@Schlumselduft
G-Punkt und weibliche Ejakulation
Dr. med. Britta Bürger, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Was ist der G-Punkt?
Auf der Suche nach einem Lustzentrum in der Scheide der Frau wurde 1950 von dem deutschen Gynäkologen Ernst Gräfenberg eine Region bzw. Zone in der vorderen Scheidenwand beschrieben, die für besonders intensive Orgasmen verantwortlich sein soll. Gräfenberg ging davon aus, dass allein die Stimulierung der Klitoris beim vaginalen Geschlechtsverkehr für den Höhepunkt nicht ausreicht. Er beschrieb eine Zone entlang der Harnröhre, der auch von anderen Wissenschaftern eine besondere Sensibilität zugeschrieben wurde. Die Scheidenwand selbst hat keine sensiblen Nervenendigungen.
Später wurde diese Region von den US-amerikanischen Wissenschaftern John D. Perry und Beverly Whipple (Rutgers University in Newark, New Jersey) zu Ehren Gräfenbergs als "G-Punkt" bezeichnet. Seit damals sind zahlreiche Untersuchungen diesbezüglich durchgeführt worden. Fest steht, dass jede Frau einen G-Punkt hat, aber nicht jede dessen Stimulation als erregend empfindet. Genauso, wie nicht jede Frau die Berührung der Brüste als sexuell stimulierend wahrnimmt.
Diese sensible Zone wurde bereits im 17. Jahrhundert von dem niederländischen Anatom De Graaf beschrieben. Er stellte eine Ähnlichkeit des Gewebes an der vorderen Scheidenwand mit der Prostata beim Mann fest. Zudem erwähnte De Graaf auch schon die "weibliche Ejakulation".
Wo liegt die G-Zone?
Die G-Zone befindet sich in einer Entfernung von etwa vier bis fünf Zentimetern vom Scheideneingang hinter der Scheidenvorderwand. Sie liegt nicht direkt in der Scheidenwand, sondern dahinter in der Nähe der Harnröhre. Die weibliche Harnröhre ist von einem Gewebe umgeben, das bei Erregung - ähnlich dem männlichen Penis - anschwellen und hart werden kann. Zusätzliche Drüsen lassen den Vergleich mit der männlichen Prostata zu.
Was passiert in der G-Zone während der sexuellen Stimulation?
Ist die Scheide noch trocken, so ist die Stimulation dieser Region eher unangenehm. Sie wird mit dem Gefühl des Harndrangs in Verbindung gebracht. Erst mit steigender Lust wird die Reizung der Zone als erregend empfunden. Die Region um die Harnröhre, besonders am Winkel im Übergang zur Blase, schwillt an. Man kann einen ovalen Knoten von 1,5 bis 2 cm Durchmesser ertasten. Die Größe ist nicht maßgeblich und variiert von Frau zu Frau.
Bei fortgeführter Stimulation kann es beim Orgasmus zu einer Ausschüttung von Flüssigkeit kommen. Auch Mehrfachorgasmen sind möglich. Whipple und Perry zufolge lässt sich die Empfindlichkeit steigern, der Körper soll gewissermaßen sensibilisiert werden. Eine Verbesserung der Lustempfindung soll erreicht werden, indem man selbst oder der Partner die Region gezielt stimuliert. Diese Meinung wird jedoch von anderen Sexualwissenschaftern nicht geteilt.
Wie kann man beim Geschlechtsverkehr die G-Zone stimulieren?
In der Missionarsstellung ist eine ausreichende Stimulation dieser Region durch den Penis - allein schon aus anatomischen Gründen - eher nicht möglich. Mehr "Erfolg" verspricht es, wenn die Frau "oben" sitzt oder der Geschlechtsverkehr a tergo, also "von hinten", durchgeführt wird.
Was ist die "weibliche Ejakulation"?
Wenn die Scheidenvorderwand stimuliert wird, schwillt das Gewebe rund um die Harnröhre an. Es ist eine längliche Erhebung tastbar. Die Stimulation wird als besonders lustvoll empfunden. Dabei kann es passieren, dass Flüssigkeit abgesondert wird - es handelt sich keinesfalls um Urin. Manchmal kann es richtig "spritzen". Ob es nun "spritzt" oder nur als extremes "Nasswerden" empfunden wird, ist individuell verschieden. Die Flüssigkeitsmenge ist unterschiedlich und variiert von einigen Tropfen bis zu einigen Millilitern. Das Sekret stammt aus den Drüsen rechts und links der Harnröhre, den so genannten Skene-Drüsen.
In der Analyse ähnelt das weibliche Ejakulat dem des Mannes - natürlich ohne Samenzellen zu enthalten. Es kann milchig bis hellgelb sein. Der Geruch ist von Frau zu Frau verschieden und hängt auch von der Zahl der Ejakulationen und den Lebensgewohnheiten ab. Einige Frauen "ejakulieren" auch bei anderen Formen der Stimulation, also z. B. durch Oralsex oder Klitorisstimulation. Die Ejakulation muss aber nicht zwangsläufig bei jedem Orgasmus auftreten. Auch sollte es nach der Erkenntnis, dass es die weibliche Ejakulation gibt, nicht das Ziel des Sexuallebens sein, diese immer erreichen zu wollen. Ob sie erlernbar ist, bleibt unklar, denn die genaue Physiologie ist noch nicht bekannt.
Welche Probleme können bei der weiblichen Ejakulation auftreten?
Oft glauben Frauen, dass sie zu "nass" sind oder urinieren, wenn sie einen Orgasmus haben. Sie empfinden es als unangenehm oder schämen sich. Auch Männer können sich unter Umständen durch den vermeintlichen "Urin" peinlich berührt fühlen. Aus falschen Schamgefühlen kann es sogar so weit kommen, dass Frauen beginnen, ihren Orgasmus zu unterdrücken.
Welche Funktion wird dem G-Punkt noch zugesprochen?
Die Gräfenberg-Zone scheint auch bei der Geburt eine wesentliche Rolle zu spielen. Sie soll einigen Wissenschaftern zufolge einen Schmerz lindernden Effekt während des Geburtsvorgangs haben. Diese Annahme wird auch durch Ergebnisse aus Tierversuchen unterstützt. Durch Druck auf den G-Punkt oder dessen Stimulation kommt es bei den Gebärenden zu einer Erhöhung der Schmerzschwelle. Das beruht darauf, dass die Reizung des G-Punktes zur Ausschüttung körpereigener Schmerzmittel - so genannter Endorphine - führt.
Weiters wird diese Beobachtung durch eine Studie unterstützt, in der Mexikanerinnen untersucht wurden, die während des Geburtsvorganges besonders schmerzempfindlich waren. Dabei wurde festgestellt, dass durch deren extrem hohen Chilikonsum - und die dadurch erhöhte Aufnahme des Wirkstoffs Capsaicin - die Region des G-Punktes an Sensibilität verloren hatte und somit der schmerzlindernde Effekt nicht eintrat.
Redaktion Dr. med. Katharina Larisch
Quelle xxx.net.doktor.de
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Von Dr. med. Jochen Kubitschek
Man sollte es nicht für möglich halten – aber wenn man den in Internet-Foren oder in Leserbriefen veröffentlichten Erfahrungsberichten vieler Frauen Glauben schenken will, dann haben selbst Frauenärzte gelegentlich noch nichts von der weiblichen Ejakulation gehört. Entsprechende Fragen ihrer Patientinnen werden verblüffend oft mit einem totale Ahnungslosigkeit verratenden Achselzucken beantwortet. Da weder Masters und Johnson noch Kinsey das Phänomen „weibliche Ejakulation“ in ihren Studien und Publikationen beschrieben, blieb die weibliche Ejakulation lange Zeit unerforscht.
Doch vor wenigen Jahren flammte die Diskussion um die weibliche Ejakulation plötzlich auf. Sexualwissenschaftler entdeckten immer mehr Hinweise auf eine Art „Freudenfluss“, der zwar aus der Harnröhre tröpfelt, aber sich deutlich von Urin unterscheidet und eher dem männlichen Prostatasekret ähnelt. Im Zustand sexueller Erregung entleert sich bei einigen Frauen zwischen einem und drei Teelöffeln einer wässrigen bis milchigen Flüssigkeit, die wahrscheinlich von den neben der Harnröhre gelegenen „paraurethralen“ Drüsen gebildet wird. Auch die Bartholinschen Drüsen, ähnlich den Cowperschen Drüsen des Mannes, könnten ein Glückströpfchen beisteuern.
Sucht man gründlicher nach Informationen zu diesem Phänomen, dann entdeckt man, dass die weibliche Ejakulation eigentlich schon lange bekannt ist. Der berühmte Entdecker des G-Punkts, Dr. Gräfenberg, hat schon vor 50 Jahren darüber geschrieben, und die Kölner Ärztin Sabine zur Nieden hat Anfang der 90er Jahre eine große Studie dazu veröffentlicht. Im Mai 1994 erschien ein Artikel in der Cosmopolitan, der auf dieser Studie basierte und in dem man folgendes erfährt: Bei der weibliche Ejakulation handelt es sich um eine wässrige Flüssigkeit, die aus winzigen Ausgängen kommt, die in oder auch neben der Harnröhre liegen. Es ist aber kein Harn, obwohl viele Frauen es dafür halten und aus diesem Grund leider ihren Orgasmus zurückhalten - aus Scham, dabei zu "urinieren". Die Menge des Ejakulats variiert stark: von ein paar Tropfen bis zu einem richtigen Schwall. Etwa jede dritte Frau hat beim Orgasmus (oder ganz kurz davor) schon mal einen kleinen oder auch größeren Erguss erlebt, jede zehnte regelmäßig.
Wie dieser Orgasmus mit Ejakulation erlebt wird, ist ganz unterschiedlich, manche sagen, er sei intensiver, andere sagen, er habe eine andere Qualität. Auch der Weg hin zur Ejakulation wird von den Frauen als unterschiedlich beschrieben. Bei manchen ist die Stimulation des G-Punktes erforderlich, bei manchen spielt die Reizung der Klitoris die größere Rolle - bei manchen muss beides zusammen kommen.
Sabine zur Nieden hat ihre Studie auch als Buch publiziert, dessen Neuauflage man nun wieder im Buchhandel erhalten kann.
Die Autorin gibt in dem Buch Antworten auf viele Fragen: Weibliche Ejakulation, männliche Klitoris, weibliche Prostata, männliche Frigidität, weibliche Potenz? Gibt es das?. Dabei weitet sie Begriffe der Physiologie der sexuellen Reaktion, der Anatomie der Sexualorgane sowie historisch gewachsene Zuordnungen, die bisher eindeutig dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zugeordnet wurden, auf das jeweils andere Geschlecht aus. Ihre Betrachtung bestätigt: Die tatsächlichen körperlichen Unterschiede sind geringer, als die bisherige Sicht auf die Geschlechter vermuten ließ. Die historisch wie empirisch angelegte Untersuchung zeigt, wie schon die im antiken Griechenland geläufigen Bezeichnungen ›der weibliche Samen‹ oder ›die weibliche Ejakulation‹ zugunsten einer männlich dominierten und auf die Fortpflanzungsfunktion reduzierte Sicht der Sexualität an Bedeutung verloren.
Quelle xxx.frauenheilkunde.medizin-2000
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