Na ja, ich führe kein Buch darüber, ob oder wie mich die Beziehung zu Menschen bereichert. Ich mag Menschen oder nicht.
Mir macht es nicht so viel aus, wenn meine Komfortzone nicht das Maß aller Dinge ist. Ich arbeite nicht in einem Krankenhaus und kann deswegen auch nicht mit sowas mein Wasauchimmer „belegen“ und finde solche Ansätze auch ziemlich befremdlich.
Ich war früher viel stärker darauf fokussiert, ob Menschen „zu mir passen“. Heute ist mir ein gewisser Pragmatismus viel wichtiger. Und mir sind Menschen näher, die wie ich nur wenig gemeinsamen Boden brauchen und ansonsten die Devise pflegen „Was nicht passt, wird passend gemacht“. Da muss ich nicht immer so aufpassen, ob sie sich nicht zu kurz gekommen fühlen. Ich mag das nämlich nicht. Da steht so schnell ein Anspruchsdenken im Raum. Und da bin ich tatsächlich genau so kompromisslos wie schon als Teenager. Wer mir mit Anspruchshaltung begegnet, wird mich nie kennen.
Ich mag es, mit den Menschen in meinem Leben die Dinge zu entdecken, die ich ohne sie vielleicht nicht kennengelernt hätte. Und je lieber mir die Menschen sind, desto lieber mag ich das.
Mir sind in meinem Leben vier Männer begegnet, die mich aufrichtig geliebt haben bzw lieben. Ich betrachte das als ein großes Glück. Mit einem davon war ich zwanzig Jahre und einen Tag zusammen. Und zwischen uns passte ziemlich wenig. Von allen Vieren passte er am wenigsten zu mir. Zum Glück war ich irgendwann klug genug, darauf einen Scheiß zu geben. Wir haben in diesen zwanzig Jahren einen gigantischen Haufen Kompromisse gemacht, um einander behalten zu können. Das blieb bis zum Ende echt kompliziert. Und ich hab nichts davon je bereut. Außer dass wir erst so hart darum kämpfen mussten, bis wir unsere Dickköpfe mal im Griff hatten.
Und jetzt hab ich das große Glück, nochmal einen Mann getroffen zu haben, der zwar auch nach den hier gängigen Kriterien nicht wirklich zu mir passt, aber genau deswegen meine Neugier weckte, als ich eigentlich gar nichts suchte. Und jetzt fängt gerade an, was Beziehungen für mich so spannend macht: gemeinsam zu entdecken, was uns zusammenhält, beieinander bleiben lässt, uns so entschlossen sein lässt, den anderen genau so anzunehmen, wie er ist.
Da interessiert mich weder emotionale Buchführung noch die Frage, ob sein Einrichtungsstil zu meinem passt oder seine Urlaubspläne mit meinen kompatibel sind. Entscheidend ist, ob wir uns für den anderen so begeistern lassen, dass der Umstand, dass ich rauche und er Zigarettenrauch verabscheut, mit ein bisschen Einfallsreichtum keine Rolle spielt.
Ich werde das nicht „bereichern“ nennen. Ich bereichere mich nicht an ihm oder der Beziehung zu ihm. Ich hab lieber doppelte Freude und halbes Leid. Das ist mir Mathematik genug.