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Das ist mir neu, daß Menschen unter ihrem schlechten Charakter leiden. Ich dachte sie wären mit sich selbst zufrieden. Sonst würden sie ja ihr Verhalten ändern.
Nicht von sich selbst auf andere schließen. Es gibt durchaus Menschen mit Fähigkeit zur Selbstreflexion, die sich ihrer charakterlichen Schwächen auch selbst bewusst sind.
Aber wenn man mal erkannt hat, dass man einen fragwürdigen Charakter hat, kann man ja nicht über Nacht eine 180° Wende machen, sondern es dauert ein Leben lang, an sich zu arbeiten. Kein Mensch sollte jemals an den Punkt kommen, an dem er sagt "ich bin perfekt genau so wie ich bin, und sollte ab jetzt aufhören an mir zu arbeiten". Stattdessen sollten wir unser ganzes Leben lang versuchen, uns weiterzuentwickeln und charakterlich zu verbessern.
Wer glaubt, einen Charakter zu haben, der keinerlei Verbesserungsbedarf hat, der hat damit schon den ersten Makel darin.
Und selbst Menschen, die sich sehr bemühen, sich anständig zu verhalten, machen trotzdem gelegentlich Fehler, das gehört zum Mensch-Sein einfach dazu.
Wer akzeptiert, dass er Fehler hat, kann an diesen arbeiten. Aber wer sich selbst liebt, genau so wie er ist, hat keinen Anreiz dazu.
Ich liebe mich selbst nicht, denn ich könnte dir auf Anhieb eine ganze Liste schreiben mit Dingen die mich an mir stören. Aber ich respektiere mich selbst und vor allem auch meine Mitmenschen genug, um jeden Tag aufs Neue zu versuchen, mich ein kleinwenig weiterzuentwickeln. Das bedeutet nicht, mich selbst immer so zu behandeln, als würde ich mich lieben.
Denn wenn man jemanden liebt, neigt man dazu, ihn zu verhätscheln. Ich liebe meinen Hund, und deshalb folgt er nur sporadisch, weil ich es nicht übers Herz bringe ihn zu strafen wenn er mal nicht gehorcht. Mit mir selber würde ich so nicht umgehen. Zu mir selbst muss ich auch gelegentlich mal gemein sein, denn ich bin kein Schoßhündchen sondern ein Mensch, und ich muss in dieser Gesellschaft Leistung bringen können.