Gutes Thema, viele tolle Beiträge
Mein Onkel, der Bruder meiner Mutter, hat mich letztes Jahr ganz unverhofft zu einem Fußballabend beim VFB eingeladen - VFB gegen seinen Heimatverein. Ich hatte meinen Onkel Jahre nicht gesehen. Es wurde ein sehr lustiger Abend. Wir sind fast zu spät zum Spiel gekommen, haben dann unsere Plätze im Stadion nicht gefunden, sind umhergeirrt, haben uns zwei dreimal an den selben Leuten vorbeigedrängt, vor und zurück und wieder vor, bis wir schließlich 2 Plätze für uns gefunden hatten, zwar nicht die auf dem Ticket, aber egal. Die ganze Suche wurde zu einem fröhlichen Happening, weil mein Onkel so chaotisch, so lebensfroh (für seine 75 Jahre), so agil und so charmant kommunizierte. Ich beobachtete dabei seinen Körper, wie er sich geschmeidig bewegte und dachte, ja, mein Körper hat möglicherweise auch was von seinem. Seiner ist vielleicht doch sportlicher als meiner (er joggt regelmäßig, ich ab und zu, und er spielt Fußball). Mein Lächeln allerdings erkannte ich sofort wieder in der Art, wie er mit seinen Gesichtszügen lächelte...und das freut mich! Denn ich mag ihn und er war, als ich Kind war, so etwas wie ein Vorbild für mich.
Mein Vater hatte zeitlebens einen Bauch. Ich liebte und schätze meinen Vater bis heute aus vielerlei Gründen, aber ich wollte nie einen Bauch! Es gab Phasen, da habe ich an meinem Körper den Bauch meines Vaters wieder erkannt. Dann habe ich meinen Bauch früher oder später wieder abtrainiert.
Die Mutter meines Vaters war früh schwerhörig, ebenso er und 3 seiner 4 Geschwister. Mein Körper hält dieses Merkmal meiner Familie in Ehren und am Leben, denn ich bin ebenfalls schwerhörig. Dass mein Körper auch das Erbgut meiner Ahnen verwirklicht, spüre ich an dieser Stelle sehr deutlich.
Es gibt ein Foto von mir, da komme ich aus dem Meer spaziert. Damals war ich vielleicht zehn. Kein Gramm Fett am Körper, superschlank. Meine Rippen zeichnen sich ab. Ich lache. Ich war glücklich. Wenn ich heute vor dem Spiegel stehe, muss ich diesen Jungen suchen (wenn sich auch meine Rippen immer noch abzeichnen). Wenn ich ihn dann in meinem Spiegelbild wiederkenne, ist das sehr schön: die Gewissheit, mich noch nicht verloren zu haben - selbst wenn mein Körper 46 Jahre älter geworden ist und viel erlebt hat. Viel berührt wurde. Viele Klamotten getragen hat. Viel in der Sonne war. Auch gelitten hat.
Diese Brücke zu schlagen gelingt mir bei Leibe nicht immer. Trotzdem mag ich meinen Körper, kann sogar etwas Erotisches an ihm finden und wundere mich manchmal dass andere ihn eben nicht erotisch finden - ihn ganz anders empfinden als ich selbst.