Is ja schon ein sehr komplexes Thema. Ich glaub, ich fang mal mit der Kindheit an, denn da hat ja alles seinen Ursprung.
Liebe zeigen wir ja oftmals durch Aufmerksamkeit, egal ob nun in Form von Umarmungen, Streicheln, liebevollen Worten, all diese Zeichen von Zuneigung oder Liebe geben und empfangen wir als Aufmerksamkeit. Und das ist es, was alle Kinder wollen.... Aufmerksamkeit. Nun ist es leider so, dass wir als Kinder ja auch mal Dinge falsch machen, leider werden diese oftmals mit Strafen belegt. Das Kind aber, bekommt trotzdem Aufmerksamkeit, und da Kinder noch nicht zwischen negativer und positiver Aufmerksamkeit unterscheiden können, kann es dazu führen, dass mehr negatives Verhalten gezeigt wird, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Ein Mechanismus, der nur schwer abstellbar ist.
Nun hab ich ja selbst ein hyperaktives Kind groß gezogen, die nunmal noch mehr Aufmerksamkeit fordern und oftmals auch mehr anstellen, weil sie vielseitig interessiert sind, durch Bewegung Ersatzhormone zur Infoverarbeitugn gebildet werden usw usf. Hier hat die Psychologie den Ansatz der positiven Verstärkung entwickelt, sprich positives Verhalten wird belohnt und daher gefördert. Ein System, welches nicht nur meinem hyperaktiven Sohn, sondern auch meiner "normalen" Tochter entgegen kam. Soviel dazu, was ich eigentlich damit sagen will, ist, dass man auch in der Kindererziehung heutzutage immer mehr und mehr auf positives Verstärken setzt. Vielleicht für den Ein oder Anderen ganz interessant.
Nun zur Beziehung. Als ich diesen Ausdruck "am längeren Hebel sitzen" las, lief es mir ja eiskalt den Rücken runter. Wie bitteschön, kommt man denn in einer wie auch immer gearteten Beziehung zwischen Menschen darauf, am längeren Hebel sitzen zu wollen oder gar zu müssen?
Eine Beziehung, welcher Art auch immer, ist immer gleichberechtigt.
Daher sollte sich Jemand, der tatsächlich den Wunsch verspürt, am längeren Hebel zu sitzen, mal hinterfragen, warum das so ist.
Nun ist es auch im Erwachsenenalter so, dass wir unsere Liebe durch Aufmerksamkeit zeigen, daher ist der hier angesprochene Liebesentzug aus meinem Verständnis heraus ein Entzug der Aufmerksamkeit.
Ich war vor einigen Jahren längere Zeit mit einem Mann mit Beziehungsangst zusammen, damals las ich auch viele Beziehungsratgeber, um ihm das "sich öffnen" zu erleichtern. Da gibt es sehr interessante Dinge, 3 davon hab ich für mich (nicht nur beziehunsgtechnisch) übernommen.
1. Liebes-, Aufmerksamkeits- und/ oder Sexentzug sind in Beziehungen völlig fehl am Platz, da sich immer der Strafende auch selbst bestraft, war ja hier auch schon zu lesen. Jemand, der nun dadurch, wie bei dem Beispiel A und B, mal mehr Aufmerksamkeit erfährt, also die Co-Abhängigkeit entsteht, wie von Grren_eyes_love so schön beschrieben, wird auf die Dauer immer mehr und mehr Aufemrksamkeit wollen, weil er sich eben auch selbst bestraft. Zwar kann es dazu kommen, dass der Willen von B tatsächlich dadurch gebrochen wird, allerdings denke ich, dass dies bei immer weniger Menschen der Fall sein wird, weil das Selbstbewußtsein der Menschen oftmals größer ist als früher. Entsteht tatsächlich eine Co-Abhängigkeit mit einem wenig selbstbewußten Menschen, kann diese für lange Zeit Bestand haben. Diese Co-Abhängigkeiten entstehen ja oftmals auch in Beziehungen mit Narzissten, allerdings nicht dadurch, dass der abhängige Partner so wenig Selbstbewußtsein an sich mitbringt, sondern dadurch, dass der narzisstische Partner das Selbstbewußtsein beim abhängigen Partner nach unten manipuliert. Trotzdem kenne ich Viele, die sich auch aus Beziehungen mit Narzissten gelöst haben, es ist also möglich. Allerdings straft sich der Narzisst nicht nur dadurch selbst, dass sich der Partner irgendwann löst, oftmals leidet der Narzisst selber unter seinem Verhalten nur kann er nicht aus seiner Haut.
Hierbei zum Tragen kommt auch, dass wir Menschen nicht verändern können, selbst unsere Kinder nicht, die können wir führen und leiten, mehr aber auch nicht. Ein Mensch kann sich nur aus sich heraus ändern, weil er es so will. Dies geschieht aber meist nicht durch negativen Druck, sondern auch hier wieder aus der positiven Verstärkung heraus. Dies kann in Beziehungen meist nur durch Zeigen, indem man z.B. auch für Jemanden da ist, wenn er erkrankt und er sich dadurch mehr öffnet, oder durch Reden geschehen und damit kommen wir zu Punkt 2
2. In einer Beziehung sollte regelmäßig geredet werden, nicht nur zeitnah, sondern auch regelmäßig in Form von festen Terminen, bei denen man sich z.B. bei einem Glas Wein zusammen setzt und spätestens dann offen und ehrlich kommuniziert wird, wie es Einem geht, auch in der Beziehung, was kann oder sollte verändert werden usw usf. Dies bietet dann nicht nur Gelegenheit, eigene Wünsche oder Dinge, die einem stören, wie die berühmte ausgequetschte Zahnpastatube, anzusprechen, sondern auch gemeinsame Lösungen zu suchen und zu finden.
3. Und auch dieser Punkt schließt sich nahtlos an, wobei ich ihn für den wichtigsten halte. Man sollte niemals sauer aufeinander schlafen gehen. Denn dies ist tatsächlich der größte Killer der Gefühle und damit auch der Beziehung und dies sollte sich Derjenige, der Liebesentzug als Druckmittel in einer Beziehung einsetzt, auch mal vor Augen führen. Auch seine Liebe zum Partner wird mit der Zeit abnehmen, wenn er sauer auf den Partner einschläft.
Nun zu dem Punkt, der hier auch angesprochen wurde, dem Unterscheiden von "Sich zurückziehen" und Liebesentzug. Ich setze jez mal voraus, dass in einer langjährigen Beziehung, man sich gut genug kennt, um das unterscheiden zu können, ansonsten hilft, und auch das wurde hier schon geschrieben, das Reden. Auch darf nachgefragt werden, warum der Partner sich jez gerade so verhält und es sollte Niemanden schwer fallen, dann auch z.B. zu sagen "Ich hatte Stress an der Arbeit, mir gehen soviele Dinge durch den Kopf" und dies sollte dann auch als wahrheitsgemäß angesehen werden und nicht aus vorherigen schlechten Erfahrungen heraus, wo in demPunkt gelogen wurde, beurteilt werden.
Im BDSM Kontext gehe ich jez auch mal davon aus, dass die Partner als gleichberechtig angesehen werden, zumindest hab ich dass aus vielen Gesprächen mit BDSMlern so erfahren. Sollte im Spiel Liebesentzug in irgendeiner Form eingesetzt werden, denke ich jez mal, dass dies dann vorher auch genau so als okay kommuniziert wurde. Dominanz heißt ja nicht Machtausübung und Brechen des Willens, sondern beinhaltet vorallem auch den bewußten Umgang mit der Verantwortung für die untergebene Person.
Was also kann man tun?
Aus meiner Sicht.... Dafür sorgen, dass unser Selbstbewußtsein stark genug ist. Und unseren Freunde, die in Beziehungen mit Liebesentzug festhängen, den Rücken und ihr Selbstbewußtsein stärken, denn auch aus so einer Beziehung lösen kann der Mensch nur aus sich heraus.
Ich schreibe das alles übrigens nicht in der männlichen Form, um Männern ein bestimmtes Verhalten zu unterstellen, sondern der Einfachheit halber. Das läßt sich alles genau 1:1 auch auf Frauen anwenden, nicht das hier ein anderer Eindruck entsteht.
So, habe fertig, sorry, für den langen Text, aber das Thema ist in meinen Augen zu komplex