form follows function?
Wie funktioniert das eigentlich mit dem Konstrukt, das hier alle -mit einem erstaunlich deutlichen Konsens über dessen Inhalt- als "Affäre" bezeichnen: man setzt sich hin, macht einen Vertrag und legt einen Stichtag fest, unterschreibt gemeinsam - und ab diesem Zeitpunkt hat man eine Affäre? Ist eine Affäre also eigentlich so etwas wie eine "Ehe light" aber ohne Trauschein, darüber aber mit Garantie auf ständige physische Nähe, fortwährendes Glück und Harmonie?
Provokant, aber genauso unsinnig.
Die Realität sieht doch ganz anders aus. Das Spektrum der möglichen Formen von Beziehung, von dem, was hier als angeblich so homogene Entität "Affäre" ausgebreitet wird ist so vielfältig, wie es Menschen gibt:
Man lernt einander kennen, interessiert sich füreinander, entwickelt ein emotionales Band (das durchaus loser oder enger sein kann), teilt womöglich sogar das Kopfkissen, trennt sich vielleicht irgendwann auch wieder ...
oder
Man lernt einander kennen, entbrennt in inniger Sehnsucht und reißt einander die Kleider vom Leib, um Stunden später mit einem dicken Kater zu erwachen ...
oder
Man lernt einander kennen, teilt Emotionen, vielleicht sogar nie das Kopfkissen, aber bleibt lebenslang sogar über Kontinente miteinander verbunden und kann jederzeit da wieder einsteigen, wo man beim letzten Treffen aufgehört hat ...
oder
Man findet einander spannend, stützt einander, denkt aneinander und hat darin schon genug für sich gefunden ...
oder
Man kann ohne den Anderen nicht mehr sein, will ihn täglich in seiner Nähe wissen, ist aber jede Minute frustriert, in der das nicht so ist ...
oder
Man will im Prinzip gar keine Affäre, sondern eine stabile Beziehung, leidet aber unter der Teilung von Bett, Zeit, Raum, so dass ein unpaares System entsteht ...
et et et
Was ist denn nun diese eindeutig definierte Affäre, bei der der Eine Geduld und Leidensfähigkeit braucht und der Andere nur Verursacher von Leid ist? Ein Verständnisproblem?