Die Worte Stino, Vanilla werden oft verwendet, aber alle scheinen ihre eigenen Vorstellungen davon zu haben.
Also für mich steht außer Frage, dass der Begriff "Stino" abwertend ist.
Das Präfix "Stink" kann mir niemand als neutral und wertfrei verkaufen und es ist wirklich nicht überraschend, dass sich jemand, der als "stinknormal" bezeichnet wird, auf die Füße getreten fühlt. (Es gibt genügend Leute, die es schon als subtil beleidigend empfinden, "normal" genannt zu werden, weil sie sich um die Wahrnehmung als einzigartiges Individuum betrogen fühlen.)
Das riecht für mich immer sehr nach Eigengruppenpräferenz und Fremdgruppenhomogenität.
"Vanilla" ist m.E. deutlich wertfreier. Immerhin geht es da nur um eine gewisse Mehrheitsfähigkeit.
Wenn ich jemandem, dessen geschmackliche Vorlieben ich nicht kenne, ein Eis mitbringe, ist die Trefferquote mit Vanille nun einmal deutlich höher als mit Marzipan-Basilikum, Mango-Räucheraal oder anderen Perversitäten.
Ebenso gibt es halt Sexpraktiken, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass ein zufällig gewählter "Proband", mit unbekannten sexuellen Präferenzen, sagen würde "Igitt, was ist mit dir denn los?!"
Das empfinde ich insofern als neutralen Begriff und ich glaube, dass bei der Einschätzung dessen, was denn so "vanilla" ist oder sein könnte, die Meinungen gar nicht so weit auseinander liegen, obwohl individuelles Umfeld, Alter, Erfahrungen, Pornokonsum etc. da sicher Einfluss nehmen.
Für mich ist jemand, der im Joy angemeldet ist, kein Stino mehr.
Das soll keine Frage sein was normal ist, sonder welche Praktiken gehören zu Stinos und Vanillas.
Um das exakt zu beantworten, bräuchtst Du eine statistische Erhebung zu sexuellen Vorlieben und dann stellte sich auch noch die Frage, ob alles, was bei mehr als 50% der Bevölkerung auf Zustimmung stieße als Vanilla-Sex gälte.
Noch dazu nützt die Antwort im Einzelfall auch herzlich wenig.
1. Stellt sich die Frage, inwieweit die Grundgesamtheit (sexuell aktive deutsche Bevölkerung zwischen meinetwegen 18 und 80) sich mit der als Sexualpartner präferierten Gruppe deckt.
Was insgesamt eher unüblich ist, muss es bei den 18-25jährigen, in thüringischen Dörfern, unter Soziologie-Studenten, Katholiken oder innerhalb irgendeiner anderen Gruppe noch lange nicht sein.
2. Ein Swinger-Paar hat an sich eine Vorliebe, die die Mehrheit nicht teilt. (Ja, ja,
hier mag das anders erscheinen.) Die Sexualpraktiken, die sie aber tatsächlich anwenden werden bei den meisten absolut gängige sein. "Stino" oder nicht?
3. Die Grenzen sind fließend. "Hi, hi, wir haben Plüsch-Handschellen gekauft." vs. vier Stunden Bondage-Session. Beides ist fesseln. Ein Schlag mit der flachen Hand vs. Tracht Prügel mit nem Rohrstock. Beides ist schlagen. Wo exakt ist die Grenze von Vanilla-Sex.
3. Die Wahrscheinlichkeit, dass unter 20 Leuten, die angeben, auf BDSM zu stehen, auch nur zwei sind, deren Vorlieben wirklich zueinander passen ist gar nicht mal so hoch.
Die Aussage "Ich steh nicht auf Vanilla-Sex." sagt noch
gar nichts über die individuellen Vorlieben und das eigene Verständnis von BDSM aus. Es ist erst einmal nur ein relativ vages "Ich möchte/steh auf Dinge, die du bei einem Partner, dessen Vorlieben du nicht kennst, besser nicht ohne Nachfrage ausprobierst."
4. Die Gruppe der Menschen, die Vanilla-Praktiken tatsächlich
ablehnen, wird eher klein sein.
Dauerhafte Triebbefriedigung ganz ohne Küssen, Streicheln "normalen" Geschlechtsverkehr dürfte eher die Ausnahme sein.
Es ist doch eher so, dass es viele Freunde von "Vanilla plus Extras" gibt.
Menschen, die sinnbildlich gesprochen zu ihrem Vanilleeis noch ein oder zwei exotischere Sorten, Karamellsoße und/oder Schokostreusel wollen.