Ich kenne meine Eifersucht ziemlich gut. Und ich mag sie nicht.
Meine Eifersucht ist Verlustangst. Das hat bei mir nicht so sehr was mit fehlendem Selbstbewusstsein oder Besitzansprüchen zu tun, sondern hat biografische Gründe. Ich hab die beiden Männer, die ich über alles geliebt habe, sehr plötzlich, ohne jede Vorankündigung wie schwere Krankheit oder ähnliches verloren.
Diese Verlustängste treiben mitunter bizarre Blüten. Eine davon ist eine etwas überproportionale Fürsorge mit Sprüchen wie „Brauchst Du vielleicht doch lieber einen Schal?“ oder „Hast Du schon was anständiges gegessen? Soll ich Dir eine Suppe machen?“ Bissi peinlich, aber noch auszuhalten.
Schwieriger zu kontrollieren sind Sachen wie meine überbordenden Ängste, dass „etwas passieren“ könnte. Da kommen dann so Sachen von mir wie „Gibst Du mir bitte Bescheid, wenn es später wird?“ oder „Schickst Du mir eine Nachricht, wenn Du angekommen bist?“
Das kann kontrollierend wirken. Aber meine Freunde (die beide Varianten genau so treffen wie meine Partner) und Lieben kennen meine Geschichte und mich, die wissen irgendwann, dass ich da grauenvolle Filme im Kopf haben kann. Die tun mir den Gefallen.
Die dritte Variante ist eben meine Eifersucht. Mir ist das total peinlich. Ich gönne so gerne, wenn jemand, der mir kostbar ist, Spaß hat, eine tolle Zeit, sich selbst auslebt. Ich bin nicht missgünstig. Mein zweiter Mann und ich hatten in den letzten Jahren unserer Ehe ein sehr schönes polyamores Beziehungsgeflecht mit anderen Partnern. Er war eifersuchtsfrei ab dem Punkt, wo klar wurde, dass das ganze und einander eher noch näher brachte. Der sagte dann „Süße, ich hab Dir ein anständiges Hotel gebucht, nicht sone Depribude, wenn das Date scheiße läuft, die haben einen tollen Wellnessbereich. Was ziehste an?“ Mit ihm konnte ich Beziehungsprobleme mit meinem Partner bereden.
Ich war da nicht immer so souverän. Er hatte lange eher Affären als längere Beziehungen. Und er nahm insofern Rücksicht, als dass er die Frauen nicht mit nach Hause brachte, während mein sub völlig selbstverständlich Teil unseres Alltags war. Allerdings war mein Mann auch so abgebrüht, dass er meine etwas zähnefletschende Freundlichkeit nutzte, um der einen oder anderen Dame klarzumachen, dass er tatsächlich keine Absicht hatte, mich zu verlassen oder gar mich durch die Dame zu ersetzen. Eine von ihnen hatte die schräge Idee, sie könnte statt mir in unserem (wirklich schönen) Haus wohnen. Als alles Reden, dass er wirklich nur eine Affäre wollte, nichts nutzen wollte, brachte er sie mal mit ins Restaurant. Danach wusste sie Bescheid.
An seiner Seite wurde ich ruhiger, gelassener. Er hatte am Ende eine sehr innige Beziehung zu seiner besten Freundin. Ich hab mich so für ihn gefreut. Und dann starb er.
Meine schlimmsten Ängste wurden Wirklichkeit. Abgesehen davon, dass es mich und mein Leben völlig auseinandergerissen hat, ist meine Eifersucht eher schlimmer geworden. Ich krieg Schaum vorm Mund. Wegen nix.
Wie ich damit umgehe? Wie immer. Es ist mir totnotpeinlich. Und ich gebe mir ungeheure Mühe, es nicht am anderen auszutoben. Das führt zuverlässig dazu, dass mein Lächeln etwas schmallippig ist und ich mir selbst total peinlich bin. Zum Glück kann ich über mich und meine Macken ganz gut lachen und man kann mich damit verarschen. Das geht vor allem dann gut, wenn die anderen Sachen zwischen uns funktionieren und wir drüber reden können. Und wenn der andere mir bei den anderen Auswüchsen meiner Verlustängste etwas entgegenkommen kann. Sich eben nicht bemuttert fühlt, wenn ich bei einem Schnupfen mit meiner kompletten Batterie Hausmittel anrücke. „Ich hab Hühnersuppe gekocht, magst Du Ingwer, egal, wirkt Wunder, Du musst Dich warmhalten, Schlaf ist total wichtig, wie? Du willst damit arbeiten gehen? Da steckst Du höchstens alle anderen an“ und so weiter und so fort. Total peinlich. Mann darf lachen. Und Suppe essen. Die ist wirklich gut.
Und die Sache mit dem Bescheidgeben. Mein Mann kam mal zwei Stunden zu spät, Handyakku war alle gewesen. Ich war inzwischen felsenfest davon überzeugt, dass er tot in der Leitplanke hing. Als er reinkam, saß ich heulend am Boden. Und auch wenn ich ganz gut gelernt habe, meine Ängste nicht so eskalieren zu lassen, es macht es mir so viel leichter, wenn nur eine kurze Nachricht kommt „Bin da. Alles
gut.“
Mit meiner Eifersucht ist es einfacher. Da reicht Reden. Und so Sätze wie „Das ist wirklich wichtig für mich und hat nichts mit uns zu tun.“ Dann kann ich mich aufrichtig für den anderen freuen. Und beiße mir beim Lächeln nur manchmal auf die Lippen.