Nachgeschmack: Bitter
Nicht jede Geschichte, liebe Leser, hat ein Happyend. Schon gar nicht im richtigen Leben, wo die Suche nach einem guten, glücklichen Ausgang häufig von finsteren Kräften vereitelt wird. Der folgende Text vervollständigt die vorausgegangenen Erzählungen Schmetterling und Kolibri und Der Chef
Es war nicht mein Bestreben, einen Krimi zu schreiben. Ich erzähle lediglich Geschichten. Sicher, die sind fiktiv. Aber sie könnten sich so zugetragen haben. Lesen Sie nur die Zeitung. Leider ist die Grafik, auch beim Vergrößern, nicht besonders gut zu erkennen. Darum hänge ich den Inhalt der Zeitungsmeldung unten noch einmal im Klartext an
Eig. Ber. Wie die Polizei gestern Nachmittag in einer Pressekonferenz mitteilte, wurde am frühen Morgen in Hermsdorf eine Drückerkolonne ausgehoben. Dabei sei der Chef der Gruppe, der sich der vorläufigen Festnahme widersetzte, von einer Beamtin durch einen Schuss in den Unterleib schwer verletzt worden.
Dem Vernehmen nach hatte die Wirtin der Pension, in der sich die Gruppe eingemietet hatte, die Polizei verständigt, nachdem der Chef der Kolonne offenbar einen seiner Drücker schwer misshandelt hatte. Der junge Mann wurde blutüberströmt in seinem Zimmer aufgefunden und war bereits tot. Vermutlich ist er an den Folgen der Schläge gestorben. Genaueres wird die Obduktion zeigen.
Der Festgenommene wurde ins zentrale Haftkrankenhaus Plötzensee überstellt.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen schwerer Nötigung in Tateinheit mit Totschlag und Vergewaltigung.
Die Mitglieder der Kolonne, drei junge Männer zwischen neunzehn und einundzwanzig Jahren, sowie zwei Frauen, davon eine noch nicht volljährig, wurden in psychologische Behandlung genommen.
„Verdammt!“, brüllte Ulrike und schlug mit der Faust auf das Armaturenbrett des Streifenwagens ein. „Verdammt! Verdammt! Verdammt!“
„Wenn Du den Airbag auslöst, wirst Du ein paar hübsche blaue Augen kriegen, mein Schatz.“ Ihr Streifenpartner und Freund Willi, Polizeihauptmeister, wie sie, sprach begütigend auf sie ein. „Nun hör auf Dir Vorwürfe zu machen. Es ist, wie es ist und der Junge wird durch Deine Selbstzweifel nicht wieder lebendig.“
„Ich hätte besser auf ihn aufpassen müssen“, schluchzte Ulrike.
Willi nickte. Er wusste, wann es besser war, die Klappe zu halten. Die nächste Ampel zeigte rot und Willi hielt an.
„Ich hätte das Arschloch in den Kopf schießen sollen, statt in die Eier“, flüsterte sie.
„Immerhin wird er keine Frauen mehr vergewaltigen, selbst wenn er wieder rauskommt“, meinte Willi trocken.
„Da vorne ist mein Tattoo-Studio, Willi. Hältst Du kurz an und wartest auf mich? Ich will nur schnell einen Termin machen.“
„Noch´n Schmetterling, Uli?", fragte er mitfühlend.
Ulrike nickte.
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Cem überflog die Titelseiten, wie jeden Morgen, wenn er die Tageszeitungen einsortierte. Er las kurz die Meldung, schüttelte den Kopf und murmelte: „Armet Schwein. Die Leute sollten Ihre Zeitungen nur noch im Laden kaufen. Dann käme so was nicht mehr vor.“
Er wandte sich wieder seinem Kaffee-Automaten zu und riss eine frische Tüte Bohnen auf. „Wär auch besser für meinen Umsatz.“
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Rothütchen saß im Bademantel über ihrem Kaffee und brütete. ‚Schade, dass der Kerl sich nicht mehr gemeldet hat, dachte sie. War ja ´n schnieker Typ. Der hätte mir gefallen.’ Und unter seiner sanften Freundlichkeit hatte er so was Animalisches, etwas, das ihre Fantasie befeuerte und ein warmes Gefühl in ihrem Unterbauch erzeugte.
„Mensch Elvira“, murmelte sie, „du brauchst mal wieder ´n Fick. Ob der Typ noch mal vorbeikommt? Versprochen hat er es ja. Und wenn er kommt: den reiß ick mir untern Nagel.“
Sie kramte den grauen Stoffsack mit ihren Spielzeugen hervor, packte ihren Favoriten aus und legte sich nochmal aufs Bett.