Ich glaube, manche
wollen ihren (langjährigen) Partner gar nicht in einer bestimmten Rolle sehen. Wenn man sich nicht in diesem Kontext mit einem Machtgefälle - und sei dieses nur im Bett vorhanden - kennenlernt, wird es mit zunehmender Zeit schwerer, sich diesen Menschen in einer dominanten oder devoten Rolle vorzustellen, weil man ihn einfach zu lange nicht so gesehen hat. Dann sagt man, man "traue" es demjenigen nicht zu - was für mich übersetzt häufig heißt "Ich will dich nicht so sehen".
Es ist eine innere Weigerung, dem Menschen unvoreingenommen entgegenzukommen. Ich glaube, so mancher schielt dabei eher auf neue Erfahrungen mit einem anderen Partner - jemanden, den man von Anfang an in diesem Macht-Kontext kennenlernt und wo es dann auch leichter ist, sich fallenzulassen und in der Rolle aufzugehen. Innerhalb einer Beziehung, die lange Zeit nur "vanilla" funktioniert hat, ist dieses sich aufeinander einlassen mit Arbeit an der eigenen Einstellung und an den eigenen Vorurteilen verbunden, wozu manche dann einfach zu faul sind. Sie wollen was Neues, Aufregendes, aber nicht mit dem Menschen, den sie seit Jahren als "langweilig" betrachten. Denn mit ihm bedeutet die Umsetzung der eigenen Bedürfnisse Arbeit - mit einem Fremden geht es vielleicht von allein.
Dabei kann auch in einem Menschen, den man schon so lange kennt, ein enormes Potenzial schlummern, wenn man diesem nur Raum gibt! Ich spreche da vorrangig von meiner eigenen Beziehung. Auch ich habe meinem Freund lange nicht zugetraut, dass er dominant sein kann, wollte aber härteren Sex, wollte Überwältigung. Ich konnte ihn aber nicht in diesem Zusammenhang sehen, weil ich ihn im Alltag einfach anders kenne. Warum sollte in einem Mann, den ich seit Jahren kenne, ein "Biest" schlummern? Wäre mir das nicht vorher schon aufgefallen? Alles Ausreden.
Es ist nicht seine Aufgabe, mich zu überzeugen. Das ist eine unfaire Haltung, meiner Meinung nach, und zeigt, dass man selbst keine Arbeit in das hineinstecken will, was man sich wünscht. Anfangs habe ich noch mit ihm gespielt, um ihn zu "prüfen", doch nur sehr kurze Zeit, weil das für mich völlig nach hinten losgegangen ist. Er hat nämlich immer direkt abgebrochen, wenn ich widerspenstig wurde und dann habe ich gar nichts von dem bekommen, was ich wollte. Erst, als ich mitgemacht habe, mich darauf einließ, hat er das gemacht, was er wollte und ich mir wünschte und mir damit gezeigt, dass meine Vorurteile blöde waren. Es hat mir auch gezeigt, dass ich faul war, dass ich nur etwas nehmen wollte, nur mein Kopfkino umgesetzt haben wollte, ohne zu verstehen, dass ich mich selbst auch einbringen muss. Ein Mensch kann nicht dominant sein, wenn man es nicht zulassen will.
Man sollte verstehen, dass man als Bottom genauso dafür verantwortlich ist, dass Dominanz wirklich greifen kann. Wenn in meinem Kopf nur Schranken sind, wie soll er dann je zu mir durchdringen?
Wenn ich harten Sex will, muss ich harten Sex auch zulassen können und verstehen, dass ich es mit einem Menschen zu tun habe, der das auf seine Weise tut und er keine 1:1 Kopie aus meiner Fantasie sein kann.
Wenn ich mich nur verweigere, komme ich vielleicht nie auf den Pfad, den ich eigentlich gehen will.