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Kommunikation zwischen Frau und Mann

Liebe Eglantyne,

sicher gibt es Unterschiede in der Kommunikation zwischen Frau und Mann, aber ich glaube, dass du bei deinem Eingangspost zu sehr davon ausgehst, dass diese Unterschiede für die Sprachlosigkeit in einer Beziehung verantwortlich sind.

Es kann natürlich sein, dass auch mal der zweifellos vorhandene Unterschied zwischen Frau und Mann dafür verantwortlich ist und auch die bereits beschriebenen 'von hinter der Zeitung her Grunzer', also desinteressierte Partner, die es unter Frauen übrigens auch gibt, aber besagte Kommunikationsstörung dürfte eher vielfältige andere Ursachen haben.

Ein ganz gutes Beispiel wie es geht sind ungelöste Konflikte. Je mehr davon da sind, um so schwieriger wird's. Die Spirale dreht sich unaufhörlich nach unten, die 'unbelasteten' Themen werden immer weniger und gehen irgendwann aus.

*my2cents*
Calliou
ich war mal 3 jahre mit einer frau zusammen. wir konnten immer sehr offen über alles reden und haben uns meistens 100% verstanden... umso schwieriger ist da wieder der umstieg auf einen mann. ich habe ständig das gefühl, dass mein freund mich nicht versteht oder es überhaupt nichtmal versucht!!
aber trotzdem führen wir eine sehr offene beziehung... und mankos gibts eben immer
******les Mann
311 Beiträge
Ich bestreite, dass das unbedingt mit dem Geschlecht zusammenhängt.

Ich habe zwei gute Freundinnen, mit denen kommuniziere ich sowas von glasklar, da gibt es keine Abstriche im Vergleich zu Männern (und mit meinen guten Freunden ist es ebenfalls kein Problem, über Gefühle zu sprechen).

Liegt der Hase nicht eher da begraben, dass es schwieriger wird, offen zu sprechen, eben weil man Partner ist?

Somit wäre dann nicht das unterschiedliche Geschlecht für die mangelnde Kommunikation in der Beziehung verantwortlich, sondern die Beziehung.

Hm?
Profilbild
****ia Frau
22.095 Beiträge
@EricGales
Gut beobachtet!

Allerdings ist nicht die Beziehung der Grund, sondern die Emotionen die mit dazu gehören.
@EricGales
Ich denke, dies ist wie sehr vieles von den einzelnen Menschen abhängig. Ich habe zwei Freunde - echte Freunde. Mit denen rede ich über "Männersachen" (Auto, Fussball, gemeinsame Saunabesuche, handwerkliche Tätigkeiten, Job, whatever ...) Keine Gespräche über die "intimen Details". Kein defizit aus meiner Sicht - war einfach nie so. Und dennoch sind es zwei Männer, welche für mich durchs Feuer gehen würde und für welche ich selbiges tun würde.

Die besten Gespräche über "alles Andere" aber führte und führe ich mit Frauen. Dies aber ist die Situation bei mir und somit nicht für jeden gültig.

Gruß

Henry
@Rhabia
Allerdings ist nicht die Beziehung der Grund, sondern die Emotionen die mit dazu gehören.
Du meinst negative Emotionen wie Enttäuschung und Verletzung!?
*****har Paar
41.020 Beiträge
Frauen und Männer ...
... haben meistens eine völlig unterschiedliche Art der Sprache und Kommunikation.

Dennoch geht es mir ähnlich wie "EricGales": Mit manchen Frauen kann ich weit besser, klarer und eindeutiger reden als mit jedem Mann. Und mit vielen Männern ist nichts anderes möglich als oberflächliches Gelaber.

Was ich immer wieder aufs Neue sonderbar finde:

Selbst Hunde und Katzen, die ja auch total unterschiedliche "Sprachen" haben, können lernen, sich zu verstehen. Auch mit Menschen aus völlig anderen Kulturen kann man sich verständigen.

Warum nur sollte es ausgerechnet zwischen Frauen und Männern anders sein? Es ist vielleicht nicht einfach und kostet etwas Mühe, aber es geht - wenn die Bereitschaft dazu vorhanden ist und der jeweils andere nicht immer nur als Feind gesehen wird, der einem an den Karren fahren oder einem etwas überstülpen will, der einen doch nur ärgern und nerven will ... sondern als Menschen, den man liebt und der einen hoffentlich auch liebt.

Das vereinfacht so manches. Ehrlich!

(Der Antaghar)
Wenn ...
@******yne mit ihrem Eingangsposting erklärt, mindestens 30% des Forums lebe von der Tatsache, dass die Kommunikation zwischen Frau und Mann schwierig bis unmöglich sei, ist dies offensichtlich eine negative Sichtweise. Selbst, wenn dem so tatsächlich sei, müsste man sich die Frage stellen, ob dies „objektiv“ so (unmöglich) ist, oder ob vielleicht nur „subjektiv“ eine Kommunikation nicht zustande kommt (subjektiv unmöglich ist). Gegen die Annahme, Männlein und Weiblein können nicht miteinander kommunizieren spricht der Umstand, dass es – Eglantynes Statistik zugrunde gelegt, deren Ursprung ich nicht kenne – offenbar in den anderen 70 % der Fälle funktioniert. Die verbleibenden 30 % scheinen also subjektiv nicht in der Lage, also unvermögend zu sein, miteinander zu reden. Sind aber wirklich 30 % tatsächlich nicht in der Lage, miteinander zu reden? Innerhalb der Geschlechter gelingt es doch auch, wenn ich mir die Beiträge hier ansehe. Demzufolge muss es einen anderen Grund geben und hier stelle ich die freche These auf, dass der Wille das Motiv ist, wenn es nicht funktioniert. Allein ein Stöbern im forum lässt nämlich schnell erkennen, dass es auch Männern und Frauen untereinander durchaus gelingt, sich nicht richtig zu verstehen. Also wollen sie sich nicht verstehen. Sie setzen also ihre Vernunft und ihren Willen innerhalb der Kommunikation ein, um Unverständnis zu fördern und so zu tun, als sehen sie nicht, was der andere Part meint. Also ist es objektiv überhaupt nicht schwierig oder unmöglich. Vielmehr ist es nur nicht gewollt.

Der Mensch aber bekommt von der Natur Vernunft und Willen als Waffen mit, die er zu ganz entgegen gesetzten Zwecken gebrauchen kann.
Aristoteles

Also gibt es überhaupt kein Problem? Kommunikation schwierig zu gestalten, scheint mancherorts vielleicht einfach nur Spaß zu bereiten.

LG
Cabal
Profilbild
****ia Frau
22.095 Beiträge
@ Caillou
Ja. Enttäuschung, Verletzung, Verlustangst
aber auch gefallen wollen
*****har Paar
41.020 Beiträge
@ Rhabia
Darf ich etwas dazu ergänzen?

All diese Gefühle stören die Kommunikation aber nur, wenn sie uneingestanden und unausgesprochen in uns vor sich hin brodeln ...

Werden sie zugegeben und offen angesprochen oder sogar geklärt, ist es wie eine Befreiung. Und die Kommunikation wird zumindest von ihnen nicht mehr behindert.

(Der Antaghar)
@Antaghar:
Warum nur sollte es ausgerechnet zwischen Frauen und Männern anders sein? Es ist vielleicht nicht einfach und kostet etwas Mühe, aber es geht - wenn die Bereitschaft dazu vorhanden ist und der jeweils andere nicht immer nur als Feind gesehen wird, der einem an den Karren fahren oder einem etwas überstülpen will, der einen doch nur ärgern und nerven will ... sondern als Menschen, den man liebt und der einen hoffentlich auch liebt.
Ausdrucken, einrahmen, an die Wand hängen, vielen Menschen weitergeben, selber immer wieder draufschauen - und sein Handeln danach ausrichten!

Danke für diese so knappe Zusammenfassung des Problems und seiner Lösung - ich kenne genug Menschen, die sich diese Zeilen mal zu Herzen nehmen sollten, und mich selbst nehme ich davon ausdrücklich nicht aus...
******les Mann
311 Beiträge
@ Antaghar & Rhabia
All diese Gefühle stören die Kommunikation aber nur, wenn sie uneingestanden und unausgesprochen in uns vor sich hin brodeln

EXAKT das meinte ich ein paar Seiten vorher, als ich sagte, dass ich es für äußerst wichtig halte, dass Befindlichkeiten ventiliert werden.

Zugegeben, die erwachsene Psyche ist zu den erstaunlichsten Verdrängungsleistungen in der Lage, aber was in der Physik wahr ist, stimmt auch in der Psyche: man verdrängt immer "irgendwo hin", niemals "weg". Jedes verdrängte/unterdrückte Gefühl bahnt sich seinen Weg irgendwohin. Nur runterschlucken geht nicht. Ausdruck muss sein.

Ich bin sehr dafür, dass man sagt, wie man sich fühlt und was man denkt.

Die Tatsache, dass viele Menschen mit schonungsloser Offenheit überfordert sind, wirft allerdings ein leichten Schatten darauf.

@****ia

aber auch gefallen wollen

meinst du "gefallen wollen" im Sinne von Selbstverdrehung?
********ussy Paar
1.153 Beiträge
Nicht verstehen wollen oder können?
stelle ich die freche These auf, dass der Wille das Motiv ist, wenn es nicht funktioniert.
Für mich scheitern grundlegende Gespräche nicht unbedingt nur am nicht verstehen wollen, sondern hin und wieder auch am nicht verstehen können. Manchmal kann ich noch so sehr verstehen wollen, nachfragen und nachbohren – einiges kann ich einfach nicht nachempfinden. Ich kann mich beim besten Willen nicht in diese Lage versetzen, weil ich in der gleichen Situation anders fühlen, denken und handeln würde.

Das muss ich dann als gegeben hinnehmen und das, was mein Gegenüber mir mitteilt einfach als Fakt akzeptieren und abspeichern – ähnlich wie physikalische, chemische oder mathematische Fakten – die kann ich mir auch nicht immer vorstellen. Und das muss ich tun, selbst wenn diese Information nicht in meine Erfahrungs- oder
Lebenswelt passt.

Ich finde das schwer. Gerade weil das mit sich bringt, dass man akzeptieren muss, dass der andere anders ist und dass man ihn nie vollständig verstehen kann (andererseits bleibt er dadurch auch immer spannend). Manchmal tut es auch weh, nicht begreifen zu können, Gegebenheiten akzeptieren zu müssen, die einem widerstreben. Und dann gibt es Situationen, in denen man nicht die Kraft hat (oder zumindest glaubt man das), um Verständnis zu ringen und alle Andersartigkeit hinzunehmen, oder sich zum 1000. Mal zu erklären und sich trotzdem nie wirklich verständlich machen zu können. Das kann durchaus abschrecken und sprachlos machen. Gerade bei den Menschen, die einem nahe sind und die doch „gleich“ sein sollten.

Andererseits habe ich für mich feststellen können, dass nach jedem durchwanderten Tal ein Gipfel kommt, der in strahlendem Sonnenschein liegt, der zwar kein Paradies ist (sondern Realität), aber doch die Mühe lohnt. Das klingt jetzt vielleicht zu poetisch, aber es verursacht tatsächlich ein beflügelndes Gefühl, eine Nähe, die wichtig ist.

Pussy
Was mir an den letzten Posts auf dieser Seite gefällt, ist der Wunsch nach Offenheit, aber die gleichzeitige Warnung, dass Offenheit auch negative Emotionen auslösen kann, von denen hier mindestens drei von @****ia genannt wurden:

Ja. Enttäuschung, Verletzung, Verlustangst aber auch gefallen wollen
Interessanterweise können diese Gefühle aus einer sowohl positiv als auch negativ besetzten 'Botschaft' des Senders resultieren. Was ich sagen will, er kann es noch so gut meinen, er hätte trotzdem besser die Klappe gehalten.. Kommunikationsresignation könnte man das nennen.

Für mich ist die ungelöste Frage nicht ob das so ist, sondern wie man diesen Konflikt lösen kann.

Über nicht mehr offen sein, wohl kaum. Lernen weniger verletztend offen zu sein oder lernen mit empfangener Offenheit anders umzugehen? Wahrscheinlich beides. Ich denke, dass damit der von Eglantyne zurecht beschriebene Sprachkonflikt ein ganzes Stück beseitigt wäre.

Schöne Grüße Calliou


PS: Es wurde ja schon mehrfach hier von 'Sender- und Empfängerbotschaften' geschrieben, also wie jemand versteht, was ihm jemand anderes sagt.

Ein sehr schönes Spiel, um dieses Modell in die Praxis umzusetzen, ist in einem Gespräch die Aussage des anderen mit eigenen Worten zu wiederholen. Absolut wichtig dabei ist jedoch, dass die Wiederholung keinerlei Wertung beinhalten darf, nicht positiv und nicht negativ. Erst wenn der Gesprächspartner der Wiederholung uneingeschränkt zustimmt, darf man sagen, was man darüber denkt.

Hört sich easy an. Manche haben zunächst Schwierigkeiten, die Wertung aus der Wiederholung rauszulassen, aber mit ein bissel Übung gehts ganz gut und man mag gar nicht glauben, was man alles dabei lernt...
eine kurze Zwischenmeldung
IH SEID TOLL, ALLE MITEINANDER!

Die Intension meines Threads war, eine Diskussion zu entfachen, in der mal wieder was Sinnvolles geschrieben wird, weit ab von Rasuren und Dildofarben. Eine gewagte These und ein paar durchaus provokant gemeinte Fragen erschienen mir da hilfreich.

Bisher gefällt mir das, was ich lese sehr sehr gut und ich möchte mich gar nicht so sehr einmischen, sondern freue mich aufrichtig über die vielen tollen Antworten, Gedanken, Weisheiten und Erfahrungen.

Weitermachen!

*love3*
*****har Paar
41.020 Beiträge
@ Calliou
Was Du da vorschlägst bzw. beschreibst, nennt man in der Paartherapie und in Kommunikations-Trainings den "kontrollierten Dialog". Und das ist eine ungemein hilfreiche Übung, die für viele anfangs sehr anstrengend ist.

Noch hilfreicher wird sie, wenn möglichst ein unparteiischer Schiedsrichter dabei sitzt und ein wenig aufpasst. Hab ich oft gemacht - und mich manchmal maßlos gewundert, was manche verstehen und wie lange sie brauchen, bis sie die Aussage des Gegenübers einigermaßen korrekt und wertfrei widergeben können.

Wir alle haben ja in Elternhaus und Schule alles Mögliche gelernt, nur nicht zu reden und aufmerksam zuzuhören. Leider. Und dieses "Spiel" ist da äußerst sinnvoll und eine geniale Übung.

Danke für den Hinweis!

(Der Antaghar)
*****har Paar
41.020 Beiträge
@ lunikus
DANKE!

Das musste einfach mal gesagt werden ...

(Der Antaghar)
Gern' geschehen
Ich möchte noch eins drauf setzen.

Die besten (und das meine ich wirklich wortwörtlich) und beliebtesten

Kommunikatoren

die ich kenne, haben genau dieses Prinzip verinnerlicht und führen absolut jedes Gespräch ganz genau nach diesem Schema. Es ist für alle eine echte Freude, sich mit diesen Menschen zu unterhalten.

Man muss halt damit anfangen, ein bissl lernen wie es geht und dann klappt's schon!

Schönen Gruß Calliou
@Antaghar:
Wir alle haben ja in Elternhaus und Schule alles Mögliche gelernt, nur nicht zu reden und aufmerksam zuzuhören. Leider.
Du bist in diesem Bereich der Erfahrenere: Wo liegen Deiner Einschätzung nach die größeren Probleme? Eher im Zuhören oder im Reden? Ich glaube, daß beides eine echte Herausforderung darstellt, und gerade in den letzten Tagen habe ich zu dieser Thematik wieder einige Erlebnisse gehabt, die mich ziemlich aufgerüttelt haben, weshalb mich dieser Thread auch so interessiert.

Zu diesen Erlebnissen zählt eine eher traurige Geschichte (die ich im Detail hier nicht ausbreiten mag), die ich hautnah erlebt habe und geprägt war von einer Person, die bedingt durch ihre persönliche Vergangenheit eigentlich nur Gegner gesehen hat. Du kannst Dir Vorstellen, wie die Kommunikation abgelaufen ist - es war ein ständiges Belauern, Suchen nach Schwachstellen und in Zweifelsfällen stets die Interpretation, die den anderen im denkbar schlechtesten Licht dastehen ließ *snief*
******les Mann
311 Beiträge
ich kann zwar "aktives Zuhören nach Gordon" nicht austehen *gleichplatz* *zwinker* (weil es komplementäre, nicht symmetrische Kommunikation ist) und finde aktuellere Themen der Kommunikationsforschung reizvoller, aber what shall's, wie der Brite sagt.

Jedenfalls gibt es hierfür

IHR SEID TOLL, ALLE MITEINANDER!

erstmal eine *blume*

Ich finde auch, dass der Thread gut läuft *g* Was kann es interessanteres geben als die menschliche Psyche.

So - *heia*
*****har Paar
41.020 Beiträge
@ lunikus
Gute Frage, lieber Lunikus!

Mir scheint es häufig so zu sein, dass viele nicht offen und ohne vorgefasste Meinung, frei von Scheuklappen und störenden Emotionen und vor allem nicht wirklich aufmerksam zuhören können.

Allerdings machen es ihnen auch die, die gerade das Wort haben, nicht immer leicht. Wer erst mal am Reden ist, lässt leider häufig nicht einen Beitrag zum Dialog los, sondern einen langen, endlosen Monolog, dem man kaum folgen kann. Und oft ist der dann auch noch gespickt mit Schuldzuweisungen, Unterstellungen und Vorwürfen (meist ohne jede böse Absicht, sondern oft allein durch den Gebrauch von Du-Botschaften anstelle von Ich-Aussagen, also z. B. "Mit dir kann man nirgends hingehen! Immer blamierst du mich!" anstatt "Ich hab mich heute an deiner Seite nicht wohl gefühlt, weil das und das passiert ist. Können wir das beim nächsten Mal vielleicht anders machen?" usw.).

*

Zu all den Menschen, die überall nur Feinde sehen und deshalb alles, auch das Harmloseste, meistens nur als Angriff werten, vermute ich Folgendes:

Erstens glauben viele, wenn man etwas an ihnen kritisiert, seien sie als Mensch insgesamt kritisiert - was natürlich Blödsinn ist. Wenn ich z. B. Deinen Beitrag kritisiere oder nicht gut finde, dass Du häufig in der Nase bohrst, muss ich noch lange nicht etwas gegen Dich als Mensch haben, ich kann Dich sogar besonders mögen. Aber viele fühlen sich in ihrer gesamten Persönlichkeit attackiert, wenn man nur mal vorsichtig andeutet, da könnten sie etwas nicht ganz richtig machen. Mangelndes Selbstwertgefühl, würde ich sagen.

Und wenn jemand etwas mit "starker" Überzeugung ausdrückt und behauptet (was an sich ja völlig okay und nichts Schlechtes ist), wird bei vielen Menschen ein Knopf aus der Kindheit gedrückt.

Fast jeder hat Eltern gehabt, die etwas strenger, bestimmender, behauptender im Tonfall wurden, wenn sie sich dem Kind gegenüber durchsetzen wollten. Sie wollten ja auch über das Kind bestimmen, ihm etwas aufzwingen und überstülpen (man nennt das auch "erziehen").

Und nun - sobald ein Tonfall etwas behauptender bzw. durchsetzender wird - "rutscht" man zurück in das Gefühl aus der Kindheit: Der Behauptende wird zu Mutter oder Vater, man selbst wieder zum Kind. Deswegen das Muster: „Ich klein - du groß. Deshalb geht es mir jetzt schlecht. Ich will aber nicht mehr klein sein, ich will mich nicht abgewertet fühlen, ich will nicht über mich bestimmten lassen! Also kämpfe ich gegen dich.“

Es geht also gar nicht mehr um die Sache, sondern darum, sich selbst zu behaupten, gegen vermeintliche (oft gar nicht vorhandene) Fremdbestimmung zu wehren, sich nicht unterdrücken zu lassen. Völlig überflüssig, denn der andere kann in einem Gespräch oder in einer Diskussion weder über mich bestimmen noch mir etwas aufzwingen, er kann mir nichts überstülpen und er ist auch nicht größer als ich – er hat nur eine andere Meinung! Und er will mich vielleicht auf etwas Wichtiges aufmerksam machen - das ich mir anschauen kann oder auch nicht. Ich bin also niemals in einem Gespräch zu etwas gezwungen, gegen das ich mich unbedingt wehren muss!

Doch leider passiert das häufig automatisch. Es ist jedoch ein lösbarer Automatismus, gegen den man selbst etwas tun könnte – denn man ist ja kein Kind mehr …

Nur weil der andere etwas mit Überzeugung und Begeisterung behauptet, muss man sich selbst nicht gleich klein machen, man kann und darf dem anderen dennoch auf Augenhöhe begegnen. Er will einen ja nur für etwas begeistern - nicht etwa einen unterdrücken oder beherrschen wie damals die Eltern. Es gibt also keinen Grund, gegen ihn zu kämpfen oder Widerstand zu zeigen.
Man kann bei der Sache bleiben, auch widersprechen, sich auseinandersetzen, diskutieren ... Oder auch vielleicht mal darüber nachdenken oder es probieren, was der andere so begeistert und bestimmend vertritt. Wonach es einem auch immer ist, man ist dem bestimmend Auftretenden und angeblichen Besserwisser niemals hilflos ausgeliefert.

Doch wenn ich mich ohnehin meistens wie ein kleines Kind fühle, dann wird dieser Knopf aus der Kindheit gedrückt (und das passiert bei Frauen aus irgendwelchen Gründen, wie mir scheint, etwas rascher als bei Männern, aber das ist nur mein persönlicher Eindruck und der mag falsch sein) – und ich bin prompt widerspenstig.

Damit mache ich es dem anderen und vor allem auch mir selbst unnötig schwer.

Vielleicht helfen Dir diese Gedanken und Anregungen ein bisschen weiter?

(Der Antaghar)
Wir alle haben ja in Elternhaus und Schule alles Mögliche gelernt, nur nicht zu reden und aufmerksam zuzuhören. Leider. -von antaghar-

Leider ist es gerade bei Kindern / Heranwachsenden mitunter (oft?) so, dass jene, welche sich artikulieren können und "mehr reden wollen" immer wieder dazu aufgefordert werden den Mund zu halten. Schlimmster Satz, welche in so einem Zusammenhang zu einem Kind oder auch jugendlichen Menschen kommen kann: Halt den Mund, wenn sich Erwachsene unterhalten.
Solche Sätze sich wiederholend sorgen letztendlich dafür, dass dieser Mensch eine Prägung fürs Leben bekommt wenn es um Gespräche geht. Mitunter macht man diese jungen Menschen sogar unsicher dahingehend, dass sie nicht mehr wissen, was sie sagen sollen / dürfen.

Ich denke (bin davon überzeugt), dass vieles von dem, was in unseren alten Köpfen an Blockaden vorhanden ist in Kindertagen angelegt wurde. das Kind lernt schnell - der "Alte" tut sich schwer, gelerntes wieder zu ändern. Leider.

gruß

Henry
*****y_I Frau
7.645 Beiträge
Erstens glauben viele, wenn man etwas an ihnen kritisiert, seien sie als Mensch insgesamt kritisiert - was natürlich Blödsinn ist. Wenn ich z. B. Deinen Beitrag kritisiere oder nicht gut finde, dass Du häufig in der Nase bohrst, muss ich noch lange nicht etwas gegen Dich als Mensch haben, ich kann Dich sogar besonders mögen. Aber viele fühlen sich in ihrer gesamten Persönlichkeit attackiert, wenn man nur mal vorsichtig andeutet, da könnten sie etwas nicht ganz richtig machen. Mangelndes Selbstwertgefühl, würde ich sagen.

*top* denn man kritisiert nur ein Mü an ihm, nicht die Gesamtheit
Viele reagieren dann mit einem "Mauerbau"
als Erwachsener lässt man sich ungern in eine Richtung drücken, wobei man ja die Gelegenheit bekommt, Bruchstücke der Kritik zu durchdenken ;Sichtweisen zu ändern.

Da stellen sich viele auf die Hinterbeine.. und denken

es darf nicht sein, dass das gegenüber recht hat
dabei ist es nur eine andere Meinung!
Kommunikation
ist Arbeit. Nicht immer, aber immer öfter. Und am öftesten vielleicht in langjährigen Beziehungen. Das kann dann mitunter zu den berühmten 7 Sätzen führen, die das durchschnittliche deutsche Ehepaar angeblich nach langen Jahren miteinander wechselt. Das muß aber nicht so sein. Sicherlich: Über einen langjährigen Partner weiß man schon sehr vieles und kann Verhaltens- und Redeweisen ganz gut einschätzen - und vielleicht verzichtet man deshalb darauf, Dinge wieder und wieder auszusprechen, die man bereits besprochen hat. Man kann sich aber auch irren. Und vor allem kann man sich auch verändern. Ergo muß man dann die Parameter neu bestimmen.

Wichtig ist Kommunikation in jedem Falle (was für eine Binsenweisheit) - und im übrigen ist es ja auch nicht so, daß man nicht kommuniziert, wenn man sich anschweigt. Manchmals kann es herrlich sein, wenn man übereinstimmend miteinander schweigt, weil es einfach nichts zu besprechen gibt. Das kann sehr verbindend sein. Andererseits gibt es auch Notwendigkeiten miteinander zu sprechen - und diesbezüglich habe ich eigentlich immer die Erfahrung gemacht, daß es sehr viel bringt, wenn man wichtige Themen in Ruhe bespricht und sich auch Zeit dafür nimmt. Es ist erstaunlich, wie sich dadurch eine Sichtweise verändern kann - und wie sehr die Tatsache, daß man über etwas spricht, hilfreich sein kann. Sogar dann, wenn nicht die Botschaft entscheidend ist, sondern einfach die Tatsache, daß man sich wieder auf den Gesprächspartner eingelassen hat. Vielleicht kann man das mit der Lust auf Sex vergleichen, die Lust bzw. Bereitschaft mit jemandem zu sprechen ist doch ein ähnlicher Vertrauensbeweis wie die Tatsache, daß ich ihm oder ihr meinen Körper zu seiner "Verfügung" stelle. Klingt technischer als es gemeint ist. In jedem Falle ist Kommunikation u.U. ein Geschenk, vielleicht das kostbarste, das wir haben, selbst dann, wenn man grundsätzlich auch der Meinung sein mag, daß sich Männer und Frauen nicht verstehen können. Sie können sich ja immerhin Mühe geben - und häufig führt das ja zu erstaunlichsten Ergebnissen.

john
@Antaghar:
Vielleicht helfen Dir diese Gedanken und Anregungen ein bisschen weiter?
Ja, vielen Dank dafür!

Leider bin ich nur auf einen Sprung am Rechner und auch gleich wieder weg, deshalb kann ich mich gerade nicht mit der gebotenen Intensität mit Deinem Beitrag befassen. Ich hoffe, daß ich zum Wochenende dazu komme, denn er enthält viele Punkte, die m. E. sehr spannend und auch diskussionswürdig sind.
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