Dass der Partner als eine Art Spiegel funktioniert, finde ich interessant und dass Beziehungen (Erfahrungen) zur Persönlichkeitsbildung beitragen, weil man viel über sich als sozialem Wesen erfährt, leuchtet mir ein. Nur starte ich doch normalerweise mit einem Sockel aus gemachter Selbstreflektion und Fremdfeedback in eine Beziehung, selbst wenn ich erst Zwanzig bin. Ich bin m.E. von Anfang an ein im Ansatz definierter Beziehungsmensch mit Vorlieben und Sehnsüchten und kein leeres Gefäß.
Da ich mich u.a. in der zauberhaften Welt des BDSM bewege, kann ich mich hin und wieder nicht des Eindrucks erwehren, dass die dortigen (oder hiesigen) Rollenzuweisungen (Top, Bottom, aktiv, passiv usw.) helfen sollen, die Frage,
wer man ist und die intensive Auseinandersetzung damit zu umgehen. "Suche den dominanten Mann, der meinen Horizont erweitert." Diese bewusste Verniedlichung habe ich ganz oft gelesen und an schwierige Selbstfindungsprozesse oder gar Ablehnung des Selbst gedacht. Dabei sollte nicht die Beziehung den Menschen formen sondern umgekehrt.
Die Suche nach sich selbst muss nicht beim Partner beginnen. Ich meine, ich habe auch erst aus der Not heraus während einiger Partnerschaften das Kommunizieren gelernt, aber der Entschluss, es zu versuchen, der hat sich im Herzen entwickelt und war Teil einer Wertebildung, die ich selbstentschieden betrieben habe. Anders als ich es von meinen Eltern oder der Umwelt vorgelebt bekommen habe.
Um diesen Erguss endlich zu beenden, behaupte ich, dass jede Beziehung die Chance bietet, mit sich selbst zu arbeiten, sofern man vor dem Schmerz, den einem die eine oder andere Selbsterkenntnis liefert, nicht gleich davonläuft oder schweigt, wenn Reden angeraten wäre. Den Mut bringe ich auf, wenn es mir die Sache, der Partner wert ist. Wenn nicht, versuche ich es ohne, trete irgendwann die Flucht an, lecke meine Wunden, versuche es irgendwann wieder und hoffe, dass diesmal der Partner das alles für mich managt und dass es mir eine Weile ausreicht, in einer Beziehung zu sein, ohne mich darin wieder-, bzw. überhaupt zu finden.