Mut machen
Liebe Ganzsuesse,
auch ich möchte Dir nochmal Mut machen. Auch ich hatte vor drei Jahren eine reine Sexbeziehung und wir hatten das damals beide so gewollt. Eigentlich haben wir uns aber auch beide nach „mehr” gesehnt. So ganz innen drin und heimlich, so dass wir es fast vor uns selbst nicht zugeben wollten. Insofern sind mir manche Mechanismen schon klar. Man(n) und offensichtlich auch Frau kann sich in einer Sex-Beziehung wenn dieser Rahmen mal ausgemacht ist prima einrichten, total locker öffnen (eben für Sex) und hat „eigentlich” alles im Griff. Guter Sex vermittelt, m. E. zumindest, fast automatisch auch ein Gefühl von angenommen sein und Nähe und Zärtlichkeit. Aber eben ohne Verbindlichkeit, wenn hochoffiziell ja „nur” eine Sexbeziehung.
Dieses „Im Griff haben” brauchen viele Menschen (ich schließe mich da auch nicht aus) in mehr oder weniger großem Maß. Es gibt einem nämlich Sicherheit. Solange ein bestimmter Rahmen ausgemacht ist und funktioniert ist das ein prima Sache. Sobald man den Rahmen überschreitet und was anderes will, ist es mit der Sicherheit dahin. Sexbeziehung + beide einverstanden + jeder weiß, was er will + mehrfach umgesetzt = da kann ich sicher sein. Gefühl äußern + ich weiß womöglich selber nicht genau, was bei MIR los ist + ich weiß schon gar nicht, wie der andere darauf reagiert = Hilfe, was nun!!!!
Wir haben uns damals langsam aufeinander zubewegt und irgendwann wurde aus der Affäre die tiefste Beziehung, die ich je hatte. Die steht jetzt zwar auch wieder auf der Kippe, aber das ist ein ganz anderes Thema. Grundlegend ist mir noch nie jemand so nahe gekommen wie meine jetzige Freundin. Das war bei uns kein Moment und auch kein Schritt, den einer von uns dann schlagartig auf den anderen zu gemacht hat, also insofern anders als bei Dir gerade.
Aber es war auch ein Übergang von einer reinen Bettgeschichte zu etwas sehr schönem. Es kostet verdammt viel Mut und es macht erheblich angreifbarer, aber darauf zu verzichten wäre noch viel schmerzhafter. Ich bereue heute mehr die Dinge, die ich aus Angst nicht probiert habe als die Fehler die einem halt passieren, wenn man etwas wagt.
Ein Gefühl kann nicht „falsch” sein. Wenn Du etwas für ihn empfindest, sag es ihm. Wenn er nicht ein total zynischer Dumpfback ist, ist Dein einziges Risiko, dass er die Gefühle, warum auch immer, nicht in gleichem Maß erwidert. Damit musst Du immer rechnen. DU fühlst etwas, das IST so. Was bei ihm ist und was für Euch beide möglich wäre kannst Du nur rausfinden, wenn Du aktiv wirst.
Und seh's doch mal so: KEINE Beziehung (also in Form von Beziehung außerhalb des Bettes) hast Du schon. Wenn jetzt noch eine schöne „richtige” Beziehung dazukommt ist das toll, wenn nicht, hast Du aber auch nicht viel verloren.
So gesehen kannst Du fast nur gewinnen.
Ich drück' die Daumen!