Ich bin nicht der Meinung, dass die Mitglieder der BDSM-Community weniger tolerant sind, als der Rest der menschlichen Gesellschaft, allerdings ist diese Gruppe imo durchaus anfällig für Konflikte, die diesen Eindruck entstehen lassen können.
1. Menschen sind immer dann besonders anfällig für Intoleranz wenn es um identitätsstiftende Sachverhalte geht.
Für die meisten die sich oder andere als BDSMler bezeichnen ist die Teilnahme an diesem Spektrum identitätsstiftend. Für sie ist BDSM keine optionale Praxis, sondern ein inhärenter Bestandteil ihres Seins.
2. Identitätsbildung bei Menschen erfolgt weitestgehend exklusiv, also durch abstoßen "der Anderen". Am deutlichsten ist dieser Mechanismus bei BDSM-Praktizierenden durch den Begriff der "Vanillas" erkennbar.
Es ist nicht viel nötig sich ein Seil zu nehmen, jemanden ans Bett zu binden und ein bisschen in die Brust zu kneifen, sodass leicht die wahrgenommene Gefahr einer Verwässerung der Praxis und damit einhergehende Entwertung der eigenen Identität entsteht.
3. Menschen wollen ihre Identität positiv erleben. Die größte Bedrohung für dieses Erleben sind dabei nicht "Aggressoren" von außerhalb der Gruppe, sondern vermeintlich subversive Elemente der eigenen Gruppe, die dem Ansehen derselben entweder aktiv schaden, oder wenigstens durch fragwürdiges Verhalten Aggressoren eine Angriffsfläche bieten.
Nun ist BDSM aus Gründen die ich wahrscheinlich nicht weiter erläutern muss in einer recht prekären Situation. Die Dinge die Mitglieder dieser Gruppe ehrlich als Genuss erleben können sehr einfach als gewaltvolles (und damit sowohl moralich abstoßendes, wie legal strafbares) Handeln dargestellt werden, sodass wahrgenommene Grenzgänge extrem gefährlich wirken.
4. Dominanz duldet keine Konkurrenz. Tatsache ist, dass ein sehr großer Teil (ich wage zu behaupten die überwiegende Mehrheit) der BDSM-Community Dominanz einen extrem hohen Stellenwert zuweißt. Sei es durch Reproduktion oder durch Konsum. Unterschiedliche Dominante Auffassungen können aber nur in zwei wesentlichen Stadien koexistieren: Konflikt oder beiderseitige Ignoranz.
Wobei ich betonen möchte, dass die Tatsache das die Auffassung "Was Dom25 über BDSM denkt ist mir scheißegal, es betrifft mich nicht." in meinen Augen eben die o.g. Ignoranz ist, nicht im eigentlichen Sinne Toleranz. Was einen nicht tangiert, muss man auch nicht tolerieren.
Angesichts all dieser Konfliktpotentiale ist die Zahl der Grabenkämpfe innerhalb der Community imo recht überschaubar.
But we are all just stupid humans. We like to compare, we like to judge, we like to be valid.
Die eigene Identität zu definieren und zu verteidigen ist notwendig und bis zu einem gewissen Grad auch gesund. Man muss nur darauf achten es nicht zu übertreiben - als BDSMler genau wie als Metalhead, als Gamer, oder als Mitglied einer nationalen Gemeinschaft.