Hi,
mal meine Meinung dazu:
Verhütung und "Schuld" daran ungewollt schwanger zu werden:
1. Keine Art der Verhütung ist 100%ig. Selbst die sehr sichere Pille hat einen Pearl Index von >0,1, auch ohne Einnahmefehler.
2. Nicht jeder kann die von der Sicherheit her optimale Verhütung anwenden. Manchen explodiert vor Migräne fast der Kopf wenn sie die Pille nehmen, andere haben eine Latex-Allergie (auch latexfreie Kondome können sensibilisieren, sind also auch nicht 100% verträglich), die Spirale ist auch keine richtige Verhütung sondern eher eine "Dauerfrühabtreibung", manche Menschen vertragen keine Narkosemittel, weswegen für die auch keine Sterilisierung in Frage kommt (kommt auch nicht in Frage, wenn man später Kinder haben möchte) usw.
3. Nicht jeder ist 100% darüber aufgeklärt, wodurch ein Verhütungsmittel unsicher werden kann (wer weiß, dass Johanniskraut die Sicherheit der Pille beeinflussen kann? Wer weiß, dass das bei Grapefruitsaft auch möglich ist, hier aber eher dann wenn man ihn regelmäßig trinkt und dann mal weg lässt)?
Inwieweit jemanden, der ungewollt schwanger wird, eine Schuld trifft, ist also immer eine Einzelfallbetrachtung.
"Rechtfertigung" von Abtreibungen:
1. Jeder muss selbst wissen, ob er eine Schwangerschaft austragen will oder nicht.
2. Ob die Gründe für einen Abbruch "moralisch korrekt" sind, hängt auch immer von der jeweiligen Situation ab.
Viele werden nachvollziehen können, dass es eine unbeschreibliche Belastung sein kann, ein Kind auszutragen, dass bei einer Vergewaltigung gezeugt wurde. Es gibt aber auch Frauen, die so ein Kind ausgetragen haben, und die Schwangerschaft gut überstanden haben. Viele geben ein so gezeugtes Kind dann zur Adoption frei, weil sie sich vielleicht nicht vorstellen können, es jemals lieben zu können, auch wenn es selbst nichts für die Vergewaltigung kann, andere schaffen es, Kind und Vergewaltigung geistig voneinander zu trennen und behalten das Kind.
Wieder andere Frauen würden eine solche Schwangerschaft nicht überstehen, ohne am Ende ein seelisches Wrack zu sein. Das bedeutet aber nicht, dass diese dann minderwertig oder schwach sind.
Wenn eine Frau wegen ihrer beruflichen Karriere eine Schwangerschaft abbricht, werden dies nicht so viele nachvollziehen können. Trotzdem kann niemand (zumindest niemand der die Frau nicht sehr gut kennt) sagen, dass dies unverantwortlich wäre. Weiß derjenige, wie lange die Frau schon auf der Suche nach beruflichen Möglichkeit ist, die mit der Schwangerschaft nicht möglich wäre? Wie dringend sie diese Möglichkeit benötigt (Karriere bedeutet nicht nur einen Traumjob zu haben, sondern kann auch bedeuten überhaupt einen Job zu bekommen)?
Kann man einer Frau zumuten, ihr komplettes Studium zu wiederholen (in einigen Studiengängen werden keine Fehlzeiten geduldet, Studienabschnitte müssen in bestimmten Zeitrahmen absolviert werden, üm überhaupt zu gelten. Wer garantiert, dass Frau nicht die halbe Schwangerschaft im Liegen verbringen muss oder sich an jedem zweiten Tag stundenlang übergeben muss...)?
Kann man einer magersüchtigen Frau, die ohnehin schon mehr Probleme mit ihrem Körper hat, als sie verkraften kann, zumuten, auch noch damit zurecht zu kommen, dass nun auch noch jemand anderes über ihren Körper bestimmt und ihn nach seinen Bedürfnissen umformt?
Jede Frau, die eine Schwangerschaft abbricht hat ihre ganz persönlichen Gründe, die eben genau für diese Frau in genau der Situation in der sie sich befindet zu der Entscheidung führen.
Man kann alternativen aufzeigen und anbieten, aber ob das auch gangbare Alternativen in genau der Situation für genau diese Person sind, muss allein sie entscheiden.
Und ich glaube kaum, dass man als Frau einfach so sagt "joar, dann treibe ich eben mal ab, was solls".
Gruß
V