Hallo Kaylin,
Ich kann verstehen, wie deprimierend es für dich sein muss, dass sich euer Sexleben in so eine unbefriedigende Richtung entwickelt hat. Es ist sehr stark von dir, dass du nicht gleich die Flinte ins Korn wirfst, sondern progressiv nach Lösungen suchst.
Umso mehr ist es verständlich wie frustriert du bist, da deine Bemühungen eine offene Kommunikation herzustellen, mit dem Kommentar abgewatscht werden, dass du meckerst.
Hinzukommt, dass dein Partner sich derzeit weder um deine sexuellen Bedürfnisse kümmert, noch dir im alltäglichen Haushalt zur Hand geht und zusätzlich liebende erotische Kleinigkeiten zurückgefahren hat. Es scheint als würdest du dich überdrüssig fühlen durch so wenig Begehrtheit seineirseits.
Ich war bereits in beiden Situationen. Zuerst habe ich mich ähnlich verhalten wie dein Freund. Ich hatte ein beschissenes halbes Jahr und habe dauerhaft schlechte Laune gehabt. Ich war so mit mir selbst beschäftigt, dass mir meine (Ex-) Freundin eigentlich nur auf den Zeiger ging, mit ihrer guten Laune, ihrem Drang etwas zu machen, ihren Planungen usw. Ich konnte es einfach nicht wertschätzen. Irgendwann ist es ihr aufgestoßen und sie hat das Gespräch gesucht, was ich gekonnt umschifft habe (habe ich wohl von meinem Vater gelernt).
Wir waren irgendwann am gleichen Punkt wie ihr jetzt wohl seid, sie hat sich nach etwas gesehnt, was ich nicht bereit war zu geben.
Nach einiger Zeit habe ich dann endlich kapiert, was ich da anrichte und gelobte Verbesserung. Sie allerdings hat sich schon so in diese neue Rollenverteilung versteift, dass das Spiel komplett kippte. Jetzt versuchte ich plötzlich ihr alles recht zu machen und sie wollte es nicht. Ich ging ihr mit jedem neuen Versuch auf den Keks.
Unser Sexualleben schlief nach einer Weile dann komplett ein. Ich kann mich noch ziemlich gut erinnern, dass es fast 1 Jahr sexlos war (mit vielleicht 2 kleinen Versuchen, die nicht mal 5 Minuten gedauert haben). Der Druck war immens, die Ansprüche von uns beiden an uns beide zu hoch. Ich bettelte quasi darum, mehr Zuneigung zu bekommen, dass sie mir immer wieder eine Chance gibt. Dabei hatte sie selbst innerlich schon abgeschlossen und ist aus Mitleid, geprägt durchs Gesellschaftsbild oder der Hoffnung, dass die Vergangenheit zurückkehrt, mit mir zusammengeblieben.
Was habe ich in diesem Jahr gemacht? Wir waren durchs Studium gezwungen eh schon räumlich getrennt. Ich habe viel mit anderen über die Situation geredet und mich abgelenkt/ablenken lassen.
Mit einem sehr guten Kumpel, haben wir jeden Abend zusammen Serien geschaut, ich habe wieder viel mehr Sport getrieben, habe jede Veranstaltung, die die Uni anbot mitgenommen und sexuell mit mir selbst geforscht.
Ich gebe zu, es war kein einfaches Jahr, ich bin oft übers Wochenende nach Hause, um zu retten, was nicht zu retten war und kam total gefrustet wieder zurück. Ihm nachhinein denke ich mir, wir hätten gut und gerne 6 Monate vorher den Cut machen können, auf der anderen Seite, weiß ich zumindest so, dass ich alles versucht habe.
Wir beide haben uns während unserer Abwärtsspirale nicht betrogen. Ich habe durchaus mit dem Gedanken gespielt, ich wollte zu dem Zeitpunkt aber nur sie.
Von daher war der Verzicht auch gar nicht so schwierig, da ich auf ein Wunder gewartet habe. Die Hoffnung war unglaublich stark, dass es wieder besser wird, so wie früher. Was ein Irrglaube.
Zu meinem Fazit, ich denke Verzicht kann phasenweise sinnvoll sein. Z.B. wenn die Frau nach der Geburt erst einmal keine Lust hat. Das kann ich absolut nachvollziehen und mein Verzicht würde bedeuten, dass ich mich erst einmal mit mir selbst beschäftige und ihr ihren Freiraum gebe. Das würde ich auch für stressige Zeiten usw. handhaben. Was ich aus meiner letzten Beziehung gelernt habe, nach einer gewissen Weile einen Schlussstrich zu ziehen. Ob jetzt mit oder ohne Ultimatum, kommt auf die Umstände an.
Jeder muss für sich selbst definieren, wann der Zeitpunkt gekommen ist, dass das eben nicht mehr temporär ist, sondern eine Gewohnheit. Es ist normal, dass Menschen in Beziehungen in Rollen schlüpfen, die anhand ihrer Eigenschaften gut von ihnen ausgeführt werden. Das ist im Beruf nicht viel anders.
Da kann in einer Liebesbeziehung schnell das Gefühl aufkommen, dass man selbst ja dauernd mehr gibt als der andere. Wenn ihr also im Trott seid und du diesen versuchst zu durchbrechen und er speißt dich damit ab, dass du schon wieder meckerst. Was tust du?
Wie kriegst du es hin, ihm klipp und klar mitzuteilen, dass diese Antwort alleine schon ein Schmerz ist, weil er immer noch nicht verstehen will, dass es dir wichtig ist. Ich sehe durchaus, wie verzeifelnd das für dich sein muss.
Es ist unglaublich schwer sich selbst zu verändern, jemand anderes zu verändern ist noch iel schwerer und quasi unmöglich, wenn derjenige gar nicht geändert werden möchte.
Ich denke früher oder später wirst du an dem Punkt angelangt sein bzw. bist du es ja bereits, an dem du die derzeitige Beziehungsform in Frage stellst. Und damit meine ich jetzt nicht direkt sich trennen.
Ich lese aus deinen Beiträgen verhärtete Fronten, Ratlosigkeit und Frust. In meinen Augen müsst ihr alle Karten auf den Tisch legen, mischen und neuverteilen. Und das möglichst beziehungskrisenemotionsfrei. Nur wird das nur funktionieren, wenn er gewillt ist mitzumachen. Ansonsten kannst du den Talon auch einfach mitnehemen und dir alle Karten selbst geben.
Ich wünsche dir viel Kraft bei deinen nächsten Versuchen, dein Glück wieder zu erlangen.
Le Sybarite