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Beziehungsweisen - Warum nicht mehrere Menschen lieben?

Beziehungsweisen - Warum nicht mehrere Menschen lieben?
Beziehungsweisen
Unglaublich viel, was eine Liebesbeziehung leisten soll: liebevolle Zuneigung geben
und nehmen, nicht nur Sexualität, sondern auch Erotik praktizieren, den
gemeinsamen Alltag bewältigen, Kinder erziehen, Gespräche über weltliche, spirituelle
und intime Themen führen, die gemeinsame Zukunft absichern, Krankheiten und
soziale Probleme meistern, Kontakt zu den Herkunftsfamilien halten, sich gemeinsam
um Freunde kümmern.... Nach dem Ja-Wort oder dem Zusammenziehen soll alles das
mit dem einen Partner* glücken? Andere Menschen können zwar einen Teil der
Aufgaben einer Partnerschaft ohne Weiteres übernehmen: Wichtige Gespräche lassen
sich nicht nur in einer Liebesbeziehung führen. Auch bei der Kindererziehung können
Kitas und Großeltern helfen. Aber bei Sex und Erotik hört normalerweise der Spaß
auf.
„Die Vorstellung, ich bekäme von der einen Person alles und das für immer..., ist eine
nicht zu toppende Erlösungsfantasie,“ sagt der Psychologe Ulrich Clement auf ZEITonline (31.3.2017). Clement spricht von der Fähigkeit zur Polyamorität. Ist die Liebe
zu verschiedenen Personen möglich? Und welche Konsequenzen folgen aus einer
positiven Antwort?
Es kommt auf das Verständnis des Begriffes an. Liebe ist zunächst die tiefe Zuneigung
zu einer Person. Ich fühle mich zu ihr hingezogen, bin gern mit ihr zusammen. Ich
teile gern meine Freude mit ihr. Ich möchte, dass es ihr gut geht, ich sorge mich, ich
leide mit, wenn es ihr schlecht geht. Ich fühle mich (mit-)verantwortlich für das
Wohlergehen des Anderen. Ich leide darunter, wenn diese beschriebene Zuneigung
nicht erwidert oder gestört wird.
Erweitert gedacht, gelten die Merkmale für Liebe sogar bei der Beziehung zu
materiellen Dingen oder immateriellen Phänomenen: Ich kann mein Auto, den
Frühling oder meinen Schrebergarten, sogar das Vaterland lieben.
Die genannten Merkmale für Liebe passen auf die Liebe zu den Kindern, zu den Eltern,
zwischen Geschwistern, unter Partnern, sogar zu Freundschaften. Ich kann also
verschiedene Menschen gleichzeitig lieben. Liebe zu verschiedenen Menschen
unterscheidet sich in Intensität und Qualität. Die positive Zuwendung zu mehreren
Menschen ist also möglich, vielleicht nur bezogen auf einzelne Aspekte der Liebe.
Niemand stört sich (normalerweise) daran, dass diese Lieben, die sich in Nuancen
unterscheiden, gleichzeitig stattfinden. Diese Gleichzeitigkeit wird sogar gefordert. Es
wäre schrecklich, wenn ich nur meinen Partner, nicht aber die Kinder liebte. Von der
Liebe zu den Eltern wissen und akzeptieren wir, dass sie sich verändert, differenziert.
Der Unbedingtheit der kindlichen Liebe folgt die Distanzierung mit der Entwicklung
einer eigenen Persönlichkeit und später dann die Sorge um die älter werdenden
Eltern. Auch die Liebe zwischen Partnern ändert sich wie die Menschen selbst, einige
Aspekte verlieren an Bedeutung, andere werden wichtiger. Wieder andere bleiben für
einen wichtig, passen aber nicht mehr zu beiden gleich.
Liebe setzt nicht voraus, dass die beiden Partner gleiche Vorlieben oder Interessen
haben, sondern dass sie den partnerschaftlichen Umgang positiv gestalten. Eine
gemeinsame Geschichte, gemeinsame Erfahrungen sind gute Grundlagen, einander
zu mögen und zu verstehen, weil sich im fortgesetzten Gemeinsamen eine Form der
Intimität ergeben hat, nämlich durch die Kenntnis persönlicher, sonst nicht öffentlicher
Verhaltensweisen und Gedanken. Wenn man eine Zeitlang zusammen gelebt hat,
kennt man die körperlichen und geistigen Macken und Vorzüge des anderen, dann
bildet sich Intimität: Ich weiß, wie mein Partner schwitzt und pupst, was er mag, was
er nicht leiden kann, wo er akzeptable Verhaltensdefizite hat, was ihn kränkt, bei
welchen Themen er Leidenschaft entwickeln kann...
Verliebtheit ist Noch-nicht-Liebe, ist ein Begehren, dem noch die Intimität des Alltags
fehlt. Wobei Begehren hier erstmal nur als die andere Seite der Attraktivität ist.
Nach Erich Fromm ist Liebe ja nicht eine Art Besitzstand, sondern eine Tätigkeit:
positive, sich zuwendende Aktivität dem anderen gegenüber. Dieses Verhalten kann
ich mit unterschiedlicher Intensität jedem gegenüber praktizieren, den ich mag, der
mir nahe steht. Es entsteht dabei immer eine Art von Intimität: Austausch von
persönlichen Gedanken und dem Ausdrücken von Gefühlen, die Überwindung des
Einzeldaseins, der individuellen Isolierung. Die Einbeziehung des Anderen in
persönliche Fragen schafft eine Basis der Zuneigung, erzeugt Vertrauen. Auch ein
durch Zuneigung geprägtes, offenes Gespräch zwischen Mann und Frau, die nicht
miteinander ins Bett gehen, entsteht Intimität. Ein offener Blick in die Augen, der
einen Blick in das Innere erlaubt, schafft solche Intimität ohne Worte.
Das alles hat erstmal mit Erotik oder Sex nichts zu tun. Erst beim Sex kommt dann
mit der körperlichen Intimität eine weitere Ebene dazu: Überwindung der Scham,
gemeinsames Erleben von Trieben und körperlichen Reaktionen. Sich trauen und
vertrauen. Wieso sollen diese Erfahrungen, diese Zuwendungen nicht auch mit einem
Dritten möglich sein, ohne dass die Intimitätserfahrungen mit dem eigenen Partner
dadurch leiden müssen? Verlustängste müssen nicht sein, wenn die Intimität, geistige
wie körperliche mit dem ersten Partner nicht in Frage gestellt wird.
Es ist normal, dass intime Gespräche nicht nur mit dem eigenen Partner stattfinden.
In manchen Fragen ist dies sogar viel besser mit einer dritten Person. Diese geistige
Intimität, die in solchen Gesprächen entsteht, birgt viel eher die Gefahr einer neuen,
intensiveren Intimität als der Spaß einer erotischen Affäre. Trotzdem ist
merkwürdigerweise geistige Intimität eher erlaubt als körperliche. Von Ehebruch
spricht man folglich nur bei einer sexuellen Beziehung, nicht aber bei intimen
Gesprächen mit einer anderen Person.
Wenn ein Partner weniger Lust auf Sex hat als der andere, könnte Sex mit einem
anderen den sonst doch irgendwie nagenden Verzicht vermeiden. Verzicht oder
Unoffenheit in dieser Frage kann dazu führen, dass auch die geistige Intimität leidet:
Der andere Partner ist nicht ehrlich, nimmt nur Rücksicht, scheut sich seine Gelüste
offen anzusprechen. Verzicht ist dann der Preis dafür, dass der andere Partner nicht
leidet. Solche Schmerzen sind aber doch gar nicht nötig, wenn die Partnerschaft
ansonsten für beide ihren bisherigen Stellenwert behält. Liebe wäre, dem anderen
Lust zuzugestehen, damit er sich wohlfühlt und die geistige Intimität der Partner
bestehen bleibt.
Am Anfang von Beziehungen steht meist der sexuelle Reiz, die Attraktivität, die Lust.
Dafür hat die Natur im Hinblick auf die Fortpflanzung gesorgt: sexuelle Attraktivität,
Erotik als Spiel von Anziehung und Abgrenzung haben am Beginn einer Beziehung
wenig mit Liebe zu tun, sondern eher mit Biologie, vielleicht mit Gefühlen wie
Verliebtheit. Liebes-Gefühle im Sinne der beschriebenen geistigen Intimität entstehen
dadurch erstmal nicht. Liebe kann erst aus Intimität entstehen: aus körperlicher wie
aus geistiger. Wenn dann aus Lust Liebe wird, bedeutet das nicht, dass der sexuelle
Reiz über Jahre bestehen bleiben muss. Liebe kann es also ohne Sex geben wie auch
Sex ohne Liebe, klar. Liebe kann es zu verschiedenen Menschen gleichzeitig geben,
Sex auch, wissen wir. Wie es unterschiedliche Ausformungen von Liebe gibt, gibt es
auch unterschiedlichen sexuellen Umgang. Geistige oder körperliche Intimitäten
unterscheiden sich je nach Beziehung, sie schließen eine solche zu einer anderen
Person nicht aus. Die Liebe zu einer Person, z.B. zum Partner, kann es neben dem
Verliebtsein zu einer anderen Person geben. Dieses Gefühl hat eine andere Qualität.
Normalerweise kommt nun die Eifersucht dazwischen. Sie ist aber gar nicht nötig,
wenn der Verlust an (bisheriger) Intimität nicht befürchtet werden muss. Eifersucht
ist keine Liebe, sondern eher Streben nach Besitz.
Welch ein Druck wird erzeugt, wenn die Partner tatsächlich immerzu alle Aspekte einer
Liebesbeziehung erfüllen sollten? Realistischerweise sollten wir davon ausgehen, dass
kein Mensch diesen hehren Idealen jederzeit entsprechen kann. In der Begrenzung
der eigenen Wünsche an den Partner könnte auch Glück liegen, wenn die nun mal
vorhandenen Wünsche anders realisiert werden können. Mancher kann über Themen,
die ihm wichtig sind, besser mit jemand anderem als dem Partner reden, eine
Intimität herstellen. Soll man deshalb die sexuelle Partnerschaft zum eigenen Partner
beenden? Mancher fühlt sich (vielleicht nur zeitweise) zu jemand anders sexuell
hingezogen. Sollte man deshalb die anderen, positiven Aspekte einer Beziehung
beenden?
Nebenbei: Die Tatsache, dass für die meisten Religionen die Sexualität eine wichtige
Rolle spielt, lässt vermuten, dass die herkömmlichen Moralvorstellungen religiös
begründet sind. Sex vor der Ehe, Homosexualität, selbst Scheidungen stellen für diese
Religionen immer noch ein Problem dar, ein Anachronismus! Das Aufgeben aller
Gemeinsamkeiten, aller geistiger Intimität aufgrund einzelner körperlicher Intimitäten
zu anderen, wenn es zu einer Trennung kommt, ist ebenso unnötig wie unvernünftig.
Was folgt nun daraus? Wenn wir davon ausgehen, dass eine Person nicht alle
Ansprüche an eine Beziehung über Jahrzehnte erfüllen kann, wäre doch zu überlegen,
ob es nicht besser wäre, einige wichtige der oben genannten Aspekte einer Beziehung
zu realisieren, als wegen des Fehlens eines Aspektes die ganze Beziehung aufzugeben.
Nicht das Entweder-oder, sondern das Sowohl-als-auch lässt zu, dass die positiven
Aspekte des Beziehungslebens auch gelebt werden können. Warum nicht mit den
Kindern und dem Expartner in einer Wohnung leben, weil das den Kindern guttut und
der Beziehung entspricht, und gleichzeitig die Lust auf einen anderen zuzugestehen,
die ja nicht zu leugnen ist? Warum nicht im eigenen Urlaub eine lustvolle, spielerische
und intime Beziehung eingehen, mit der klaren Perspektive, dass dies nicht die
Perspektive eines gemeinsamen Lebens sein muss, sondern das Genießen des
Augenblicks? Warum nicht dem Partner, dem meine Zuneigung gilt, für die Rente
absichern, obwohl auch Konflikte zu dieser Beziehung gehörten?
Und sollte ich dann im Falle einer zweiten Intimität durch Ehrlichkeit die erste
Intimität aufs Spiel setzen? Wenn Liebe auch heißt, dass ich dem anderen Leiden
ersparen möchte, könnte die Konsequenz sein, dem anderen die Existenz einer anders
gearteten Intimität vorzuenthalten. Oder mich selbst einschränke und Gefühle und
Lust unterdrücke. Besser für eine intensive Intimität ist sicherlich Offenheit auf der
einen Seite, Akzeptanz auf der anderen. Manchmal sind leider nur zweitbeste
Lösungen besser. Eine strikt monogame „Erlösungsphantasie“ (Clement) könnte sich
irgendwann als Selbsttäuschung, Enttäuschung herausstellen.
Unsere Ausrichtung auf einen Partner, der alle Aspekte der Beziehung abdecken soll,
führt zu hohen Scheidungsraten und zur Ent-Täuschung, wenn wir uns der Fantasie
der lebenslangen und uneingeschränkten Liebe zu nur einem Menschen hingegeben
haben.
H.D. 10/2018 - 2/ 2019 * es sind natürlich auch die weibliche Person gemeint.

*********Eyes Frau
463 Beiträge
Genauso! 👏🏻
Sie haben voll ins Schwarze getroffen. Besser kann man es nicht darstellen. Nach Möglichkeit sollte man aber den ersten Partner mit einbeziehen. In einer vertrauensvollen Beziehung lässt sich vieles durch ein ehrliches Gespräch regeln. Die Verheimlichung einer zweiten Beziehung geht auf die Dauer nicht gut.
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