Lebensgefährlicher Blödsinn...
Eigentlich liegt mir das "klugscheissern" gar nicht, aber nach meinem Ermessen sind beim Lesen der bisherigen Beiträge zu diesem sehr ernsten Thema (es geht um Menschenleben!) ein paar grobe Fehlinterpretationen möglich.
One-Night-Stands sowie wechselnde Sexualpartner sind eine Risikosituation, die zum temporären Ausschluss von einer Blutspende führen = Mindestens 4 Monate keine Spende! (Entsprechend der Richtlinie der Bundesärztekammer, die gemäss Transfusionsgesetz für alle Spenden in Deutschland gültig ist)
Ob die sexuellen Kontakte "geschützt" oder "ungeschützt" stattgefunden haben, ist dabei im Zusammenhang mit den formellen Spenderkriterien völlig unerheblich.
Von einer Spende sind in Deutschland auf jeden Fall dauerhaft ausgeschlossen:
• Homo- und Bisexuelle Männer
• Prostituierte (m / f)
• Häftlinge
• Drogenabhängige
• Personen mit HIV, Hepatitis, etc.
(diese Ausschlussgründe sind rein durch den entsprechenden erhöhten statistischen Anteil dieser Gruppen im Vergleich zur "Allgemeinheit" an den HIV-Infizierten begründet)
Sexuelle Kontakte mit einer dieser Personenkategorien (wenn man selber ansonsten nicht dazugehört) müssen auch mindestens 4 Monate zurückliegen.
Häufig werden in Deutschland statt den erwähnten 4-Monaten sogar 12 Monate gefordert oder noch weitere Gruppen zu den dauerhaften Ausschlussgründen gezählt (Bsp. Uni Klinikum Köln: Wer jemals in seinem Leben häufig den Intimpartner gewechselt hat = lebenslanges Verbot).
Mir dreht sich der Magen, wenn ich hier von langjährigen Spendern lese, denen die Definition von "Risikosituationen" völlig unbekannt ist.
Wer diese Fristen NICHT einhält, handelt völlig verantwortungslos und nimmt eine schwere Schädigung (Tod/Körperverletzung) von unschuldigen Patienten in Kauf !!
Das ganze hat seinen Grund in der Limitierung der Tests - leider ist die Situation eben nicht ganz so unproblematisch, wie man das aufgrund der Beiträge hier hätte verstehen können! Hier waren ein paar grobe Fehlinformationen darunter...
Tatsache ist:
• Die 4 Monate Spenderausschluss (bei ONS / Swinger / ...) haben einen ganz realen Grund im sogenannten "Diagnostischen Fenster" der Blut-Tests (Zeitraum zwischen Infektion und dem ersten möglichen Nachweis im Blut); ebenso spielen, wie richtig erwähnt, auch noch die Latenzzeiten von allen übrigen Infektionen/Krankheiten eine Rolle.
• Diagnostisches Fenster am Beispiel HIV: Es werden heutzutage zwei verschiedene Testmethoden gleichzeitig verwendet: HIV-Antikörper-Screening ("AntiHIV" Test; ELISA oder Immunochem. Schnelltest) und HIV-Erbgut(DNA)-Test (HIV-NAT oder PCR/TMA)
• Problem:
1. Beim Antikörper-Test ("AntiHIV") müssen zwischen einer HIV-Infektion und dem Test im Durchschnitt 25 Tage liegen, nur dann kann der Test korrekterweise ein "positives" Resultat liefern (vorher liefert der Test "HIV-Negativ", auch wenn eine Infektion vorliegt). Bis bei 2/3 aller HIV-Infizierten Blutproben ein positives Resultat gemessen werden kann, vergehen sogar 6-8 Wochen !!
2. Der seit 2004 in Deutschland vorgeschriebene (auch in der Schweiz, den meisten westlichen EU-Ländern, USA, Kanada, Japan) HIV-NAT Test hat noch ein kürzeres diagnostisches Fenster, hier ist eine Erkennung schon nach 10-12 Tagen nach der Infektion möglich (allerdings ist dieser Test alleine in einigen Spezialfällen nicht immer zuverlässig, deshalb muss der Antikörper-Test eben auch funktionieren!).
Und jetzt das Allerwichtigste: Die erwähnten 10-12 Tage bzw. 6-8 Wochen können NIEMALS verkürzt werden.
Die Geschichte mit der Zwischenlagerung bis der Test dann ansprechen kann, ist ein Mythos und verleitet zu völlig falschen Schlüssen (Begründung ganz grob verkürzt: Vollblut muss innert 24h in seine Bestandteile zerlegt werden; während Blutplasma bis zu 2 Jahre aufbewahrt werden kann, sind die Erythrozyten nur bis zu 40 Tage und die Thrombozyten sogar nur 5 Tagen haltbar, dann müssen sie aufgebraucht sein - da bleiben keine 6 Wochen Zeit für das Aufbewahren des Blutprobe-Röhrchens! Ob in dem Röhrchen, dass kein Anti-Gerinnungsmittel drinnen hat, überhaupt noch Antikörper produziert werden können, halte ich abgesehen davon auch noch für fraglich).
FAZIT:
Wer sich also heute mit HIV ansteckt und nächste Woche Blut spenden geht, dessen Blut wird definitiv weiterverarbeitet und einem Patienten verabreicht, weil eine Erkennung technisch völlig unmöglich ist!!
Der Patient muss sich also darauf verlassen, dass Ihr so verantwortungsvoll seid und die medizinischen Fragen richtig durchlest und genug Verantwortung zeigt, zu erkennen, dass der typische JC-ler eben für die Blutspende NICHT zugelassen ist, jedenfalls nicht, bis er 4-12 Monate brav war und solange gewartet hat.
Und zuletzt noch dies: Nach einer Risikosituation zu einer Blutspende in der Absicht zu gehen, seinen HIV/Hep-Status kostenlos zu testen, ist moralisch verwerflich und rechtlich wohl strafbar. Dafür ist nicht die Blutspende da, sondern der HIV-Test beim nächsten Arzt!! (aber auch hier gelten die 6-8 Wochen, insbesondere zumal hier i.d.R ein Schnelltest und keine PCR gemacht wird)
PS: Für allfällige Leser in der Schweiz, bei uns gilt verbindlich:
1. Definitive Ausschlussgründe = Wie in Deutschland
2. Vorübergehender Ausschluss (unter anderem):
• 12 Monate nach Tripper / STD
• Sexuelle Kontakte mit wechselnden Partner/innen in den letzten 12 Monaten
• Sexuelle Kontakte mit einer neuen Partnerin/Partner in den letzten 6 Monaten
• Sexuelle Kontakte in den letzten 12 Monaten mit Personen, die vorheriges erfüllen oder in der "Definitiven Ausschlussgruppe" sind
• Träger von Genitalpiercing
PS2: Zur Polemik wegen "Nicht-getestetem Import-Blut" sage ich mal lieber nichts (Off-Topic); nur soviel: Mindestens bis Ende 2007 wurde in Deutschland keine einzige EK/TK-Einheit ("Blutkonserve") aus dem Ausland importiert, neuere Zahlen gibt es noch nicht. Die Geschichte mit der "Stichprobe aus dem Karton" wurde wohl mit dem erlaubten Pooling von je 12-96 Proben bei der HIV-NAT-Untersuchung verwechselt (wird in D auch so gemacht; damit wird aber trotzdem jede einzelne Probe untersucht!).