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Natürlich beeinflussen Botenstoffe und Hormone unser Verhalten in bestimmten Zusammenhängen - nur sind diese Botenstoffe nicht exklusiv bei einem Geschlecht vorhanden sondern sie wirken bei beiden - in unterschiedlichen, individuell verschiedenen und durchaus auf verschiedenen Wegen beeinflussbaren Konzentrationen. Wenn die individuellen Unterschiede innerhalb eines Geschlechtes größer sein können als die angenommenen durchschnittlichen Unterschiede zwischen den Geschlechtern, wie viel Sinn ergibt dann eine dogmatische Trennung zwischen Geschlechtern?
Ich bin da ganz bei dir.
Ganz im Gegenteil empfinde ich die Deutlichmachung der angeblichen Unterschiede als sehr gefährlich. Denn sie führen genau zu diesem Typisch Mann, Typisch Frau Gedöns.
Ich versuche es mal anhand der Hyperaktivität zu erklären. Hyperaktiven Kindern steht der Botenstoff Dopamin nicht in dem nötigen Umfang zur Informationsverarbeitung zur Verfügung, diesen Mangel versuchen sie durch Aktivität und der damit zusammenhängenden Adrenalinausschüttung zu kompensieren. Aber der Mangel an sich ist nicht zwingend gleich groß und damit nicht in Größen wie Grammzahlen zu bemessen. Hinzu kommen individuelle Unterschiede von Intelligenz und Förderung und schon gibt es nicht mehr "die hyperaktiven Kinder", sondern ganz individuelle mit unterschiedlicher Ausprägung der Hyperaktivität. Der Dopaminmangel kann manchmal im Rahmen der Pubertät und den damit einhergehenden Hormonumstellungen verschwinden, manchmal aber eben auch nicht.
Was also tun? Leider wurde irgendwann das Ritalin bzw Methylphenidat erfunden, welches eigentlich den Dopaminmangel ausgleichen und vorzugsweise den Aktivitätsdrang einschränken soll. Allerdings mit sehr unterschiedlichen Erfolg. Man kann aber auch, statt sich auf die Chemie zu verlassen, die Kinder angepasst fördern und ihren jeweiligen Aktivitätsdrang unterstützen. Dafür werden auch Elterntrainings angeboten, um den Umgang und damit auch die Kommunikation mit hyperaktiven Kindern zu lernen.
Also wird genau da angesetzt, wo nach meiner Meinung bei dem Problem Mann - Frau angesetzt werden muss. Nämlich an der gemeinsamen Kommunikation gepaart mit gemeinsamen Erfahrungen.
Und ich gehe jez mal davon aus, dass es in bestehenden Beziehungen den Wunsch zur gemeinsamen Lösung gibt. Genau das fällt dann auch mit in die Beziehungsarbeit, die ja heute so verpönt wird und negativ behaftet ist.
Die richtige Kommunikation ist auch schwer. Wenn ich etwas einem Menschen erkläre und er versteht es, heißt das noch lange nicht, das der nächste Mensch, dem ich das genau so erkläre, ebenso einfach versteht. Ich muss also meine Kommunikation umstellen. Hinzu kommt, dass wir eben auch aus unseren Erfahrungswerten heraus kommunizieren. Sprich Jemand sagt etwas, ich verstehe es nach meinem Erfahrungswert, aber der Sender hat es anders gemeint. Das heißt, ich muss jeden neuen Menschen, den ich kennen lerne auch als neuen Sender identifizieren, tue ich das nicht, kommt es zu Mißverständnissen. Wichtig bei der Kommunikation ist immer auch die Frage WIE wird kommuniziert. In Beziehungen heißt das z.B. nicht "DU bist negativ", sondern "ICH empfinde es als negativ". Ist übrigens bei hyperaktiben Kinden auch so. Die Vorwürfe, die automatisch aus dem "DU bist..." entstehen, machen die Kommunikation automatisch negativ und führt nicht selten dazu, dass sich die Kommunikation im Kreis dreht, weil auf dem Negativen rumgeritten und das Positive zu wenig beachtet wird.