Vielleicht kann ich mich etwas in die emotionale Situation hineinversetzen
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Bevor ich meinen heutigen Partner - mit dem ich 5,5 Jahre zusammen bin - kennenlernte, lebte ich 8 Jahre in polyamoren Beziehungen.
Ich war zum Zeitpunkt des Kennenlernens meines Partners im Verarbeiten der Trennung und mein Blick auf die Polyamorie, die ich all die Jahre als mein tiefes Sein empfunden hatte, bröckelte... Da waren damals Gedanken, ich sei vielleicht " in den Jahren nicht zu richtiger Bindung in der Lage gewesen", oder... es gäbe vielleicht eine Art unbewusster Angst vor "DER einen Liebe" - diese "100%"....
In der Situation begegnete mir dieser Mann, der nicht weniger als diese 100% wollte - exklusiv, monoamor,... Familie.
Das war ein Gefühl von Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und... Halt.
Ich ließ mich ein, war total verliebt und ich liebe diesen Mann bis heute sehr.
Das Sexuelle war aber von Anfang an nicht so, wie zu "Poly-Zeiten", wo es eben einen völlig anderen Umgang damit gab - ja, eine große Offenheit, ein Sich-selbst-erfahren und Wünsche äußern und auch eine gewisse "Grenzenlldigkeit", außer eben die, die man in Eigenverantwortung für sich selbst zieht (Swingen, Clubs und Sexualität ohne ganz tiefe Verbindung waren und sind nicht meins).
In der exklusiven Partnerschaft fand ich ganz vieles, was mir bis heute sehr wichtig ist, aber nicht die Sexualität, die ich in der Zeit vorher leben konnte.
Gefühlt waren es früher andere Prioritäten. Damals ging es ums Erleben und Erfahren im Zwischenmenschlichen zu mehr als einem Menschen. Das Leben war aufregend und Sexualität war wichtig.
In die jetzige Partnerschaft brachte ich das Fühlen der Jahre davor mit... und lief - gefühlt - damit auf.
Meine anfängliche Offenheit fand mein Partner als ungewöhnlich. Er kam aus einer sehr langen Ehe, wo Sexualität kaum eine Rolle spielte.
Jetzt habe ich eine Partnerschaft mit tiefer Verbundenheit und mit Plänen - vermisse aber - mal mehr, mal weniger - diese Leidenschaft, die ich aus allen vorherigen Beziehungen kannte.
Jetzt bin IMMER - und von Anfang an - ich die, die Wollen äußert, aber... das ist tatsächlich kaum noch da, weil das Begehren des Anderen fehlt... schon immer.
Zu Beginn war das vermutlich deshalb nicht so tragisch, weil ich von der Leidenschaft der "Poly-Zeiten" zehren konnte, aber inzwischen vermisse ich genau diese Zeit - anderen Umgang, andere Themen und "alternative" Leute -, wofür mein Partner ja gar nichts kann, denn DER hat sich ja nicht verändert. Bei MIR kommt diese alte Sehnsucht nach was Anderem hoch.
Ich habe mich für etwas entschieden, was ich meinem Partner natürlich gar nicht zum Vorwurf machen kann.
Ich denke, wer mal polyamor gelebt hat, versteht vielleicht, was ich meine...