Elly - Tanz in Schwarz - Teil 1
Rückforderung - Kapitel 1: FünfUm vier Uhr in der Früh weckte mich mein Handy und zeigte Lisas Telefonnummer. Verdammte Scheisse, ich hatte vergessen, das Mistteil von einem angebissenen Apfel vor dem zu Bett gehen auszuschalten. Als ich nach dem Abendbrot meinen Anzug gegen bequeme Kleidung getauscht hatte, war ich der Versuchung erlegen, kurz hinzuliegen. Prompt übermannte mich der Schlaf. Als ich dann wieder aufgewacht war und mich richtig bettfertig gemacht hatte, ging das neben meinem Bett liegende Smartphone anscheinend vergessen.
Ich hatte so gar keine Lust, jetzt mit Lisa zu sprechen, schon gar nicht mitten in der Nacht. Aber ich wusste von ihren persönlichen Schwierigkeiten, also erbarmte ich mich ihrer und nahm den Anruf entgegen. «Du mssst misch ssssofort hier abholln» lallte sie. Betrunken. «Lisa, nimm Dir ein Taxi und fahr nach Hause!» Sie reagierte in weinerlichem Ton: «Wenndumichbschütznwillst, Dom Geeeeh, dann holllstdumichab, Du Arsch!»
«Such Dir den Schutz im Taxi» antwortete ich genervt und unterbrach die Linie. Gleich hinterher schaltete ich mein Handy aus – ich wollte meine Nachtruhe. Doch von wieder einschlafen können konnte natürlich keine Rede sein. Danke, Lisa.
Lisa war meine aktuelle Sub, ein deutlich jüngeres Mädchen ohne feste Partnerschaft, auf der Suche nach der perfekten Beziehung: Ein dominanter Mann, der sie nicht verarscht oder missbraucht – das war ihr Idealbild. Aber sie fand ihn einfach nicht und irgendwie tat sie mir deswegen leid. Allerdings hatte ich auch die Befürchtung, dass sie in mich verliebt war, auch wenn sie dies stets abstritt. Vielleicht hatte auch ihre finanziell prekäre Situation dazu beigetragen, sich auf mich zu fokussieren, obwohl ich es stets abgelehnt hatte, ihr Geld zu leihen oder zu geben. Nur für die Sessions, mal ein Essen vorher oder nachher und ein paar bestimmte Kleidungsstücke hatte ich mich grosszügig gezeigt.
Mein Entschluss reifte, dass ich mich von diesem Mädchen trennen musste. Zweifellos für sie schmerzhaft, würde dies am Ende auch ein Befreiungsschlag für sie sein und den Weg ebenen für eine Zukunft, die mit mir ohnehin nie stattfinden könnte.
Im vergangenen Jahr hatte ich einige Spielpartnerinnen gehabt, abwechselnd. Im Eilzugstempo wollte ich den Verlust von Elly verdauen, indem ich ihn möglichst rasch mit vielen neuen Erfahrungen überlagerte. Und ich fand, dass mir das ganz gut gelungen war.
Lisa, noch keine 30 Jahre alt, war ein ausnehmend hübsches Mädchen: Hellblonde Haare, leuchtend graublaue Augen, schlank und sportlich. Mit Pumps und Stiefeln kam sie zwar – sehr zu meinem Leidwesen – nur zu meinen Sessions, was man ihr am ungeübten Gang und dem fast ungebrauchten Schuhwerk auch ansah. Lieber war sie bequem unterwegs und mimte die Unschuld vom Lande. Aber das war sie definitiv nicht. Auf eigenartige Weise war sie in allem, was wir taten, deutlich weiter gegangen als Elly. Sie hatte keine Probleme damit, wenn sie auch mal von einem anderen Mann bespielt wurde, solange es unter meiner Aufsicht war. Auch Berührungen mit dem eigenen Geschlecht waren für sie nie Tabu. Sie schien sie sogar zu geniessen, insbesondere wenn sie wusste, dass es mich erregte: Dann gab es kaum ein Halten und sie konnte sich dieser Spielart sehr intensiv hingeben. Einmal verlangte ich von ihr, dass sie sich von einer anderen Frau auspeitschen lässt. So heftig, dass ihr Po danach alle Farben aufweist, die der Regenbogen hergibt. Anschliessend sollte sie ihre Peinigerin aus Dankbarkeit lecken, welche ich kurz danach vor ihren Augen fickte. Lisa, nur bespielt und ohne gewährten Orgasmus.
Oh ja, Lisa war wirklich sehr devot, und irgendwie gefiel mir das auch. Allerdings kam aber auch schnell Langeweile auf. Denn wenn jemand sich so verhält wie eine «O.» aus dem entsprechenden Roman und einfach nur tut, was man verlangt, verliert das Spiel seinen Reiz rapide. Alles wird auswechselbar, die Sub ist nur noch ein willenloses Objekt wie ein Stück Fleisch. Ich begann zu realisieren, dass das Brechen des Willens und das Verschieben der Grenzen das wirklich Spannende war in einer Spielbeziehung. Die hundertprozentige Macht über jemanden zu haben mochte für Menschen mit Minderwertigkeitskomplex wohl lustvoll sein. Für mich aber passte das nicht.
Wie konnte ich Lisa, in ihrer labilen Verfassung, das Ende verkünden? Die Tränen, die bestimmt kullern würden – wie sehr ich diese Vorstellung hasste. Kurz schmunzelte ich über diese Empfindung. Ausgerechnet mir als Sadist bereitete die Trennung Mühe? Doch es war tatsächlich so. Mit allen meinen Subs verbanden mich Emotionen, wenn auch in unterschiedlicher Tiefe.
Kurz bevor mich der Wecker ein paar Stunden später zum Aufstehen bewegen wollte, war ich offenbar doch nochmals eingenickt. Schwer wie Blei fühlte ich mich. Ich schaltete mein Handy ein, worauf es mich mit einer Fülle von Mitteilungen bombardierte: Fünf verpasste Anrufe und drei Sprachnachrichten. Allesamt von Lisa. Ich löschte alles, ungehört. Mein Entschluss stand fest – ich musste es ihr heute beibringen.
Nach dem Frühstück fuhr ich mit der U-Bahn in die Stadt, um mir neue Schuhe zu kaufen. Als klassischer Gentleman war mir das Anprobieren wichtiger als günstige Preise von Massenware im Internet, und so lief ich die Haupteinkaufsstrasse hinunter und betrat ein grösseres Modegeschäft.
Die gläserne Rolltreppe mit der sichtbaren Mechanik dort hatte mich schon immer fasziniert. Ich überlegte mir, ob es wohl eine Location für meine Spiele gäbe, wo man die fahrenden Stufen in ein Szenario einbauen könnte. Oder ein Geschäft dafür verwenden könnte, mit Kleiderbügeln, Klemmen... meine lebhafte Vorstellungsgabe ersann Situationen, in welchen die Bewegungen der Mechanik zu unausweichlichen Strafen führen würden. Wenn die schwarzen Handläufe nach meinem Gutdünken an den Nippeln einer vor ihnen knienden Sub scheuern würden. Oh, welch erregende Fantasie.
Mit diesem Gedanken, bereits von bösen Taten tagträumend, betrat ich die Rolltreppe, um das erste Obergeschoss zu erreichen. Nebenbei konnte ich die Leute, die auf der hinunterführenden Rolltreppe standen, in Ruhe betrachten. Eigentlich war das ein herrlich gefahrloses Vergnügen, denn die Leute würden, selbst wenn sie mein Observieren bemerkten, bald ausser Reichweite für eine empörte Reaktion sein. Sie unten, ich oben.
Und dann geschah es.
Die Chancen dafür waren wohl 1 zu einer Million gewesen, aber ich erkannte Elly unter denjenigen, die sich nebenan nach unten fahren liessen. Unsere Blicke trafen sich zwei Sekunden vielleicht – dann war sie vorbei. Ich drehte meinen Kopf kurz um, sie aber nicht. Wie vom Blitz getroffen fühlte ich mich, mein Körper in Aufruhr. Unfähig, in diesem Moment auch nur irgendwie zu reagieren, stolperte ich Sekunden später oben angekommen über das Ende der Rolltreppe und fiel der Nase lang zu Boden. Verdutzte Verkäuferinnen eilten sofort herbei und halfen mir, mich wiederauf-zurichten. In dieser Situation konnte ich unmöglich davonrennen, um Elly vielleicht noch irgendwie zu erreichen. Wobei, wenn ich ehrlich zu mir war: Ich hatte keinen Plan, was ich überhaupt gesagt hätte.
Als ich mich wiederaufgerichtet und die helfenden Personen verdankt hatte, war meine Lust, in diesem Geschäft noch einzukaufen, vergangen. Die Peinlichkeit des Ereignisses hinter mich lassend, verliess ich unverrichteter Dinge das Geschäft und begab mich nach draussen. Die Schmach, bei diesen Damen nun auch noch nach Schuhen zu fragen, wäre untragbar gewesen. Vom erlittenen, emotionalen Donnerwetter verwirrt und planlos stand ich vor dem Geschäft und blickte in die mit Passanten bereits gut gefüllte Einkaufsstrasse hinein. Ich prüfte kurz mein Handy, welches aber keine neuen Nachrichten oder eingegangene Anrufe anzeigte.
Auch nicht von Elly.
Um mich zu beruhigen, beschloss ich, mich in ein Strassencafé zu setzen. Es war das gleiche wie damals, als ich Elly zufällig mit einer Freundin sah. Der Kaktus! Ja, dieser Moment war der Beginn der Kaktus-Szene. Ich schloss meine Augen für einen Moment, um diese Erinnerung auszukosten. Als ich sie wieder öffnete, war Elly aber nicht da. Völlig realitätsfern hatte ich gedacht, sie würde vielleicht nochmals auftauchen. Nein, ich wünschte es mir. Dass sie mich jetzt auch suchen würde.
Doch es passierte nicht.
Desillusioniert begann ich, an meinem Cappuccino zu nippen und liess meine Fantasie von der Leine. Wie sehr hätte ich mich interessiert dafür, was sie erlebt hatte in diesem Jahr seit Venedig. Wie waren ihre Verhältnisse heute? Hatte ihre Ehe gehalten? Oder vielleicht hatte sie sich inzwischen vielleicht getrennt, ja, sich gar einen anderen Dom zugelegt? Die Vorstellung begann an den Narben der Wunden zu zerren, die, wie ich bemerkte, doch nicht ganz verheilt waren.
Mein ach so kluger Plan, alles zu überlagern mit frischen Erfahrungen: Er war geschmolzen wie damals die Eiswürfel auf Ellys heissem Bauchnabel. Und ich fühlte mich entblösst, wie ein Puppenspieler, dessen Illusion auf einmal implodiert, weil die Kulisse um ihn herum wegen eines kleinen Windstosses eingestürzt ist.
Es half alles nichts. Ich musste nach Hause und mich auf andere Gedanken bringen und versuchte dies mit Musik. Die Auswahl überliess ich dem Zufallsmodus meines Computers, um die Zerstreuung grösstmöglich werden zu lassen. Das dritte Lied der Zufallsliste hiess «5 Women»:
It took five women to getcha off of my mind
It took five months, a plenty good wasted time
But it just took five minutes when I saw your face again
To fall in love all over, I guess with you, I'll never win.
«Prince, Du alter Schwerenöter!» schimpfte ich laut. Und realisierte, dass es mein Unterbewusstsein schon längst entschieden hatte: Ich musste Elly kontaktieren. Bald.
Nachdem das erste Buch "Elly - Dunkle Geheimnisse" mit wunderbarem Erfolg veröffentlicht wurde, publizere ich auch hier mit etwas Verzögerung die auch schon in einigen Joy-Gruppen veröffentlichte Fortsetzung, geschildert aus der Perspektive von Dom G. Alle zwei Tage ein kleines Kapitel :-)
Viel Spass!