„Vielleicht hat das schon jemand anderes hier geschrieben (denn ich habe nicht alle Beiträge gelesen), aber ich kenne den Begriff "sexpositiv" schon lange, und er ist für mich kein neumodischer Schnickschnack, sondern ein Begriff aus dem Feminismus, und zwar einer, der eine Richtung des Feminismus von einer anderen (älteren) abgrenzt:
In den 70er-Jahren gab es die sog. 2. Welle des Feminismus, in Deutschland bekannt war Alice Schwarzer, und diese Feministinnen galten als sexualfeindlich, waren oft generell gegen Pornographie, Prostitution, BDSM usw, denn dies galt alles als Machtausübung durch Männer und dementsprechend als komplett verdammenswert.
Seit den 90er-Jahren gab es dann die 3. Welle des Feminismus, vom Stil her punkiger (Riot-Grrrl) und nun "sexpositiv" (Begriff aus den späten 80ern der USA, in Deutschland seit den 90ern verwendet), mit der Meinung, dass Pornographie, Prostitution und BDSM nicht generell böse sind, sondern auch für Frauen gut sein können, wenn die Bedingungen die richtigen sind (Konsens, Gleichbereichtigung usw.) - typisches Beispiel: der Slutwalk - Frauen sollen das Recht haben, sich sexy zu kleiden, aber dies ist keine Einladung zu sexueller Gewalt. Mehr geschichtliche Infos hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Sex-positiver_Feminismus
Für mich hat "sexpositiv" durchaus eine wichtige Bedeutung, weil ich mich schon lange unter FeministInnen bewege. Ich habe noch in den 90ern viele Feministinnen des "alten Schlags" (obwohl erst Mitte 20) kennengelernt, die Pornos, Sexspielzeuge, Fetischkleidung und BDSM wütend abgelehnt haben, aber seit den 2000ern kenne ich viele moderne - sexpositive - Feministinnen, und freue mich darüber.
Danke. Ich hab drauf gewartet, dass es wer vor mir schreibt - witzig, dass es zwei Männer sind, die diesen Zusammenhang kennen!
Ja, ich kenne den Begriff "sexpositiv" auch da her. Ich habe vor längerer Zeit einmal recherchiert, weil ich es nicht akzeptieren wollte, dass Feminismus á la Alice Schwarzer und Andrea Dworkin Pornos und BDSM zwangsläufig ablehnen musste. Und, tadaa - ich stieß auf Pat Califia, Samois etc., und die feminist sex wars! Seit damals ist mir sexpositiver Feminismus ein Begriff, der sich von niemandem vorschreiben lassen will, wie (weibliche) Sexualität auszusehen hat.
Somit, meine Bedeutung von "sexpositiv":
1. Der eigenen Sexualität und der anderer Menschen als ganz normalen und lustvollen Teil des Lebens positiv gegenüberstehen, sie annehmen und ausleben, auch thematisieren.
Und 2. verschiedene Arten von Sexualität akzeptieren und tolerieren, auch wenn sie nicht die eigenen sein mögen, unter der einen Bedingung, dass alle Beteiligten freiwillig und einvernehmlich mitmachen (was Minderjährige auch von vornherein ausschließt). Das heißt nicht, dass einem selber alles gefallen muss, aber man kann und soll anderen ihre Sexualität lassen, auch und gerade dann. Und auch alles im weiteren Sinne, was mit Erotik und Sexualität zu tun hat, z.B. Kleidung und Styling.
(Diese Interpretation ist bewusst geschlechtsneutral gehalten, ich möchte die Feminismus- und Gleichberechtigungsdebatte hier bitte nicht führen.)
Daher: Kein Modewort, sondern eine Einstellung.
Er von Drachenliebe schrieb