Zunächst: Ich sehe nach der Erklärung desjenigen, der den Terminus "Maria-Dilemma" hier eingeführt hat, überhaupt kein Dilemma, zumindest nicht im eigentlichen Wortsinn. Letztlich ist es ja ein "normaler" Konflikt zwischen externen Regeln (die mehr oder minder stark internalisiert wurden) und eigenen, primären Wünschen oder Bedürfnissen. Von der Konstruktion her ist dies nichts anderes als der Konflikt zwischen "Du sollst nicht stehlen" und "Ich will aber das Spielzeug von Peter." Etwas sublimer als im Sandkasten womöglich, aber letztlich das alte Thema "Pflicht vs. Neigung". Wir sind jeden Tag hunderte Male in der Situation zwischen mehreren Werten entscheiden zu müssen (Lieber Sport oder Sofa? Lieber nett sein und runterschlucken oder lieber Aggressionen herauslassen? Und, und, und...), ohne dass wir das als Dilemma bezeichnen würden. Es ist halt ein Wertekonflikt. Und der stärkere Wert gewinnt. Mal ganz banal gesprochen. Und der schwächere kann ggf. ein schlechtes Gewissen machen: "Ich wollte aber eigentlich mehr Sport machen, menno!"
Ich verstehe die Frage des TE so, dass er gerne wüsste, ob es psychologisch valide ist, dass das schlechte Gewissen vermieden wird, da der Sub ja die Entscheidung und eo ipso auch die Verantwortung abgenommen wurde.
Dies ist natürlich jetzt Küchenpsychologie, aber man müsste schon ein wenig reflektierter Mensch sein, damit das funktioniert. Wenn die Person A aus eigenem Willen heraus (und nicht etwa einer Zwangslage) die Person B bittet, für sie zu entscheiden, und B sagt "Bring C um!", dann hat ja A immer noch die Verantwortung für den Mord, da die ursprüngliche vermeintliche Abgabe von Verantwortung ja bereits "verantwortungslos" war. Juristisch war sie natürlich ohnehin bedeutungslos, aber eben auch moralisch und vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Konventionen.
Nur ein sehr schlichtes Gemüt kann die Fiktion "Ich habe die Entscheidungsgewalt übertragen und bin damit auch nicht mehr rechenschaftspflichtig" aufrechterhalten.
My 5 cent...