Es kommt ganz d'rauf an...!
Totaloperation ist nicht gleich Totaloperation, die Indikationen / Gründe dafür können sehr unterschiedlich sein, dementsprechend sind auch die post-operativen Bedingungen durchaus unterschiedlich, und darüber hinaus geht auch jede einzelne Frau ganz persönlich unterschiedlich / anders mit ihrer Situation um und verarbeitet sie unterschiedlich, weil sie ihr sehr individuell eine unterschiedliche Bedeutung beimisst, die durch unterschiedliche Emotionen und Gefühle getriggert werden.
So ist es z.B. ein Unterschied, ob die OP erforderlich wird bei einer Frau, die bereits nach der Menopause angelangt ist, oder ob sie bereits Kinder hat und sich eventuell noch weitere Kinder wünscht, oder diesen Wunsch hat und noch kein Kind geboren hat. Es gibt Frauen, die die OP machen lassen, weil sie damit ihre monatlichen hormonellen Schwankungen und sie stark belastende PMS-Symptome in den Griff zu bekommen hoffen und froh sind, endlich keine Monatsblutung mehr zu haben, es gibt Frauen, die genetisch vorbelastet sind und deshalb hoffen, durch diese OP als Vorsorgemaßnahme das Risiko eines Gebärmutterkrebses für sich selbst ausschließen zu können, es gibt Fälle, wo eine Krebserkrankung diagnostiziert wurde, die sich aber erst im Anfangsstadium befand, so dass mit der OP eine völlige Gesundung verbunden ist, in anderen Fällen war die Erkrankung vor der Operation bereits soweit fortgeschritten, dass begleitend oder anschließend zusätzlich Bestrahlungen und oder Chemotherapie nötig war bzw. der Krebs bereits metastasiert und andere Organe befallen hat und man eventuell sogar weiß, dass diese Operation lediglich einen mehr oder weniger lang andauernden Aufschub in einem tödlich ausgehenden Krankheitsverlauf bringen wird.
Zusätzlich zu diesen unterschiedlichen medizinischen Umständen gibt es je individuell unterschiedliche soziale, familiäre und finanzielle Umstände, in denen sich eine betroffene Frau befindet. Ich habe während meiner eigenen Reha/AHB nach meiner Totaloperation Frauen kennengelernt, deren gesamte Lebensplanung umgeworfen worden war durch die Erkrankung und die Umstände, und die um eine neue Orientierung rangen, die sowohl ihnen als auch ihrer Familie und Umgebung gerecht werden könnte, Frauen, die befürchteten, weniger attraktiv für ihren Partner zu sein, eine hatte mitgehört, wie ihr Mann einem Arbeitskollegen gegenüber am Telefon gesagt hatte, seine Frau sei jetzt ausgenommen wie eine Weihnachtsgans und er befürchte, der Sex mit ihr sei jetzt nicht mehr gut, weil sich das für ihn dann ja anfühlen werde, wie wenn man eine Salami in den Hausflur werfe! Eine andere, Bäuerin, die schwere körperliche Arbeiten verrichten musste, was nach der Operation so nicht mehr möglich war, war verzweifelt, weil der Hof wohl nicht genug abwarf, um sich eine zusätzliche Arbeitskraft zu ihrer Entlastung leisten zu können, und sie befürchtete das Aus für den Hof und dass ihr bereits über 50-jähriger Mann keine Arbeitsmöglichkeit finden würde, die ähnlich selbstbestimmt wäre wie seither, und dass er und auch sie und ihre Ehe daran zerbrechen würde.
Ich könnte noch eine Reihe weiterer, jeweils ganz unterschiedlicher Umstände berichten, in denen sich weitere Frauen nach ihrer Totaloperation befanden, , aber ich hoffe, die bereits beschriebenen Beispiele genügen, um zu erläutern, dass die Eingangsfragen des EP einfach nicht pauschal und allgemein gültig zu beantworten sind und dass es für den TE meiner Meinung nach auch nicht wirklich weiterführend sein kann, zu erfahren, dass für die eine oder die andere betroffene Frau mehr oder weniger früh oder spät nach der Operation Sex wieder jeweils möglich oder gewünscht war.
In meinen Augen sind zwei Dinge ausschlaggebend: 1. Die Auskunft der behandelnden Ärzte, wann oder ab wann vom medizinischen Standpunkt nichts dagegen spricht, und 2. der Zustand der Partnerschaft und die dort gewöhnlich gepflegte Art und Weise liebevollen Austauschs und vertrauensvoller Kommunikation.
So sehr Sex gewöhnlich Bestandteil einer Liebesbeziehung ist, so sehr hat er gleichzeitig aber auch die Funktion eines Frühwarnsystems für die Beziehung. Wenn einer von beiden sich diesbezüglich unwohl fühlt und der intimen Begegnung ausweicht, dann gibt es in 99% der Fälle eine Ursache dafür, die auf der Beziehungsebene begründet liegt und dann auch dort zu suchen ist und in Ordnung gebracht werden muss, bevor der Sex wieder für beide als nährend und befriedigend erlebt werden kann.
Diese Operation, wie jede größere Operation, ist grundsätzlich krisenhaft für den Patienten/die Patientin, weil sie uns damit konfrontiert, dass wir es nicht selbst in der Hand haben, ob wir gesund leben oder weiter leben oder überhaupt am Leben bleiben können. Sie konfrontiert uns damit mit der Endlichkeit des Lebens, und dabei können unter Umständen auch Überlegungen aufkommen, ob man den Rest seines Lebens so weiter leben will, wie bisher, oder ob es nicht Zeit wäre, bestimmte Dinge und Umstände, die man bisher lieber nicht so genau angeschaut hat, nun doch und mutig zur Kenntnis zu nehmen und eine Veränderung bewusst einzuleiten. Das kann auch in Bezug auf eine Partnerschaft gelten, die vielleicht nicht oder nicht mehr glücklich ist und Konsequenzen einleiten, sowohl in Richtung Aussprache und gemeinsamer Neuanfang oder auch Aussprache und Einleitung einer Trennung.
Wohl dem Paar, das in der Lage ist, dies in Liebe, Offenheit, Vertrauen zum Anderen und gegenseitiger Achtung und Unterstützung auszuloten und sich neu zu finden! Die Chancen dafür stehen umso besser, je geübter beide darin sind, sich angstfrei und offen einander zu öffnen und anzuvertrauen und dabei Ressourcen- und Lösungs-orientiert zu denken und nicht Problem-orientiert.