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Alternative Fakten oder Oktoberdepression im Hause Meier

*******amme Paar
86 Beiträge
Zutiefst gerührt und betroffen
Ich habe die Geschichte gestern zunächst gelesen und danach tief betroffen erst einmal den Computer aus gemacht. Mag sein, dass einem manche Dinge tiefer unter die Haut gehen, als einem lieb ist und so hat mich dieser Text wie mit einem Magnet zwei weitere Male angezogen und ich entdeckte Details, die ich beim Überfliegen einfach nicht wahrnehmen konnte.
Der Autor gibt uns damit subtile Hinweise. Ein Beispiel möchte ich hier, stellvertretend für etliche weitere, nennen:

Gegen Ende der Geschichte legt Camilla den Revolver ihres Mannes auf den Stapel der Bücher, die offenbar Ihre Krankheit beschreiben.

Diese kurze, eigentlich beiläufige Handlung erzählt eine ganze, weitere Geschichte. Wurde nicht der „Freund“, der mit den Möbeln, erschossen aufgefunden? Könnte Camilla diejenige gewesen sein, die den mutmaßlichen, moralisch verantwortlichen Brandstifter für den Tod ihres Mannes zur Strecke gebracht hat? Welches versteckte Drama!!

Fibromyalgie musste ich googeln, zugegeben, um zu erfahren, dass die Krankheit auch durch psychische Stressfaktoren und Traumata ausgelöst werden kann. Der/die Kranke leidet unter immer wieder kehrenden schweren Schmerzen, gegen die es nur wenig Hilfsmittel gibt. Wird man nicht irgendwann verzweifeln, wenn man lange genug gegen diese Krankheit gekämpft hat?

Das alles in einen kurzen Satz zu packen, verehrter @*********zier ist schon ein starkes Stück. Ich habe etliche weitere Fingerzeige und versteckte Hinweise gefunden. Die blanken Augen, die Sébastien an jemanden erinnern z.B. oder den Querverweis auf die Gerichtsvollzieherin aus der allerersten Geschichte diese Reihe, die ein Schlaglicht auf deren Leben wirft.
Damit soll es zunächst einmal genug sein. Vielleicht fühlen sich ja noch weitere LeserInnen berufen, ihre Entdeckungen zu schildern. Dass die Geschichte die meisten von uns tief ins Mark trifft, haben ja einige schon kundgetan.

Zu dem tragischen Finale: Ja, meine Seele schreit nach einem HappyEnd. Aber das gibt es zuverlässig nur im Roman. Das Leben schreibt anders und insofern ist das auch ein Beitrag zum Thema humanes Sterben. Wer weiß schon, wie viele der statistischen Coronatoten in Krankenhäusern, trotz aller Pflege, umgeben von Apparaten und grünen Masken einen einsamen, schmerzhaften, quälend langsamen Tod gestorben sind.
Wie viele tagtäglich in Kliniken, in der eigenen Wohnung oder sonstwo zu Tode kommen, ohne Zuspruch, ohne Begleitung, ohne Abschied. Gerade deshalb rührt mich diese Geschichte so an. Hier hat jemand, trotz allem, sein Schicksal in der Hand und bestimmt seinen Weg selbst.

Diese Perle hier im JoyClub? Alle Achtung. Ich sähe die Novelle gerne verfilmt: in Deutsch mit Senta Berger und Fritz von Thun. International mit Helen Mirren und dem beachtlich gereiften und inzwischen grauhaarigen Pierce Brosnan. Das wäre ein oscarwürdiges Drama.

Das Stück ist nicht jedermanns Sache. Wer auf Seichtes steht, wird damit schwerlich warm. Gleichwohl Danke.
Emotionen pur in große Schreibkunst gehüllt.

*bravo*

Tom (the Sun)
*******ing Frau
452 Beiträge
Wenn es Stufen zum Olymp der Schönheit und Tragik gibt ...
Lieber @*********zier !

Du hast sie allesamt auf einmal genommen!

Danke.
*hutab* Respekt, schön geschrieben und soviel wahres kurz rüber gebracht.
Mein lieber @*********zier ,

Du hast mich gerade voll erwischt und ich bin immer noch sprach-, aber nicht wortlos! Es juckt in den Fingern, Dir ausschweifend zu antworten und zu sagen, wie sehr mich die Geschichte berührt, aber ... ich will es einfach mit einem einzigen Wort beschreiben: GROSSARTIG! *anbet* *top*
*****ree Frau
22.093 Beiträge
Lieber @*********zier

Wieder einmal eine deiner Perlen *g*

Eine wunderbare Geschichte, toll geschrieben und erzählt, nur schade, dass das Ende so traurig ist. Bittersweet, wie das Leben leider manchmal so ist *snief*

Geschmack hat die Dame, dass muss man ihr lassen und einen stilvollen und selbstgewählten Abschied, aber auch ich finde, sie hätte, oder besser du, einen tollen Neustart daraus machen können. So ein Glück, einen solchen Menschen zu treffen, hat man nicht alle Tage.

*top*
Na ja aber wenn sie doch Fibromyalgie hat, da kann sie normalerweise nur leiden und das reicht einem halt irgendwann mal. Das macht dir auf Dauer auch kein Mann mit, mag er noch so edel sein.
******una Frau
7.591 Beiträge
sich heftigst ein anderes ende wünschen, zeigt nur, wie sehr der patrizier mit seiner geschichte die seele berührt. ich habe es miterlebt, mitgefühlt und geweint... was kann ein schreibender mensch mehr erreichen? *blumenschenk*
****ne Frau
1.355 Beiträge
Danke - mehr bleibt mir nicht zu sagen!
********s174 Frau
4 Beiträge
Ich bin wieder mal fasziniert...Tränen in den Augen und Gänsehaut...
Seitdem ich selbst einigermaßen ernsthaft schreibe, fällt es mir zunehmend schwer, mich auf die Geschichten anderer Autoren einzulassen. Schon beim ersten Satz springt der automatische Lektor an im Kopf und fragt: "Hättest Du so die Geschichte begonnen?"
Nein, hätte ich nie. Deswegen ist sie ja auch nicht von mir. So wird Lesen hier oftmals zu ungewollter Arbeit. Was bedeutet, dass ein Autor wirklich etwas "hinlegen" muss, um mich mitzunehmen. Hier war es dieser Halbsatz:
... fummelte nicht ohne Schmerzen den Reißverschluss ...
Ohne, dass ich etwas tun konnte, lief in einem Kopf ein Film ab, wie sie sich quälte, in das Kleid hineinzukommen. Ich sah sie vor dem Spiegel stehen, nahm jede Bewegung wahr ...
Ab da war ich in der Geschichte und kam bis zum Schluss nicht mehr heraus. Das schaffen hier wirklich nicht viele Autoren.
Alles andere ist von meinen Vorrednern gesagt worden.
Nur eines noch: Mit Vergnügen habe ich sie nicht gelesen. Ich denke, dafür ist die Geschichte auch nicht geschrieben worden. Eher mit Schmerzen, die der Schluss nur noch verstärkt hat und am Ende ist sehr viel Nachdenklichkeit geblieben. Ich denke, dass war auch Deine Absicht und Du hast sie hervorragend umgesetzt. Danke, dass ich sie lesen durfte.
Rainer
Meine Triskele
*********_Arte Frau
14.079 Beiträge
Die Geschichte nahm mich von Anfang an mit, um mich am Ende voller Ehrfurcht und sprachlos schier auf die Knie sinken zu lassen.
Die oben angesprochenen Hinweise nahm ich bewusst wahr, wobei ich die Augen noch nicht zuordnen konnte. Dazu muss ich vermutlich noch viele Geschichten lesen?
*********zier Mann
1.026 Beiträge
Themenersteller 
Asphyx
*

Verehrte Leser,
im Vorwort meiner Bickelmann-Geschichten heißt es: ...er lebt in einem Dörflein, wo jeder jeden kennt, jeder von jedem (fast) alles weiß, das Wort des Ortsbürgermeisters noch Gesetz, das Wort des Pfarrers dagegen...

Was man in solch ländlicher Umgebung vermeintlich als Nachteil empfindet, mag sich bei näherer Betrachtung und als Bewohner eines sehr anonymen Plattenbaues vielleicht als großer Vorteil herausstellen.

Hier in der Großstadt, wo die meisten oft nicht einmal ihren nächsten Nachbarn kennen, geschehen die Dramen häufig im Stillen, im Kleinen und kaum jemand hat Anteil daran, wie Camillas Schicksal beweist.

Die folgende Novelle fußt auf einer wahren Begebenheit. Sie spielt ursprünglich in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts im Saarland. Ich habe sie lediglich für den JoyClub adaptiert und in diese Dekade und unsere Mietskaserne übertragen.
Diejenigen unter uns, die bei ihren Lesegewohnheiten auf ein glückliches Ende Wert legen, kommen zu meinem Bedauern auch in dieser Erzählung nicht auf ihre Kosten. Geschichten, die das Leben schreibt, nehmen selten Rücksicht auf die Erwartungshaltung des Publikums.

Vielleicht bekommt sie jedoch gerade jetzt, in Zeiten, in denen Dekadenz, Hedonismus und die Freiheit unbegrenzter sexueller Vergnügungen einen solch hohen Stellenwert einnehmen scheinen, wieder eine besondere Bedeutung. Manches stellt sich auf den zweiten Blick völlig anders dar.


*

„Weiche von mir, Satan!“, flüsterte der Mann ins Dunkel. Mit schweißfeuchten, vor Erregung zitternden Fingern angelte er in seiner Hosentasche nach dem Silver-Match Feuerzeug, das ihm seine Frau zum fünfundvierzigsten geschenkt hatte. Er zündete die selbstgedrehte Zigarette an und inhalierte tief. Das machte ihn ruhiger.
„Es ist pervers, was du da treibst! Gegen die Natur. Du musst damit aufhören. – Jesus, hilf mir! Mutter Maria, was tue ich hier?“ In einer anrührend verzweifelten Geste, raufte er sich mit einer Hand die spärlichen Haare. Er setzte das Selbstgespräch nicht fort, sondern verfiel ins Grübeln, während er rauchte.

*

Sie hatten den lieben langen Tag in der Charité verbracht, seine Frau und er. Die Frau war krank. Unterleibsgeschichten. Nichts Genaues weiß man nicht. Nächste Woche würde man sie aufmachen. Nachschau halten, hatte der schnodderige junge Schnösel von einem Assistenzarzt es genannt. Totaloperation geisterte als Schlagwort herum. Horror für die Frau und auch ihm graute es bei der Vorstellung. Was sollte er tun, wenn sie ihm starb. Die Schulden für die Wohnung, die kleinen Kinder, der wackelige Arbeitsplatz. Er hatte Angst. SIE hatten Angst. Sorgen. Kummer. Auf dem Rückweg zur S-Bahn passierten sie eine Wahlkampfveranstaltung. Der Platz konnte die Menschenmenge kaum fassen. Ein Politiker sprach. Alles werde besser. Bald. Kein Zweifel. Gesundheit, Glück und Wohlstand für jedermann. Schuld seien nur die Anderen und er werde alles ändern. Man habe es in der Hand und müsse nur IHN wählen. Die üblichen Versprechungen vor der Wahl. Sogar der Pfarrer hatte letzten Sonntag von der Kanzel verkündet, wer ein rechter Christenmensch sei, wisse selbstverständlich, wen er zu wählen habe.

Sie blieben stehen, ein Weilchen, hörten zu. Doch der Zug wartete nicht, also weiter. Zu Hause angekommen, kümmerte die Frau sich um die beiden Kinder, zehn und zwölf Jahre alt, die die Abwesenheit der Eltern ausgekostet und mit ihren Hausaufgaben nicht einmal begonnen hatten. Er wolle noch etwas richten, in der Laube, erklärte er. Man solle ihm Bescheid geben, wegen des Essens. Sind ja nur zwei Blocks.


*

Nur ein paar Minuten. Nur einmal. Sie werden mich bald zum Abendessen rufen, dachte er und trat die Kippe aus. Mit einem schnellen Griff überzeugte er sich davon, dass die Holztür der Laube ordentlich verschlossen war. Der Schuppen stand inmitten des Kleingartens und hatte keinen elektrischen Strom. Die letzte Dämmerung dieses trüben Septembertages sorgte jedoch für ein wenig Restlicht und länger als fünf Minuten würde er nicht mehr brauchen.

Sorgfältig klinkte er die massive, verrostete Stahlkette in den ebenso rostigen Haken, den er schon vor Jahr und Tag in den Deckenbalken geschlagen hatte. Den alten Fahrradreifen befestigte er, routiniert wie stets, mit einem Fleischerhaken am vorletzten unteren Kettenglied, den in einer Schlinge endenden Rollladengurt am sechsten Glied von oben. Die Arbeiten hätte er blind erledigen können. Hastig ließ er sich auf die Knie nieder und steckte den Oberkörper durch den Reifen. Es war wichtig, bei dem folgenden Vorgang gefesselt zu sein, oder doch wenigstens, sich so zu fühlen. Insgeheim empfand er ein wenig Stolz auf seine Konstruktion, die ihm gestattete, durch einfache Änderung seines Rumpfschwerpunktes die Strangulation zu kontrollieren.
Ruhig, ruhig! Er sprach sich Mut zu. Mach das sorgfältig. Er öffnet seine Hose, wickelte den mitgebrachten Waschhandschuh um seinen Penis, befestigte ihn mit einem Gummiring, den er von einem leeren Einmachglas genommen hatte und knöpfte wieder zu.

Nun den Kopf in die Schlinge. Akribisch polsterte er den Rollladengurt mit ein paar kleinen Kissen aus dem Puppenwagen seiner Tochter aus, bevor er ihn in die rechte Position brachte und zuzog. Gleich, gleich war es soweit. Nur noch die Arme parallel zum Körper in den Fahrradreifen stecken und vorsichtig das Gewicht nach vorne verlagern.

Die Schlinge zieht sich zu. Überlaut hämmert der Puls in seinen Ohren als der Adrenalineinschuss seinen Herzschlag scheucht. So hatte er es haben wollen. Keuchen. Schnaufen. Ringen nach Luft. Diese Euphorie, das gewaltige, unbeschreibliche Glücksgefühl. Rausch. Ekstase. Feurige Kreise, Explosionen, Bomben gleich, Sterne, Wärme, Hitze, Kälte, Lust, die sein…






Epilog

„Die Leiche kommt erstmal in die Pathologie, Männer!“, brummte der Beamte vom Kriminaldauerdienst lakonisch und trocknete sich die Hände an seiner Hose ab. „Für mich ein klarer Selbstmord. Morgen wissen wir es dann genau. Feierabend.“

*

Die Stirn des alten Pfarrers zierten wichtige Sorgenfalten. „Wir müssen über die Beerdigung reden“, sagte er zu der Frau, die mit verhärmtem Gesicht und wirren Haaren völlig teilnahmslos vor ihm saß und ihre Finger knetete „es gäbe da ein Problem mit dem kanonischen Recht…“
**


**Anmerkung des Verfassers
Im katholischen Recht wurde im Jahre 1983 der bis dahin gültige folgende Abschnitt aus dem Codex Iuris Canonici gestrichen:

Wer gegen sich selbst Hand anlegt, worauf der Tod folgt, - und zwar aus freiem Willen - beraubt sich des kirchlichen Begräbnisses

In anderen Ländern, beispielsweise Italien, wird er jedoch nach wie vor angewandt.


© 2014 Der Patrizier
*****ree Frau
22.093 Beiträge
Wow, du machst es mir wirklich nicht leicht. Deine Geschichten sind schmerzhaft und trotzdem wunderschön. Sie ziehen mich immer wieder vom ersten Satz an in ihren Bann.

Auch wenn ich lieber Geschichten mit Happy End lese, bin ich fasziniert von dem was du schreibst und wie du schreibst.

DANKE
Wunderschön tragisch, sowas liebe ich. Aber was ich mich frag: Hätten die auf der Prosektur nicht den Waschhandschuh um den Penis entdecken müssen und dann auf einen autoerotischen Unfall tippen können, statt auf Selbstmord? Das käm beim Herrn Pfarrer sicher auch nicht so gut an, aber dann wäre das Problem mit der Beerdigung wenigstens gelöst.
*******amme Paar
86 Beiträge
Boah, starkes Stück. Das muss ich erstmal verdauen. *nachdenk*
******una Frau
7.591 Beiträge
Das fällt bei mir weniger in die Rubrik: Tragik, mehr in: dumm gelaufen.
*******amme Paar
86 Beiträge
Da verliert eine schwerkranke Frau in einer prekären Situation aufgrund eines sexuell motivierten Unfalls den Ehemann, die halbwüchsigen Kinder den Vater und Versorger. Die katholische Kirche verweigert obendrein möglicherweise die Bestattung und die ganze Familie wird durch die nicht kontrollierbaren sexuellen Obsessionen des Protagonisten in tiefste Depression und Verzweiflung gestürzt.

Das ist tragisch, im wahrsten Sinne des Wortes, verehrte @******una. Die Formulierung 'dumm gelaufen' wäre mir für diesen Sachverhalt nicht einmal beim oberflächlichen Überfliegen eingefallen und ist für mich irgendwie deplatziert.

Ich halte es mit @*****ree und finde auch, das ist wieder eine dieser dichten, fast schmerzhaften und nur schwer zu ertragenden Storys, denen man sich, hat man einmal damit angefangen, nur schwer entziehen kann.

Die Inhalte Deiner Geschichten @*********zier machen mich als Leserin nicht immer glücklich. Handwerklich sind sie ein Genuss.
******una Frau
7.591 Beiträge
Der Mann geht für die Erfüllung seiner Lust das Risiko ein, da ist ihm seine Familie wurst. Für diese ist es eine Tragödie, aber sie versteht sie nicht, wie sollte sie auch.
****ne Frau
1.355 Beiträge
Danke fuer den lesegenuss
******una Frau
7.591 Beiträge
Wieder einmal zeigt die Reaktion der lesenden, wie sehr " mitgelebt " wird.
Danke dafür *blumenschenk*
*****169 Frau
6.194 Beiträge
Zitat von *********zier:
Geschichten, die das Leben schreibt, nehmen selten Rücksicht auf die Erwartungshaltung des Publikums.
Wahre Worte, lieber @*********zier, ein "Happy End" ist selten - nicht von ungefähr enden Märchen an der Stelle, an der die Geschichten des Lebens beginnen - so berührt auch diese Geschichte zutiefst - die Szene meisterlich von dir skizziert *hutab* DAS trifft absolut die Erwartungshaltung des Publikums *spitze* ... Vielen Dank dir dafür *bravo*
*********ynter Frau
9.825 Beiträge
Für mich zeigt sich nach Lesen deiner Geschichte:
Viel Leid war und ist in der Welt, weil irgendjemand irgendwann mal beschlossen hat, was moralisch gut und was schlecht ist.
Wie man zu leben und zu lieben hat - egal ob es den eigenen Sehnsüchten und Neigungen entspricht.
Auch in heutigen Zeiten ist es noch immer gesellschaftlich schwierig, BDSM offen und ohne Ächtung zu leben.
Bestenfalls ist man mit Unverständnis konfrontiert.

Ich erinnere mich an die Reaktionen in den Nachrichten vor einigen Jahren als man David Carradine, so ähnlich wie beschrieben, in einem Hotelzimmerschrank vorfand.


Du, lieber @*********zier, legst deinen Finger in die Wunde. Danke dafür. *spitze*
*********zier Mann
1.026 Beiträge
Themenersteller 
Wenn der "kleine Tod" zum Großen wird...
Autoerotischer Unfall mit Todesfolge oder Suizid?

Unter diesem Titel/Untertitel habe ich vor einigen Jahren einen Artikel in einem Online-Magazin veröffentlicht, der sich mit der Thematik befasst und auch einige Aspekte beleuchtet, die auf den ersten Blick möglicherweise nicht so ins Auge springen. Die Anmerkung @*********ynter ´s veranlasst mich, den Beitrag hier noch einmal zum Nachlesen einzustellen:



Wenn ein Star wie David Carradine mit einem gelben Nylonband um den Hals, einem schwarzen um die Genitalien, gefesselt und tot im Schrank eines Hotels gefunden wird, steht die Sensation in allen Zeitungen.

Betrifft es Willi Schmidt aus der Nachbarschaft, liest sich das im Lokalteil des Stadt-Anzeigers womöglich so wie hier:


Je nach persönlicher Einstellung oder Toleranz gegenüber solchen sexuellen Praktiken lächelt man über diese Perversen, schüttelt den Kopf, nimmt noch einen Schluck Frühstückskaffee, gruselt sich ein wenig und geht zur Tagesordnung über.

Die persönlichen Schicksale, die Nöte, die Konflikte, die unsere unfreiwilligen Hauptdarsteller - in den weitaus meisten Fällen übrigens Männer - in diesen Situationen vermutlich hatten, bleiben unbeleuchtet. Otto Normalbürger reduziert das einfach auf die Geilheit. Geschieht dem Perversen ganz recht.

Wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Themenkreis gibt es kaum. Die Forensiker und Gerichtspathologen beschränken sich in der Regel darauf, Fremdverschulden auszuschließen und geben die jeweilige Leiche zur Bestattung frei. Deshalb steht für Studienzwecke meist nur wenig Datenmaterial zur Verfügung. Einer der wenigen veröffentlichten und frei zugänglichen Berichte zu einem solchen Tathergang findet sich in „Die Kriminalpolizei“, der Zeitschrift der GdP, wenngleich autoerotische Unfälle mit Todesfolge in der kriminalpsychologischen und medizinischen Literatur durchaus häufiger beschrieben werden.

Im Jahre 2009 legte die Ärztin Sandra Kuhn in ihrer, auch für am Thema interessierte Laien, durchaus lesenswerten und spannenden Dissertation eine wissenschaftliche Auswertung vor. Sie gibt darin eine geschichtliche Einführung, beleuchtet die Begriffe, erklärt den Mechanismus des Lustgewinns bei autoerotischer Betätigung und wertet die autoerotischen Unfälle mit Todesfolge in den Städten Hamburg und München aus der Zeit von 1983 bis 2002 aus.

Übrigens: Der autoerotische Unfall mit Todesfolge ist logischerweise und aus mehrerlei Gründen de jure straffrei. Anders sieht der BGH das - auch und gerade - bei einverständlicher Körperverletzung mit mehreren Beteiligten, wenn

…bei vorausschauender objektiver Betrachtung der Einwilligende durch die Körperverletzungshandlung in konkrete Todesgefahr gebracht wird. (BGH 2 StR 505/03)

Liebhaber und Fans der Atemkontrolle sollten dieses Urteil im Hinterkopf haben.

Was bedauerlicherweise bei aller Lust an der Lust, beim Gruseln oder sich Ereifern über das perverse Volk in der Regel auf der Strecke bleibt, ist die Beschäftigung damit, wie die trauernden Hinterbliebenen mit dieser speziellen Todesart umgehen. Da ist es für so manche Witwe sicher einfacher, nach außen den vermeintlichen Suizid als gesellschaftlich halbwegs akzeptierte Tatsache stehen zu lassen.

© Text und Grafik: Der Patrizier 2015
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