Find ich mal wieder eine voll interessante Frage
Bei mir ist es so:
Einen grundsätzlichen Vertrauensvorschuss gebe ich immer, halt im Idealfall soviel, dass ich nach eigener Einschätzung mit einer eventuellen Enttäuschung zurecht kommen würde (am Anfang des Kennenlernens etwa, dass die betreffende Person ebenfalls zum Date erscheint o. ä.). Dabei ist mein Vertrauen in mein Gegenüber also auch von meinem eigenen Vertrauen in mich selbst abhängig (wie weit kann ich der Frau vertrauen, dass ich mir selbst noch zu"trauen" kann, mit einer eventuellen Enttäuschung umzugehen).
Werde ich dabei nicht enttäuscht, taste ich mich vor, wie weit mein weiteres Vertrauen gehen kann und versuche im langsam fortschreitenden Kennenlernen abzuschätzen, wie vertrauenswürdig mir die betreffende Person ist. Dann kann es durchaus vorkommen, dass ich mehr vertraue, als ich mit einer Enttäuschung umgehen zu können glauben würde, einfach aus der durch's Kennenlernen gewonnenen Einschätzung heraus, dass die Person mich diesbezüglich nicht enttäuschen wird und weil es halt schöner ist, ihr vertrauen zu dürfen, als vorsichtig bleiben zu müssen. Da wächst dann mein Vertrauen. Dabei gehen dann Taten für mich vor Worten, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass Worte sich leichter ändern können und sich die wirkliche Einstellung bezüglich eines Themas, die Überzeugung, am ehesten in Taten und im tatsächlichen Verhalten zeigt.
Es gibt dabei durchaus Dinge, wo es gut ist (nicht zwingend nötig, aber förderlich), wenn mir auch deutlich gezeigt wird, dass ich wirklich vertrauen kann, speziell, wenn ich diesbezüglich vielleicht vorab schon mal von anderen Menschen enttäuscht wurde (diese Dinge thematisiere ich möglichst früh im Kennenlernen). Z. B. weckt es nach gemachten Enttäuschungen im Thema Treue mein Vertrauen besonders, wenn mir eine Frau nicht nur treu ist, sondern wenn sie mir dies auch zeigt, indem sie beispielsweise mit mir offen darüber spricht, wenn sie sich mit fremden Männern etwa zum Tanzen verabredet o. ä. - gleiches tue ich selbstverständlich auch.
Soweit mein Idealfall. In der Realität kenne ich es allerdings sehr gut von mir, dass ich in ein Kennenlernen auch schon mit größerem Vertrauen eingestiegen bin, als ich mich einschätzte, mit einer Enttäuschung diesbezüglich gut umgehen zu können. Hierbei spielte dann die Verliebtheit eine große Rolle für mich (und speziell das daraus entstehende Gefühl, die Person schon lange zu kennen sowie ein zuweilen dabei vorkommendes Aussetzen meiner Ratio). Auch weiß ich um den Satz "no risk, no fun". Worte können hierbei einen größeren Stellenwert für mich einnehmen, als Taten.
Anzeichen, dass ich enttäuscht werden könnte, habe ich dabei immer gesehen und nicht einmal ignoriert, sondern eher wieder abgewogen mit meinem Vertrauen in mich selbst, mit einer solchen Enttäuschung eben doch fertig werden zu können. Das ist dann meine Gratwanderung.
Werde ich schließlich enttäuscht, schmerzt mich das natürlich und ich bin erstmal verletzt. Wenn ich allerdings mit der anderen sich daraus ergebenden Situation leben kann und will, kann ich mich auch auf diese andere Situation einlassen und verzeihend gemeinsam nach vorne blicken... Allerdings waren es in meiner Vergangenheit meist Enttäuschungen und Vertrauensbrüche derart, wie die Dinge für mich von Anfang an unveränderbar elementar für die jeweilige Beziehung waren, weshalb ich mir dann doch eher selbst treu geblieben bin und die Sache beendet habe.
Umgekehrt schreckt es mich manchmal ab, wenn mir eine Frau von Anfang an 100% Vertrauen entgegen bringt. Ich habe es gern, wenn auch sie Schritt für Schritt "prüft", ob ich für sie vertrauenswürdig bin.
Ein großer Schritt für Vertrauen ist für mich das Händchenhalten. Da passiert dann viel und ich öffne mich sehr dabei.
Zuletzt finde ich noch interessant, was ich neulich in einem Artikel las:
In der Psychologie scheint es demnach Ansätze zu geben, die Fähigkeit eines Menschen, vertrauen zu können, nicht nur auf seine gemachten Erfahrungen mit ähnlichen Situationen zurückzuführen (z.B. Vertrauen in eine Geliebte abhängig von Erfahrungen oder erlebten Enttäuschungen mit vorangegangenen Liebesbeziehungen), sondern allem voran und besonders auf seine Erfahrungen in der Kindheit, speziell der Prägungsphase (1. LJ), in welcher das sogenannte "Urvertrauen" aufgebaut wird. Ob man das so wirklich sagen kann, weiß ich nicht und würde ich nicht unterschreiben wollen, aber ich dachte, es ist vlt ein weiterer Aspekt zu diesem Thema