Es gibt durchaus Leute in der Autisten-Szene, die den Begriff "Behinderung" in Bezug auf den Autismus ablehnen, sondern ihn einfach als eine andere Form des Seins definieren.
Nun, ich denke, die eine Sicht schließt die andere nicht aus. In Bezug auf bestimmte Abläufe sind Autisten durchaus behindert in dem Sinne, dass ihnen bestimmte Dinge schwerer fallen als anderen, dass z.B. soziale Interaktionen für sie sehr anstrengend sein können.
Generell neige ich jedoch dazu, den Unterschied zwischen Autisten und Nicht-Autisten nicht allzu hoch anzusehen ... manchmal habe ich den Eindruck, dass einige diesen Unterschied gerne mal etwas überbetonen. In der Autisten-Szene gibt es genau solche Gruppennormen etc. wie unter sog. "eNTen".
Weder sind Autisten besonders begabt - außer die extrem seltenen Inselbegabungen -, noch sind sie besonders dumm, alles ist wie in der "Normalbevölkerung". Natürlich gibt es Besonderheiten. Schulabschluss und evtl. Studium gibt es relativ häufig. Ich habe einen Doktortitel ... das kommt auch nicht selten vor. Aber im beruflichen Bereich gibt es überdurchschnittlich häufig Probleme, weil das Arbeiten im Team und die geforderten Flexibilität eben extrem stressig bis unmöglich ist ... und die Integrationsämter mit den Besonderheiten des Autismus häufig nicht vertraut sind. Bei entsprechendem Verständnis und entsprechender Förderung - so bin ich überzeugt -, könnte ein Großteil der Asperger-Autisten berufstätig sein ... und ein großer Teil ist es auch.
In diesem Sinne ist man dann wirklich be-hindert. Viele Autisten wirken eigenwillig, manche aber auch ziemlich normal, andere wirken vielleicht auch etwas bizarr. Und einige sind nicht be-hindert, sondern werden auch manchmal be-hindert, wenn gerade professionelle Berater z.B. sich nicht vorstellen können, dass das, was anderen Entspannung bietet, für Autisten gerade Hyperstress ist: soziale Interaktion ... deswegen gibt es für viele Autisten keine geigneten Anlaufstellen, weil die Tipps der Profis nach Schema F hier meist nicht greifen ... und die Berater das häufig gerade nicht kapieren.)
(Nicht jede soziale Interkation ist Stress, bestimmte Formen menschlicher Begegnung sind es bei mir z.B. weniger, das ist individuell ganz unterschiedlich und Interaktion kann durchaus sehr gewünscht sein. Das ist es ja: das vorhandene soziale Bedürfnis ist in gewisser Weise be-hindert.)
PS. Alles ist - wie immer - meine subjektive Sicht.