Hallo an euch!
Das Eingangsposting fragt die Männer, ob sie sich eine Beziehung zu einer Frau vorstellen können, die eine oder auch beide Brüste verloren hat. Eigentlich ist es aber auch eine Frage, die Partnerschaft betrifft und damit beide an der Beziehung beteiligten Personen. Ich will zuerst auf die gestellte Frage eingehen und dann darauf, was beide dann leisten müssen, bzw. was sie erwartet (zumindest für mich sehe ich das so).
Ich kenne eine Frau, die eine Brust verloren hat (bei relativ großer Oberweite). Ich hatte mich in sie verliebt und habe bei ihr auch nachgefragt, ob ich Chancen hätte. Sie hat aber einen Partner, mit dem sie diskret schon länger eine Beziehung pflegt. Soviel zur Ausgangsfrage: ich kann mir auf jeden Fall eine Beziehung zu einer Frau vorstellen, die nicht mehr beide Brüste hat.
Ich mag Brüste sehr, sehr gerne (egal ob groß oder klein) und ich liebe es wie schön sie sich in eine Hand einschmiegen. Von daher finde ich es sehr schade, wenn sie geopfert werden mussten. Aber ich freue mich natürlich darüber, wenn sich dadurch wieder eine Chance auf Heilung öffnet. Letztlich geht schon etwas verloren, das sollten wir uns nicht schönreden. Aber das Wichtigste sind intakte Brüste in einer Beziehung definitiv nicht. Und wir Männer sollten nicht vergessen: auch wir haben vom Leben schon den einen oder andere derben Hieb verpasst bekommen, mit dem dann unsere Partnerinnen fertig werden müssen und der ihnen Verzicht abverlangt, wenn sie denn mit uns zusammen sein mögen. Schauen wir doch auch auf die Seiten an ihr, die wir lieben mögen: Finden wir sie insgesamt schön (sie muss keine "Miss Nochsowas" sein, es kommt darauf an, wie wir sie sehen)? Schauen wir ihr gerne in die Augen? Sehen wir dort Charakter und Gefühle, die wir gerne haben? Können wir gut und offen miteinander reden? Ist es richtig schön miteinander zu kuscheln? Ist der Sex, den wir miteinander haben frei von Ängsten und fühlt sich schön an? Möchten wir sie beschützen und fühlen uns in ihren Armen beschützt? Können wir uns kleine Macken verzeihen? Können wir miteinander lachen? Und, und, und. Bei so viel schönen Seiten verliert doch die Frage nach unversehrten Brüsten ein bisschen an Bedeutung (für uns Männer), oder?
Damit bin ich jetzt auch schon im zweiten Teil meiner Antwort. Ich habe mir erklären lassen, was eine Brustamputation für eine Frau bedeuten kann (naja, das hat sie mir so erzählt; ist also nur eine Einzelstimme). Offensichtlich (auch für uns Männer) wurde ihr natürlich eine "Reklametafel" genommen, auf der steht: "ich bin weiblich, ich bin schön!" Hand aufs Herz: wer von uns Männern wirft nicht auch mal einen verstohlenen Blick auf die Oberweite einer Frau (man muss ja nicht glotzen). Dass uns das wichtig ist, ist den Frauen natürlich bewusst. Und wenn es den Frauen wichtig sein sollte auch körperlich attraktiv zu sein, dann tut hier ein Verlust natürlich sehr weh.
Es geht aber, so wurde mir gesagt, noch viel, viel tiefer. Wir kennen vielleicht vom Autofahren die "integrierte Raumwahrnehmeung". Das heißt wir können ein Auto einparken ohne dass wir bestimmte Teile des Autos überhaupt sehen, weil wir nach einiger Zeit die Maße des Autos in uns gespeichert haben. So hat man natürlich auch die eigenen Körpermaße in jeder Faser des eigenen Körpers integriert. Und plötzlich fehlt da ein Teil des eigenen Körpers und nichts fühlt sich mehr harmonisch an - das muss zutiefst verstörend sein. Zudem sind die Brüste eine Schutzzone/Pufferzone, die sehr weich eine Grenze zu den äußeren Einflüssen herstellt. Nach einer OP fehlt die weiche Schutzzone, die Berührungen fühlen sich hart an und das ausgerechnet im Herzraum.
Vielleicht ging auch alles ab der Diagnose bis zur OP in einem Tempo vor sich, so dass kein klarer Gedanke möglich war und frau fühlt sich als Opfer einer Maschinerie, die ihr wesentliche Lebensqualität genommen hat.
Was ich damit sagen will: es ist nicht damit getan den Attraktivitätsverlust zu verdauen und dann funktioniert die Partnerschaft wieder (bzw. die Frau steht wieder selbstbewusst in der Anbahnung einer eventuellen Partnerschaft). Nach einer solchen OP wird viel Zeit vergehen müssen, um Trauer, Wut, Resignation, usw. wieder handelbar werden zu lassen. Uns Männern fordert so eine Situation viel Einfühlungsvermögen, Hilfsbereitschaft und viel, viel, viel Geduld und Reifung ab.
Das gleiche gilt aber auch für die betroffenen Frauen. Natürlich dauert es eine ganze Weile bis das Allererste durchlitten ist, aber nach einer Weile müssen halt die "Überlebensinstinkte" wieder greifen und frau muss versuchen wieder an die Oberfläche zu kommen und nach Luft zu schnappen. Nur noch im Leiden zu leben und dem Anderen Hilfe abzuverlangen wird sich Gesicht ausdrücken und das macht dann wirklich unattraktiv. Im Gegensatz dazu kann ein Leiden, das zu einer Auseinandersetzen mit sich selbst und einem Reifen geführt hat, zu einer Ausstrahlung beitragen, die richtig anziehend wirkt.
Darum ging es mir in meinem Beitrag: beide müssen bereit sein sich auch einmal anzustrengen und sich gegebenenfalls zurückzunehmen, um für den anderen attraktiv zu sein, bzw. zu bleiben. Ich denke, die unversehrten Brüste sind wichtig, aber nicht alles.
Hoffe, ich habe euch jetzt nicht zugetextet oder klinge altklug in euren Ohren.
Kommt gut rüber ins neue Jahr!
derSandkorn