Ich finde es absolut nachvollziehbar was kakaoundkaffee in Ihrem Beitrag schreibt. Applaus. Partnersuche jenseits der 50 ist speziell, vielleicht sogar schon jenseits der 40. Die Leichtigkeit scheint verschwunden. Lange vorbei die Zeiten als man auf einer Party herumknutschte, am nächsten Morgen an einem See zum Schwimmen fuhr und ab da war man dann zusammen. Das Misstrauen hat zugenommen, denn wie alle sind seitdem mindestens einmal schwer verletzt worden.
Schlechte Erfahrungen drücken das Selbstwertgefühl in den Keller, da kann die Kindheit noch so toll gewesen sein.
Manche Menschen haben mit der Zeit verlernt, ihre Ansprüche zu formulieren und Grenzen zu ziehen. Die Folge ist, dass sie sich oftmals in lose Beziehungen stürzen und sich mit Affären zufriedengeben, Hauptsache sie sind nicht allein und wundern sich schließlich, dass sie so unglücklich sind. Und viele sind in EIle, denn das Leben als Single ab 45 wird zunehmend schwierig. Kaum eine große Abendeinladung zu der man nicht seinen Partner mitbringen soll. Das schlimmste sind Familienfeste und Hochzeiten. Erscheint man da mit der besten Freundin kommt schnell das Gerücht auf man sei lesbisch. Da hilft nur Humor. Oder ein neuer Partner. Hinzu kommt, dass bei vielen Singelfrauen ab einen gewissen Alter die biologische Uhr tickt wenn sie sich noch Kinder wünschen. Und so stürtzt sich die Mehrheit sehr schnell in die nächste Beziehung.
Laut Statistik vor Parship sind Männer im Schnitt nach drei Monaten wieder liiert, Frauen erst nach sechs bis zwölf. Ein kleiner - aber feiner Unterschied. Frauen sind wie die Experten herausgefunden haben sehr viel wählerischer als die meisten Männer. Die wollen vor allem eines nicht: alleine sein. Fraunen wollen einen Partner auf Augenhöhe. Was es meiner Meinung nach auch nicht einfacher macht. Wie gesagt...sind Experten.
Fakt ist: Oft enden Anbahnungen ratloser als früher. Menschen verhalten sich heutzutage unverbindlicher. Leider. Es scheint für alle mehr dranzuhängen wenn sie sich endgültig einlassen. Allerdings ist nicht jeder, der sich seltsam unverbindlich benimmt, auch bizarr. Viele sind einfach unsicher.Sie stellen sich selbst in Frage, auch Ihren Geschmack. Sie merken vielleicht, das sie das, was sie suchen gar nicht mehr das ist was sie brauchen! Manche haben 20 Jahre Ehe hinter sich gebracht, die ihnen nicht gut getan hat und andere sind nie über die 5-Jahres-Beziehung hinausgekommen.
Das Gute daran ist dass dies die Zeit ist um sich auch selbst zu hinterfragen. Muster zu erkennen, Bedürf-
nisse neu zu formulieren. Und so anstrengend Selbstkritik auch manchmal ist, die Unsicherheit ist nicht das Problem, sondern ein Teil der Lösung.
Alte Muster kann man nur durchbrechen wer sich selbst infrage stellt. Nur so kann man seinen eigenen Anteil an Ereignissen erkennen und es beim nächsten Mal anders machen, besser. Vielleicht mehr Ansprüche stellen oder deutlichere Grenzen ziehen. Vielleicht länger warten bis man sich kennt...es langsamer angehen lassen.
Da draussen sind lauter Menschen mit Narben. Sie sind mehr oder weniger angeschlagen aber auch verdammt mutig. Denn sie machen einfach weiter. Sie probieren aus, immer wieder, vielleicht geht es auch nochmal schief, na und? Sicherlich sind sie nicht mehr die lockeren Teenager, die sie einmal waren. Man hat Ansprüche und Vorstellungen. Man ist eingebunden in viele Welten: in Familien, Beruf, Freunde, da sind meistens auch noch die immer älter werdenden Eltern und keiner will in der Lage unnötig auf die Nase fallen.
Man ist nicht mehr ganz frisch aber immer noch libidonös unterwegs. Es haben sich etliche Falten und Dellen vertieft sowie die Erkenntnis, das das gnadenlose Altern die Liebe nicht weniger verlockend macht.
Und so gleicht das Leben oft einem grossen Strategiespiel. Meist weiss man nicht woran man ist. Keiner lässt sich in die Karten schauen. Alle sind auf der Hut und der Pirsch gleichzeitig. Das ist anstrengend - aber auch interessant.
Um mich herum gibt es genau drei Freundinnen, die einen neuen Partner haben und auch geheiratet haben, aber wesentlich mehr meiner Bekannten hätten gern einen. Begehren in Zeiten des nahenden Ruhestandes- ein durchaus beunruhigendes Phänomen. Und jede von uns verliebten muss wohl ihren eigenen Umgang mit den Tatsachen finden. Ein liebender Mann kann da durchaus enorm hilfreich sein. Und seine Kompliment sollten allerdings glaubhaft sein, nur dann dämpfen sie die Ängste vor dem älter werden. Das schöne ist doch, dass wir, egal ob männlich oder weiblich, nicht mehr getrieben sind vom unbewussten Fortpflanzungs- oder Nestbauwunsch. Uns bewegt doch vielmehr die Sehnsucht nach Verbundenheit und Angekommensein.
Weil es freiwillig ist und nicht mehr im Stakkatotakt in den Alltag gepresst werden muss. Weil man jeden Tag, jeden Moment bewusst miteinander umgeht und genießt. Es rundet sich, das Leben. Liebe ist für mich das nachhaltigste Konzept. Falten hin, Dellen her. Darum geht es überhaupt nicht. Wissen tun wir das zwar schon lange, aber man muss es auch fühlen. Und die Angst loslassen, nciht mehr ganz jung zu sein um verliebt über eine Graswiese zu hüpfen oder sich zusammen im Bett zu kugeln. Natürlich kann da beim einen oder anderen mal die Hüfte zwicken oder das Knie mucken, aber das sind ja wohl aushaltbare Kleinigkeiten.
Und auch wenn das halbe Leben hinter uns liegt: da liegt ja die andere Hälfte noch vor uns. Meine Oma sagte immer - mit 40 geht das Leben erst richtig los. Denn da weiss man endlich wer man ist. Man habe genügend Selbstbewusstsein um keine Rollen mehr zu spielen. Und man ist noch jung genug um noch so vieles zu erleben. Das wirkt sich auch auf die Partnerschaft aus. Sie wird besser, denn man ist auf einem ganz anderen Beziehungsniveau. Das kann Enttäuschung bedeuten - aber auch grosses Glück.
Ich habe meinen Mann hier im JC kennengelernt mit 52 und wir haben vor einem halben Jahr geheiratet. Er ist das Geschenk meines Lebens und mein grösstes Glück.