Ich würde Sexpositivität etwas breiter fassen. Grundsätzlich versammelt sie verschiedene Kernaspekte anderer Bewegungen und Strömungen: etwa die Achtsamkeit u.a. aus der Welt des Tantra, die Ablehnung zumeist pornografisch geprägter Geschlechterkonstellation des lustfreundlichen Feminismus (ohne Pornografie oder Sexualität zu verdammen) oder den geradlinigen Umgang mit Sexualität aus dem queeren Kosmos.
Sexpositiv zu sein, ist eine grundlegende Haltung. Ich würde folgende Säulen setzen:
Bewusstsein
Du nimmst deine Sexualität nicht als getrennten Lebensbereich wahr, du bist dir bewusst, dass sich eine erfüllte Sexualität positiv auf dein Lebensgefühl auswirkt. Du bist bereit zu hinterfragen, was du glaubst, über Sex zu wissen. Immer und immer wieder. Ein sexpositives Bewusstsein heißt entsprechend: (sexuell) nie ausgelernt zu haben.
Achtsamkeit
Achtsamkeit heißt, loszulassen, im Moment zu leben, ihn wirken zu lassen. Dieses vorurteilsfreie Öffnen der Wahrnehmung ermöglicht es, aus Gedanken- und Bewertungsmustern auszubrechen.
Offenheit
Eng verzahnt mit dem Aspekt des Bewusstseins: Du bist bereit, dein Verständnis von Schönheit und Sexyness zu erweitern, bist offen gegenüber anderen Körperformen, Praktiken, Kinks und Gendern. Es geht um eine Neugierde gegenüber sexuellem Neuland, was gelegentlich heißt, seine Komfortzone zu verlassen.
Kenntnis
Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht: Wer sich sexuell ausprobieren mag, sollte über grundsätzliche Sexualkenntnisse verfügen – von Safer Sex über Kinks bis Gender. Plus: Du kennst dich und deinen Körper – und deine aktuellen Grenzen. Je mehr du über dich und (deine) Sexualität weißt, desto höher das Spaßpotential.
Positivität
Sex ist gut und du weißt es und lebst danach. Sexpositiv zu sein, zeigt sich nicht nur in explizit sexuellen Situationen, sondern ist eine Grundhaltung gegenüber Menschen.
Wichtig dabei und schon von
@****eee genannt: Sexpositivität ist kein Kampfbegriff, der herkömmliche Lebensstile verteufelt. Das ist eben der Kern: das Eintreten für eine positive, auf Konsens beruhende Sexualität, ohne Spielarten und Lebensstile, die über den/die eigenen hinausgehen oder aber enger gefasst sind, anzugreifen.