Ich war vor einigen Jahren in einer halbwegs ähnlichen Situation wie du, liebe TE. Insgesamt war ich mit meinem Expartner 10,5 Jahre zusammen, aber die letzten 4-5 Jahre waren es reine Bequemlichkeit und die Angst, das wenige Positive zu verlieren, das wir noch hatten. Und das war einfach nur Gewohnheit. Wir wussten, wie der andere tickt, was er denkt, was er will. Das war aber auch schon alles. Keine Liebe mehr, keine Gemeinsamkeiten, kein Interesse, und was für mich am allerschlimmsten war: kein Respekt. Ich habe mich zunehmend unwohl in seiner Gegenwart gefühlt.
Und dann waren da all die anderen, Freunde und Bekannte, aber auch ganz Fremde, die immer wieder sagten: Das wird nix. Ihr tut euch nicht gut. Auf Dauer werdet ihr euch trennen. - Ich wollte es nicht hören. Ich war wie gelähmt, hatte Angst, nahezu Panik. Das Alleinsein war etwas, was ich noch nie ertragen habe, seit ich 18 bin, bin ich immer in einer Beziehung gewesen, und nun soll ich mich zum Single machen?
Es musste wirklich viel passieren, dass ich den Absprung geschafft habe. Eins kam zum anderen, der stete Tropfen, der den Stein höhlt, und dann der finale Tropfen, der das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen bringt. Anlass war ein Angsttraum, den ich nachts hatte, und den ich meinem Ex nach dem Erwachen erzählte. Alles was er entgegnete, war "Und warum erzählst du mir das?" Zusätzlich zu der Tatsache, dass ihn mein berufliches Vorankommen so wirklich Null interessierte, so es nicht Vorteile für ihn brachte. - An diesem Punkt war mir klar, dass wir keine Schnittmenge mehr hatten.
Ich war zu der Zeit schon lange Jahre Mitglied hier im Joyclub, und hatte viele liebe Menschen, die mich in dieser schweren Zeit virtuell begleitet haben. Ohne dieses Backup hätte ich den Mut nicht gefunden. Ich habe stundenlang hier gehockt, habe gejammert, geheult, mich ausgekotzt. Irgendwann habe ich den Mumm gehabt, ihm eine sehr lange Email zu schreiben und ihm darin all das zu erklären, was in der jüngsten Vergangenheit passiert ist, ohne dass er es mitbekommen hätte. Seine Reaktion: die pure Panik. Verlassensängste, Klammern, Betteln, Flehen. Würdelos. Auf einmal war ich wieder so wichtig?
Meine Entscheidung war richtig, das wusste ich sofort. Ein riesiger Ballast fiel von meiner Seele. Über Nacht wuchs ich bestimmt um 10cm. Die Sonne schien wieder. Ich konnte endlich wieder atmen, ohne die Eisenbänder, die mir die Brust zuschnürten. Und endlich hatte ich wieder den offenen Blick, andere Dinge um mein Elend herum wahrzunehmen. Und als Bonus, als ob das nicht schon genug des Glücks wäre, fand ich durch diese Offenheit in einem der Zuhörer und Tröster, die mir in der Trennungszeit beistanden, meinen jetzigen Partner.
Sicher ist meine Geschichte nicht 100% vergleichbar mit deiner. Aber daran kannst du beispielhaft sehen, wie man aus einer so vertrackten Situation den Absprung schaffen kann. Mit Unterstützung von Freunden und Bekannten wirst auch du genug Rückendeckung haben, um den Mut zu finden, den Schritt zu gehen, der nötig ist. Du kannst nur gewinnen, denn du kannst nicht verlieren, was schon verloren ist.
Ich wünsche dir von Herzen alles Gute - ich würde mich wirklich freuen, wenn auch du das tun kannst, was dir gut tut.