@Zicke:
Wie das jetzt bei dir ausschaut, dazu kann ich verständlicherweise wenig bis garnix sagen.
Aber ich kan ja mal umreißen, wie das bei meiner Bekannten seinerzeit ablief:
Meine Bekannte hatte halt Depressionen.
Das äußerte sich bei ihr so, daß sie null Selbstvertrauen hatte, auch nur sich andeutende Mini-Schwierigkeiten unüberwindbare Krisen darstellten und sie sich fast die meiste Zeit des Tages damit beschäftigte zu schauen, ob irgendwo eine Gefahr für sie lauerte. Und war da keine Gefahr, wurde solange gesucht und gemacht und getan, BIS eine da war...
Und die geringste Kleinigkeit genügte, um auszurasten und zu verzweifeln. Sie wurde dann regelrecht rasend, der Bestand an Porzelan verkleinerte sich bei solchen Attacken regelmäßig und dann wurden solche Krisen mit massenhaft Antidepressiva-Pillen, Baldrian und Alkohol bekämpft, was aber lediglich zur Folge hatte, daß die sich nur verschlimmerten.
Sie war zuletzt nicht mehr in der Lage, auch nur einen einzigen Tag "normal" zu leben...
Die Gute ist jetzt Mitte 30 und hatte diese Depressionen gut und gerne 18 oder 19 Jahre lang gehegt und gepflegt, so daß sie schön wachsen und gedeihen konnten.
Sie war zuletzt der Meinung, daß das halt bei ihr normal sei und ihr eh keiner helfen könne, zumal ein Therapeut ihr vor ca. 3 Jahren genau dies sagte (der 2. im Bunde *ggg).
Solche Aussagen kann ein depressiver Mensch ja gut gebrauchen, gell?
So, vor ca. 10 Jahren fand ein erster Therapieversuch statt. In Vollzeit in einer Klinik.
Sie redete den dortigen Spezialisten 1:1 nach dem Mund und versuchte, die Zeit da IRGENDWIE rum zu bringen - Fazit: GEHEILT!
Und in Wirklichkeit war nämlich garnix geheilt, es war in Wirklichkeit nur noch schlimmer. Man kann ihr allerdings eine gewisse schauspielerische Fähigkeit nicht absprechen *ggg
Die hatte die Leute in der Klinik stumpf an der Nase herumgeführt
Ergo das Ganze verschlimmerte sich danach noch und auf einem weiteren Höhepunkt der Depression kam dann vor 3 Jahren eben jener tolle Mensch (s.o.)
Eigentlich grenzt es an ein Wunder, daß sie in all der Zeit ihren Arbeitsplatz nicht verlor...
Nun, vor etwa 2 Jahren ließ sie sich in einer Tagesreha für Suchtkranke (der Alkoholkonsum hatte in der Zwischenzeit ein wenig verselbstständigt....) einweisen. Jeden Tag von Morgens Acht bis Nachmittags Fünf Uhr Psychologen und Therapeuten um einen herum und das Ganze 3 Monate lang am Stück.
Wie gelang es ihr, aus dieser Tretmühle heraus zu finden?
Die dortigen Therapeuten fuhren freilich ihr Programm ab: erstmal "Kassensturz" machen und die komplette Krankheit und deren Verlauf hier und jetzt auf den Tisch packen inkl. Abklopfung ihres Umfeldes, Elternhaus, Schulzeit und auch sexuelle Vorlieben.
(Sie steht übrigens auch auf SM, hat DAS dort aber NIEMALS erwähnt *sfg)
Nach diesem "Kassensturz" folgte das psychische "Aufräumen", welches ziemlich intensiv war. Gespräche mit den Therpeuten endeten prinzipiell mit viel Gewässer in den Augen, denn sie wurde sich langsam darüber klar, WAS mit ihr überhaupt los war und welche Dimensionen das inzwischen angenommen hatte.
Einer der zentralen Punkte waren halt das defacto nichtvorhandene Selbstbewußtsein sowie das ständige Kopf-in-den-Sand-stecken, wenn sich irgendwo auch nur das geringste Anzeichen eines Problems abzeichnete.
Manchmal steckte der Kopf allerdings auch ganz ohne Probleme im Sand
Probleme oder auch Problemchen waren IMMER unüberwindbare Krisen mit den bereits oben geschildertem Verhaltensmuster...
Sie lernte dort allerdings mit diesen Krisen anders umzugehen: mal NICHT weglaufen, mal NICHT sich die Birne wegtrinken sondern die Krise "einfach mal" auszuhalten...
Und siehe da, die Krise war garnicht soooo schlimm und vor allem viel schneller vorbei als früher *gg
Was ihr letztlich half, war ein nach und nach wieder wachsendes Selbstbweußtsein, die Erkenntnis, daß man mit Problemen auch umgehen kann anstatt davor zu flüchten und daß sie mal mit ihrer Vergangenheit Frieden machte anstatt sich ständig selbst für früher gemachte Fehler zu geißeln.
Und jetzt kommt der Clou an der Sache: Eben jener Therapeut, der sie im "Wiederaufbau" ihres Selbsbewußtseins stärkte, machte ihr einige Wochen später GENAU DAS zum Vorwurf!
Plötzlich war sie uneinsichtig, nicht mehr therapiebar usw...
Der Mann hatte mal eben um 180° gedreht
Wie dem auch sei, ihr wurde zum Abschluß der 3-Monats-Intensiv-Therapie ein nicht gerade positives Zeugnis ausgestellt, u.A. "höchst rückfallgefährdet" usw...
So, das war im März 2006.
Und seither geht es ihr gut!
Freilich muß sie heute immer noch aufpassen, daß sie nicht in alte Muster zurückfällt. Irgendwo im "Hinterstübchen" sind einige Schaltkreise verändert worden während der "schlimmen Zeit" und das bleibt auch so - für immer!
Aber es beeinflußt ihr tägliches Leben weit weniger wie gedacht...
Man (Frau) ist halt ein wenig sensibler geworden für mache Dinge
Und all das habe ich einige Jahre lang hautnah miterlebt - ich war in der Zeit ihr Ansprechpartner (und bin es immer noch!!)
Gruß Sov