Hier ist von Effizienz und mathematischem Modell die Rede gewesen. Man könne ja mal eben jemanden daten, so zwischen Tür und Angel, eine halbe Stunde, kein Problem, und das sei effizienter als Schreiben. Man könne es irgendwo in der Nähe des eigenen Wohnortes legen, dann sei es ja kein Aufwand.
Wie fühlt sich das für den Datepartner an? Die Frage ist ernstgemeint.
Der Mann, der mich in dieser Situation datet, reist möglicherweise aus Kassel, Saarlouis oder Burkina Faso ins Ruhrgebiet, um mich zu treffen. Er kann sich natürlich gerne diese Mühe machen, ich selbst hab ja keinen Aufwand beim Effizienzdating um die Ecke. (Wenn er meckert, das sei ungerecht, verweise ich ihn an Stefan oder den Cap.)
Er bekommt mich unentspannt, verschwitzt, unrasiert und in Arbeitsklamotte, denn ich muss ja effizient daten - der Vorlauf mit Duschen, Rasieren, Schminken, hübsch anziehen fällt weg. Möglicherweise ist mein Kopf auch noch mit Arbeit beschäftigt - oder mit dem schlecht gelaufenen Date von einer halben Stunde vorher. Damit muss er im Rahmen der Effizienz leben.
Er muss mich umgarnen, ohne vorher im Mailverkehr Wesentliches über mich erfahren zu haben. Es kann also sein, dass er genau die falschen Themen anschneidet. Dafür hat er eine halbe Stunde, dann kommt ja schon der nächste - denn selbst, wenn ich die offensichtlich Dummen aussortiere, käme ich ja schon auf drei bis fünf Dates die Woche. Ich bin selbständig mit zwei Tanzstudios, da entfällt nicht viel Freizeit auf Dating - zumal meine Bienen und Hühner auch Aufmerksamkeit wollen.
Dann seine Erfolgschancen! Normalerweise fallen über fünfundneunzig Prozent der Anschreiber im weiteren Mailverlauf irgendwann raus. Das bedeutet, er hat für eine kleine Chance von vielleicht drei oder vier Prozent, mir zu gefallen, den weiten Weg von Burkina Faso zu mir gemacht. Ich könnte mir vorstellen, dass er einen Tick enttäuscht sein könnte. Insbesondere, wenn es tatsächlich so ein Ein-Blick-entscheidet-Ding ist, wo ich ihn im Interesse der Effizienz sofort abschieße.
Freut man sich auf ein solches Date? Ehrlich? Ich will mich auf ein Date freuen. Ich möchte mich für mein Date schön machen. Ich will, dass sich das Gegenüber auch wohlfühlt. Das, was der Skipper und Stefan vorschlagen, ist kein Date, sondern ein Casting. Und wenn ich schon casten muss, dann zu Hause.
Ich hab aber nichts dagegen, mich testweise eines Besseren belehren zu lassen. Mittwochs, Herne, Innenstadt, Café Extrablatt, nach zehn Uhr abends. Je eine halbe Stunde Zeit, mich zu überzeugen. Danach je eine kurze Befragung, wie der Mann sich dabei gefühlt hat, und eine kurze Information, ob er im Recall ist. Vielleicht nimmt ja jemand von den Verfechtern der Effizienz die Herausforderung an.