Das hat doch nichts mit Lustfeindlichkeit zu tun. Muss ich denn wirklich Lust auf jemanden haben, nur weil er ein Mann ist und ich mit ihm Sex haben
könnte? Ich teile unterschiedliche Werte mit Menschen. Bei den einen teile ich Werte, die eine Freundschaft perfekt machen, mit anderen teile ich Werte, die eine Liebschaft perfekt machen. Mit dritten teile ich so wenig Werte, dass keines zustande kommt.
Eine Freundschaft ist nicht "weniger", als eine Liebschaft. Ich glaube, das ist der Knackpunkt, den viele nicht begreifen. Sie verstehen Sex als das Intimste, Tollste, Außergewöhnlichste, was zwei Menschen miteinander teilen können (und argumentieren immer mit einem Trieb, den man anscheinend rational nicht analysieren und bewerten kann, was meines Erachtens nicht stimmt) und eine sexlose Beziehung gleich welcher Art ist für sie immer "weniger", in der Hierarchie immer "unter" der Sex-Beziehung.
Ich habe Sex mit Menschen gehabt, die mir nicht einmal nahe stehen. Ich hatte Sex mit Menschen, die ich mag, hatte Sex mit Menschen, die ich liebte, hatte Sex mit Menschen, deren Namen ich nichtmal kannte. Ich halte Sex nicht für das Übertollste und Beste, was zwischen zwei Menschen passieren kann. Ich halte romantische Liebe für das Tollste, was zwischen zwei Menschen passieren kann und diese ist meines Erachtens nicht daran gekoppelt, ob man Sex hat oder nicht. Romantische Liebe - nicht Sex - ist das größte Kompliment, das ich einem Menschen machen kann.
Und hierbei muss man sich nunmal daran gewöhnen, dass romantische Liebe für mich nur bei einem Maximum an geteilten Werten zustande kommt. Wer das als Beleidigung auffasst - die Freundschaft anstelle der Liebschaft - hat in meinen Augen ein Werteproblem, vor allem mit sich selbst.