Egal wie man es nennt, es geht um den Inhalt hinter dem Wort. Das
Wie der Handlung ist entscheidend und sie wird dann eben Ghosting, Caspering oder Whatever genannt. Wem jemals ein Kontaktabbruch in einer Beziehung widerfahren ist, der dem Stand der Beziehung absolut unangemessen war und der dadurch den Boden unter den Füßen verloren hat, der ist froh, wenn er im Sinne der Erkenntnis und Heilung dem Verhalten des "Partners" einen Namen geben kann. Und er wird aufgrund der Intensität dieser speziellen Erfahrung auch keine Witzchen mehr darüber machen.
Das ist eben das Wesensmerkmal einer toxischen Beziehung/Erfahrung: sie tut unnatürlich stark weh. Wahre Liebe, bzw. eine gute Beziehung, bzw. ein für Dich gesunder Mensch tut nicht auf diese Weise weh.
Die eigene Reaktion von Trauer, Fassungslosigkeit, Wut und unterm Strich eben immer tiefen Schmerzes ist der Tatsache, die der Andere rücksichtslos geschaffen hat, natürlich auch absolut angemessen. Es ist auch gar nicht anders möglich, als so zu reagieren. Denn wie gesagt:
Deine Gefühle waren und sind ja echt! Für
Dich war die Beziehung wertvoll. Das schreibe ich, weil vorhin von Kailyn angemerkt wurde, dass sie es nicht gut findet, wenn ich hier von Abhängigkeiten spreche. Aber letztendlich zeigt sich hier eine Abhängigkeit. Das ist von mir jedoch nicht schuldzuweisend, verurteilend oder vorwurfsvoll gemeint.
Im Gegenteil: es ist heilsam, wenn man erkennt, dass man (vielleicht zu) sehr an dem anderen Menschen hängt - der durch sein Verhalten aber leider zeigt, dass er dem nicht gerecht wird. Es ist heilsam wenn man herausfindet, was einem der andere wirklich gegeben hat. Weshalb das Herz so sehr an diesem Menschen hing. Und welcher seelische Punkt in Dir (bzw. Deinem Ego) so tief durch den anderen Menschen verletzt wurde. Man sollte jetzt nicht pauschal sagen: Na, weil ich ihn halt geliebt habe und er ein Arschloch ist! Nein, gehe tiefer. Es ist auch die Chance, dass Du erkennen kannst, welche Bedürfnisse der Mensch in Dir befriedigt hat. Oder Du erkennst, ob Du Dich wirklich selbst genug liebst. Hast Du vielleicht den anderen Menschen dazu gebraucht?
Was hast Du geglaubt in ihm zu finden? Hast Du es am Ende gar nicht in
ihm gefunden, sondern war es in
Dir und Du hast dieses Gefühl in Wahrheit IHM/IHR gegeben? Und fühlst Du Dich unter anderem auch deshalb jetzt so leer? Habe ich mein Selbstbild von ihm abhängig gemacht? Warum
hänge ich so an diesem Menschen, der sich jetzt so empathielos verhält? Wieso treffe ich im Leben immer wieder auf solche Leute? Das sind nur naheliegende Beispielfragen. Was Dir die Lektion für individuelle Fragen stellt, das muss jeder für sich selbst herausfinden. Aber genau das meine ich teilweise auch, wenn ich sage, man kann durch die Ent-Täuschung reifen und in der Realität ankommen. Man kann selbst-bewusster werden.
Nochmal zur Abhängigkeit: Wir sind ja größtenteils alle hier auf Joyclub, weil wir durch andere Menschen die Erfüllung von Lust suchen. Aber es liegt leider in der Natur der Dinge, dass Lust auch mit Schmerz verbunden ist. Alles, was Dir heute Lust und Vergnügen bereitet, kann Dir morgen schon großen Schmerz zufügen, wenn es Dir genommen wird. Was ist dieser Schmerz anderes, als der Ausdruck einer Abhängigkeit?
Aber wie ich oben schon andeute, ist es nicht sinnvoll hier von Schuld zu sprechen. Es ist schlicht eine Abhängigkeit, der Du Dir vielleicht nicht bewusst bist. Oder es ist Dein Anteil, den Du beigetragen hast, und nun durch Deine Offenheit an den Menschen verloren zu haben glaubst. Das ist es ja, was hier auch so unendlich weh tut. Es hilft beim Heilen, unter anderem dieses Prinzip der Dualität von Lust und Schmerz zu erkennen und zu akzeptieren. Letztendlich alles in der Welt vereint und trennt sich wieder. Aber ich weiß, dass das zunächst nicht wirklich tröstet, denn wie gesagt: es kommt auf das WIE der Trennung an. Und beim Ghosting, von mir aus auch Caspering, ist naturgemäß Konfusion angesagt. Da müssen erst mal die echten Gefühle in Dir akzeptiert und herausgelassen werden. Erst dann wird der Kopf freier.
Aber warum ist das so wichtig, diese Lektion und ihre Fragen an Dich zu erkennen? Ich kann mich hier nur wiederholen: eben weil sich toxische Menschen arschlochmäßig verhalten, haben sie ihre ganz eigenen Abhängigkeiten/Bedürfnisse, Probleme und Baustellen in sich - in denen sie feststecken, weil sie sich diesen nicht bewusst werden wollen. Das ist natürlich keine Entschuldigung für ihr Verhalten. Ich will damit nur sagen: wenn sie wirklich sich selbst bewusst wären, könnten sie sich ernsthaft durchschauen und sie wären und sie hätten somit eine echte Wahl, abseits ihrer Konditionierung. Sie wären wahrscheinlich selbst gerne "besser" - weil sie oft ja auch vorbgeben, es sein zu wollen.
Es hilft hier also nicht, von Täter, Opfer, Schuld oder Arschloch zu reden. Und warum nicht? Dir zuliebe! Denn Schuld und Vorwürfe sind leider nur eine Garantie dafür, dass man im Vorwurf und somit in der Vergangenheit stecken bleibt. Du machst Dich unbewusst zum Opfer und verleihst Dir somit eine Identität unter der Du leidest. Die Negativität bleibt somit in Dir. Das ist Teil des Teufelkreises, von dem ich immer wieder spreche und den wohl auch drum1608 in seinem letzten Kommentar hier meint.
Wir müssen verstehen, dass es zwar absolut menschlich und normal ist, dass wir uns krass und schmerzhaft über das Verhalten anderer Menschen aufregen. Aber wir können dieses Verhalten eines anderen leider nicht kontrollieren. Und je mehr wir uns über sein Verhalten aufregen, desto größer wird durch den Widerstand gegen das, was längst ist, ein noch größerer Energieverlust - und Schmerz.
Natürlich ist es absolut legitim, eine Erwartungshaltung im Umgang miteinander zu haben. Respekt und Ehrlichkeit sollten selbstverständlich sein. Das sind Deine Maßstäbe und Grenzen. Wir können daher effektiv nur kontrollieren, wie wir selbst auf das Verhalten des anderen Menschen reagieren, der unsere Grenzen und Bedürfnisse durch Respektlosigkeit verletzt. Am Ende hilft nur das Akzeptieren und Loszulassen. Im Idealfall sogar die Vergebung - die nicht das Verleugnen von schlechtem Verhalten ist. Du tust das letztendlich Dir zuliebe. Dazu muss man leider auch durch den Schmerz hindurch, um ihn aufzulösen, während man sich mit den oben genannten Fragen konfrontiert. Es ist eine harte, schmerzhafte Arbeit an sich selbst, die sich jedoch wirklich lohnt.