Zunächst einmal denke ich, dass es hier keine wirklichen Konventionen gibt. Die Spannweite von Bisexualität ist weit und für meine persönliche Definition wird sie auch immer wieder zu Missverständnissen führen können, weswegen ich einfach auf die Kommunikationsfähigkeit meines Gegnübers zu vertrauen habe.
Meines Erachtens geht es um die SEXULLE Einstellung, bedeutet für mich: kann ich persönlich mir vorstellen, Sex mit zu haben. Aktiv, passiv (also den Gegenüber machen lassen, selbst nur enießen). Für mich zählt dabei ausschließlich der Genuss am Akt, der vorhanden sein sollte - bei beiden, also automatisch auch bei einem selbst.
Ob man mit diesen Personen, mit denen man Sex genießen kann, gesellschaftlich oder partnerschaftlich etwas Nachhaltiges anfangen kann, ist für meine Definition völlig irrelevant, da das Führen einer Partnerschaft über die Grenzen der SEXUELLEN Belange hinaus reicht.
Ich bleibe also mental beim Akt und gucke mir nicht ALLE Menschen an, sondern wäge ab.
Nun bin ich selbst Kerl, stelle fest, mir fällt es sehr leicht, mir Gedanken, Situationen und Möglichkeiten zu erdenken, in denen ich auf Gegenseitigkeit beruhenden Sex mit dem Ziel gemeinsamen Spaßhabens ohne weiteres in Erwägung ziehen würde.
Prima, ich bin also mindestens heterosexuell.
Nun lote ich aus, ob es auch zu Situationen kömmen könnte, dass ein potentieller Sexualpartner männlich wäre und das sexuelle Verwöhnen und Verwöhntwerden eben um die männlichen erogenen Zonen, respektive Genitalien gehen. Geht das generell? Nicht mit ALLEN Männern sondern wenigstens mit einem! Man kann sich quasi einen backen, oder muss besonders geflasht werden (oder auch einfach nur sehr verzweifelt sein). Wenn man sich ehrlich eingesteht, dass man als Mann auch mal bei Männern schwach wird (und zwar in beide Richtungen: vögeln und gevögelt werden, in jedem Falle aber mit vorhandemen eigenen Spaßfaktor), ist man(n) höchstwahrscheinlich bisexuell. Denn die Bereitschaft ist ja hergestellt.
Zieht man diese Gelegenheit, wenn sie sich erst anbietet, dann auch durch, ist das super.
Wer sich übrigens Schwänze blasen vorstellen kann, aber insgesamt für völlig heterosexuell hält, wird damit hoffentlich glücklich! Denn dies empfinde ich weder als bi- noch als hetero, sondern eher als eine Kombination aus verklemmt und gesellschaftlich feige.
Das Schöne ist aber, dass das eigene sexuelle Portfolio meines Erachtens immer erweitert werden kann.
Von hetero auf bi, von verklemmt auf bi, wenn Erfahrungen mit dem eigenen Geschlecht aus welchen Gründen auch immer nicht mehr erregen auch gern wieder von bi auf hetero. Sowas gestehe ich auch jedem Menschen zu, wünsche ihnen aber allen den Mut, das eigene Begehren auch konsequent zu leben und zu verfolgen. Denn bevorzugt befriedigte Bedürfnisse machen Menschen glücklich.
So gesehen zählen bei meiner Definition Umstände wie das "Was wäre wenn" aus der Gesellschaft, Angst oder Scham vor der eigenen Courage und die Opferrolle gegenüber einem heteronormativem Zeitgeist NICHT zu den Faktoren, welche die sexuelle Einstellung ermitteln.
Wie gesagt, ausschließlich meine Definition ohne jeglichen Anspruch aufs Übernommen werden müssen.