Wir haben da zwei Ebenen. Frau und Mann haben grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten, Rechte, Pflichten - theoretisch. Denn da ist die andere Ebene: Sozial wird männliches Verhalten im allgemeinen anders bewertet als weibliches, wenn es um die Partnersuche geht. Ja, manche setzen sich mit einer individuellen Entscheidung darüber hinweg. Aber generell wird initiatives und offensives Flirtverhalten einer Frau zumindest als ungewöhnlich betrachtet. Meist kommt dieser „leicht zu haben“-Eindruck hinzu als müsse es besonders schwer sein, es einem anderen Menschen zu ermöglichen, sich der Frau nähern zu können.
Es scheint dafür kulturelle Gründe zu geben. Ich denke, ein Grund ist eigentlich das (männliche oder auch menschliche?) Dominanz- und Besitzanspruchsdenken. Ausgehend von der männlichen Idee „die Frau gehört mir“ hat sich über die Jahrhunderte zumindest in unserem Kulturkreis ein formelles und informelles Regelwerk gebildet, das das Ausleben von Sexualität stark reglementiert und im Prinzip nur in Form der Ehe zwischen Mann und Frau in monogamer Dauerbeziehung erlaubt. Die Ehe als solche ist religiös gestützt und auch staatlich als gewollte „Keimzelle“, die besonderen Status genießt. Alle anderen Formen eines Zusammenlebens und des Auslebens von Sexualität werden höchstens toleriert.
In Deutschland hat das traditionell zu einer Schlechterstellung von Frauen geführt (Wahlrecht, freie Berufswahl, Zugang zu Bildung usw.) und auch zu einer Verächtlichmachung, vielleicht auch Unterdrückung weiblicher Sexualität.
Ich denke, das führte durchaus dazu, dass sich dieses kollektive Denke verfestigt hat und dass man als Frau nicht einfach auf jemanden zugehen konnte (und kann) und mitteilen kann: „Du gefällst mir und eigentlich möchte ich gerne mit dir schlafen“ (ja, einige wenige können und tun das, oft aber unter Akzeptanz möglicher sozialer negativer Reaktionen, siehe Dortmatratze). Kulturelle Codes „verbieten“ das.