findet ihr euch in dem obigen Text wieder? Stimmt ihr zu, dass Männer mehr leisten müssen, um als "richtiger Mann" anerkannt zu werden?
• Ist euch die Anerkennung anderer Männer wichtiger, als die Anerkennung von Frauen?
• Gibt es vielleicht Bereiche, wo ihr lieber Komplimente von Frauen bekommt, als von Männern, und umgekehrt?
Ich habe manchmal das Gefühl, dass Männer sich sehr geschmeichelt fühlen, wenn ich ihr Aussehen und ihre Leistung als "Versorger" und "Macher" anerkenne, wenn sie von mir Komplimente zu ihrem Körper, ihrer sexuellen Leistung, ihrem beruflichen Erfolg und Handwerk bekommen. Aber sobald ich sie für zum Beispiel körperliche Stärke, Mut, Talent, Triumphe über andere und Konkurrenzfähigkeit loben will, scheinen manche das nicht mehr so ernst zu nehmen. Liege ich da einem Missverständnis auf?