AurelieBerlin
Ich würde zu gern die Originalstudie mal sehen mit den Fragen, um zu kucken, wie die zu DEM Ergebnis gekommen sind.
Ich habe die Studie, die in solchen Artikeln wohl interpretiert wird, auf Seite 3 verlinkt.
Es wäre interessant zu wissen, ob - falls das Ergebnis rein quantitativ stimmt - ob vielleicht die Männer in den gleichberechtigten Beziehungen weniger Lust auf Sex haben. Und dann wäre in der Folge interessant zu wissen, warum. Weil sie sich nicht mehr männich genug fühlen? Oder weil sie, wie sonst viele Frauen, unter der Doppelbelastung leiden und schlicht müde sind? Oder andere Gründe?
Ich würde auch eher in diese Richtung tendieren.
Eine weiter unten verlinkte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es mehr und befriedigenderen Sex gibt, wenn Männer ihren Anteil an der Hausarbeit
als fair empfinden
.
Keineswegs ist damit dann gesagt, dass die Verteilung objektiv gerecht ist.
Die von Frauen empfundene Gerechtigkeit der Hausarbeitsteilung zeigt
keinen signifikanten Effekt auf die Häufigkeit des Sex.
Es lässt sich also durchaus mutmaßen, dass der konservativ geprägte Mann sich grundsätzlich eher ungerecht behandelt wähnt, wenn er als solche wahrgenommene "Frauenarbeit" machen muss und sich dann entweder "entmannt" fühlt oder die Frau, die diesen "ihren" Pflichten nicht nachkommt, weniger sexuell attraktiv findet.
(Auch hier ist das Putz-Emoji übrigens weiblich dargestellt...
Zufall?)
Da sind wir wieder in der Nähe zur Idee der sexuellen Skripte.
DreimalS
Im Prinzip Zustimmung - aber mit einem großen ACHTUNG. Denn: Fetische sind tatsächlich "anerlernt" (und ich hab das bei mir selbst bereits zweimal selbst beobachten können). Die Sexuele AUsrichtung aber ist es NICHT - man kann Homosexuelle Menschen eben genau NICHT so einfach "umerziehen", auch wenn das viele gerne tun würden.
Absolut richtig.
Gagnon und Simon, von denen die Theorie der sexuellen Skripte stammt, haben nie behauptet, dass diese die sexuelle Ausrichtung bestimmen.
Vielmehr geht es um die Entwicklung von Sexualverhalten und das wird -inklusive Bewertung und Entschlüsselung (also auch dem Erkennen sexuell konnotierten Verhaltens) – erlernt.
Zu erkennen ist das z.B. daran, dass je nach kulturellem Hintergrund eine Umarmung oder ein Kuss auf die Wange unterschiedlich bewertet wird.
Diese Skripte hängen eng mit der eigenen Zuordnung zu einem Geschlecht und dem damit verknüpften "Frauen sind.../Männer sind..., Frauen machen(nicht).../Männer machen (nicht)" zusammen.
Bluevelvet
Das wird dermaßen unterschätzt, dass sexuelle Attraktion zum großen Teil erlernt ist, dass es mich nicht wuändert, glauben viele Menschen, daran ließe sich nichts verändern.
Exakt.
Angefangen mit klassischen Märchen, in denen die weibliche Prinzessin sich nicht selbst helfen kann, sondern stets eines männlichen Prinzen zu ihrer Rettung bedarf, über die großen Weltreligionen, in denen die gute Frau die keusche Frau ist, bis zu aktuellen Filmen in denen in gefühlt 95% der Situationen Männer diejenigen sind, die in romantischen Szenen einen Kuss initiieren.
Solche und viele andere Dinge wirken in unseren Köpfen.
Immer noch.
Permanent.
Meist unbewusst.
Mann fragt Frau nach Date/Telefonnummer oder ob sie „auf einen Kaffee mit rauf kommen“ möchte.
„Uuuuh, Draufgänger./Der weiß, was er will!“
Frau fragt Mann nach Date/Telefonnummer oder ob er „auf einen Kaffee mit rauf kommen“ möchte.
„Na, die hat‘s aber nötig!“
Sie möchte ihn am Ende des Abends nicht mit nach Hause nehmen.
Völlig normal, dass er versucht, sie zu überreden. (Womöglich noch Enttäuschung, wenn er‘s nicht tut.)
Umgekehrt…?!
Wir leben in einer Welt, in der eine Jury (also ganz „normale“, durchschnittliche Menschen) in Irland gerade einen potenziellen Vergewaltiger freigesprochen hat, weil die Verteidigung darauf hinwies, dass das Opfer einen schwarzen String mit Spitze trug, was ja auf generelle Bereitschaft zum Sex schließen ließe. (Gute Mädchen machen sowas nämlich nicht!)
Das lässt verdammt tief blicken.
Auch Sprache spiegelt das.
„Schlampe und „Hure“ sind nach wie vor zwei der beliebtesten Begriffe um Frauen abzuwerten.
Ein männliches Pendant existiert nicht, weil sexuell aktives Verhalten und selbst Promiskuität bei Männern nicht als negativ wahrgenommen werden.
Warum glauben tatsächlich Menschen, mich mit dem Begriff „Emanze“ beleidigen zu können?
Warum kommt gleichzeitig niemand auf die Idee, einen Schmähbegriff für Männer zu erfinden, die sich als vollwertige Menschen begreifen und nicht von einer Frau abhängig sein möchten?
Und dann noch die große rhetorische Keule von „echtem Mann“ und „echter Frau“.
„Wenn du nicht so und so bist, stimmt mit dir etwas nicht. Dann bist du kaputt/falsch/ungenügend!
Ich erkenne dir
deine geschlechtliche Identität hiermit ab, weil du nicht in
meinen Rahmen passt.“
Was für ein abartiger, menschenverachtender Scheiß!
Leute mit solchen antrainierten kognitiven Beschränkungen dürften dann auch diejenigen sein, die tatsächlich weniger Sex haben, wenn der Partner sich nicht gemäß erlerntem Rollenklischee verhält.
Wenn meine sozio-kulturelle Prägung besagt, dass Hausarbeit Frauensache ist, „echte Männer“
immer mehr Ahnung und das letzte Wort haben, aber leider, leider „von Natur aus“ schmutzblind und empathiebehindert sind, dann kann der Typ, der meinen Kindern Schulbrote schmiert, selbstständig Wäsche wäscht und mich bei einer Entscheidung um Rat bittet, wohl kein „echter Mann“ sein.
spyder82
Im Grunde genommen, scheint es relativ unwichtig, dass die Studie in den USA durchgeführt wurde und schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Bestimmte Verhaltensweisen verändern sich nicht innerhalb einer Generation und Europa ist von der Mentalität durchaus recht nahe an den USA.
Vertu Dich da nicht. Was die Arbeitsteilung bei der Hausarbeit angeht, gilt Deutschland als eher rückständig.
Andere diskussionswürdige Studie zum Thema (2016 veröffentlicht und basierend auf den Daten von gut 1300 deutschen Paaren):
https://pdfs.semanticscholar … 79860b083272cf6d15225b9c.pdf
Auszug:
Germany represents a particularly interesting context in which to examine links between housework and couple sexuality. [...]
This context [Staatliche förderung des Alleinverdiener-Modells] provides a compelling test of ideas raised in prior work, as the enactment of sexual scripts (Kornrich et al.,2013) or consequences of counterconventional housework arrangements (Carlson et al., 2014) might be more pronounced in a country where traditional gender roles are codified in nationalpolicy. Indeed, while male partner housework contributions increased in the United States from 1994 to 2002, male partner contributions in Germany declined over this time (Geist & Cohen,2011).