Fesselnde Bescherung!
Fesselnde Bescherung!
Panik wäre zu milde ausgedrückt, für den Wirrwarr an Gefühlen der mich durchfließt. Ausgelöst durch das schlichte Klappern seines Schlüssels an unserer Wohnungstüre. Ich möchte davonrennen, mich retten, egal wohin, nur weg. Aber vor allem meine Blöße bedecken. Wieso nur dachte ich, dass ein roter Kimono und eine viel zu große fellbesetzte Nikolausmütze, die mir ständig von der Stirn in die Augen rutscht, eine tolle Idee wären? Ein elegantes Abendkleid, ein verruchtes kleines Schwarzes oder ein hautenger Rock mit einer tiefblickenden Bluse. Das schon. Aber vor allem Schuhe, die mich auf meinen gummiweichen Beinen möglichst schnell von hier forttragen.
Zu spät, denke ich, nachdem die Türe sanft ins Schloss seufzte. Oder war ich das eben? Ich habe keine Ahnung, straffe jedoch die Schultern, denn ein Häuflein Elend will mein Gebieter nicht. Er will mich stark und stolz und vor allem will er mich nackt. Mich auszupacken, dafür hat er keine Geduld. Wohl aber, um meine Lust durch lüsterne Worte zu schärfen und mich zeitgleich mit geschickten Händen langsam in den Wahnsinn treiben.
Schnell gleite ich auf das dicke, runde Wollkissen, das schon seit Stunden mitten im Wohnraum auf dem Parkett liegt. Das orientalische Design passt so gar nicht zu dem traditionell geschmückten Christbaum daneben. Aber ich will es bequem haben, falls er mich wieder ignoriert, was er gerne macht, wenn ich seine Aufmerksamkeit nicht verdiene.
Also richte ich mich auf den Knien aus, zupfe den Kimono aufreizend zurecht, so dass kein Fitzelchen Stoff meine üppigen Brüste und mein rasiertes Kleinod verdeckt. Dann lege ich die Hände auf den Schenkeln ab, senke ergeben den Blick und warte voller Ungeduld. So laut wie mein Herz pocht, wird er nicht lange brauchen, um mich zu finden.
Warum nur bin ich so nervös? Schließlich ist dies unser zwölftes Weihnachten. Normalerweise bin ich züchtig gekleidet, wenn er nach Hause kommt. Zumindest bis er mir etwas anderes befiehlt. Dann erst werde ich zu seiner Magd, seiner Dienerin, seiner Sklavin, und damit zu dem Gefäß seiner leidenschaftlich lustvollen Liebe.
Wie wird er reagieren, wenn er mich so vorfindet? Allein wie ich mich ihm präsentiere, ist ein Affront. Es untergräbt seinen mir übergeordneten Rang, seine Position als Herr des Hauses und seine Autorität gleichermaßen.
Ach, wem will ich etwas vormachen, außer mir. Es dürstet mich regelrecht danach, gemaßregelt zu werde, wie es sich für mein Vergehen geziemt. Allein bei dem Gedanken zieht sich alles in mir erwartungsfroh zusammen. Unsere letzte Session ist schon Wochen her und inzwischen renne ich wie ein aufgescheuchtes Kaninchen herum. Dabei hat er sich überaus liebevoll um mich gekümmert. Mich verwöhnt und geliebt und ja, auch meine Lust befriedigt.
Aber heute, da will ich keine Milde. Ich will seine harte Hand auf meiner glühend heißen Haut. Und dann den Flogger, die Gerte und zum Abschluss den Rohrstock oder den Gürtel. Denn so sehr, wie ich seine Zärtlichkeiten genieße, liebe ich es, wenn er mich hart anpackt, unterwirft und dominiert.
Elegante schwarze Schuhe treten in mein Blickfeld und eine dunkelgraue Hose mit akkurat gebügelten Bundfalten. Dazu trägt er ein gleichfarbiges Sakko, ein nachtschwarzes Hemd und eine silbergraue Krawatte, die perfekt zu seinen Schläfen und dem kurzgeschorenen Vollbart passt.
Automatisch ziehe ich die Stirn kraus. Habe ich vergessen, dass er mich ausführen wollte? Nein, das hätte ich beachtet. Wobei ich so etwas ebenso gerne missachte. Schließlich spielen wir nicht 24/7 sondern nur ab und an, wenn uns danach ist.
«Ich habe ein Geschenk für dich, Gebieter», breche ich das unangenehme Schweigen und inhaliere seinen verführerischen aufregenden herbholzigen Duft.
«Und ich für dich, mein aufmüpfiger Liebling!», antwortet er amüsiert.
Aufmüpfig!? Ich bin doch kein kleines Kind, sondern eine erwachsene Frau. Seine Frau und viel zu häufig wie Wachs in seinen Händen. Insbesondere wenn er mich eingehend betrachtet. So wie jetzt. Selbst wenn ich zur Strafe mit dem Gesicht zur Wand in der Ecke stehe, mit leuchtend rotem Po und Striemen gezeichnet spüre ich seinen Blick.
«Schließ deine Augen!»
«Ja, mein geliebter Gebieter.»
Ein Rascheln von Papier. Ein Windhauch an der Seite. Ein leises Knirschen seiner Schuhe. Sanft schiebt er mein langes dunkelblondes Haar beiseite. Ich halte den Atem an. Ist es das, was ich hoffe, dass es ist? Ein kühles Etwas schmiegt sich weich um meinem Hals. Ein metallisches Klicken, und mein Herz tanzt vor Freude Samba in der Brust.
«Augen auf!»
Ich folge sofort und betaste mit zittrigen Fingern das zwei fingerbreite Lederband und die Metallringe daran. Gott, wie lange habe ich mir das schon gewünscht. Bisher spielten wir nur zuhause, zu zweit und nie gemeinsam mit anderen, weil ich kein Symbol besaß, das mich als die seine deklariert. Trägt er deshalb den Anzug? Aber welcher Club hat denn an Weihnachten geöffnet?
«Danke Gebieter», sage ich gerührt blinzelnd und senke mit geröteten Wangen ergeben den Blick. «Darf ich dir nun dein Geschenk überreichen?»
«Später, mein Liebling!»
Enttäuscht beiße ich mir auf die Unterlippe.
«Bleib, wo du bist!», befiehlt er und entfernt sich. Dann schleppt er mit zügigen Schritten den Marktkorb aus Weide und zwei gut gefüllte Leinentaschen vom Eingang in die Küche. Was hat er vor? Er weiß doch, dass ich vor einer Session nichts runter bekomme. Anschließend schon. Da habe ich Hunger wie ein ganzes Wolfsrudel. Angespannt lausche ich den Geräuschen. Was sonst soll ich auch tun?
Geschirr scheppert, Gläser klirren, Besteck klappert. Stille. Nur einen Moment, dann wird das Küchenbrett aus Holz bemüht. Immer wieder rauscht Wasser und Schranktüre werden geöffnet und geschlossen. Wieder Stille. Ein leises schrillnasales Quietschen gefolgt von einem hellen Plopp, dann das gurgelnde Gluckern von Flüssigkeit in ein Gefäß.
Ich werde noch kirre!
Er balanciert ein Tablett voller verschieden großer Schüsseln zum Esstisch. Klassische Klaviermusik läuft an. Anschließend faltet er Servietten zu Rosenblüten, zündet Kerzen an, holt vier rundbauchige Rotweingläser aus der Vitrine und verteilt weitere Gläser, Teller und Besteck auf dem Tisch.
Moment! Wieso für vier? Erwarten wir später noch Gäste?
Er lächelt, wissend, der Schuft und wirft mir einen warnend Blick zu, damit ich mich nicht weiter bewege. Denn inzwischen zappele ich auf dem Kissen herum.
«Darf ich dir jetzt dein Geschenk überreichen, mein Gebieter?», frage ich, eher um mich als ihn abzulenken.
«Gerne!»
Langsam beuge ich mich nach vorne, darauf achtend, dass mir der fellbesetzte Rand der Nikolausmütze nicht noch weiter in die Augen rutscht. Mit klammen Fingern hebe ich das schmale, längliche in goldgelbglänzendem Seidenpapier eingehüllte Geschenk in die Höhe und halte es ihm vorsichtig entgegen. Nicht weil es kaputt gehen könnte, sondern weil ich Angst davor habe, wie er darauf reagiert.
«Danke, mein Liebling. Ich vermute, dass der Inhalt uns beide erfreut.»
Schweigend kaue ich auf der Unterlippe herum. Was will ich ihm auch sagen, außer, dass ich hoffe, sie bald auf der Haut zu spüren.
Für meinen Geschmack viel zu vorsichtig öffnet er einen Klebestreifen nach dem anderen. Zum Vorschein kommt ein armlanger rechteckiger lederbezogener Kasten mit jeweils zwei filigranen Scharnieren und Schnappschließern.
«Ein Billard Kö?», fragt er und ich muss lächeln. Es hat Tage gedauert ein ansprechendes Behältnis zu finden und schließlich fand ich es, rein aus Zufall, in einem Musikgeschäft.
«Nein, Gebieter, ein Bassbogenetui.»
«Aha!»
«Mach es auf, Gebieter» sage ich ungeduldig. Tadelnd hebt er eine Augenbraue und ich senke den Blick. «Bitte», füge ich flehend dazu, weil mich die Ungewissheit noch umbringt.
«Ui!», entfährt es ihm und ich erlaube mir von unten zu ihm hoch zu schielen. Er grinst und seine Augen leuchten während seine Finger ehrfürchtig über das geflochtene Leder streichen.
«Bist du dir sicher?», fragt er, die Stirn sorgenvoll in Falten gelegt.
«Ja», hauche ich. «Wenn es meinem Gebieter danach verlangt.»
«Nicht heute», sagt er schnell. «Den Umgang mit der Peitsche will ich erst lernen. Aber bald schon, wird es mir eine Freude sein, sie auf deiner zarten Haut tanzen zu lassen.»
Er verschließt den Kasten und legt ihn zwischen uns auf den Boden. «Schließ die Augen, mein Liebling. Ich habe noch ein weiteres Geschenk für dich!»
«Womit habe ich das verdient, mein Gebieter?», frage ich neckend, während er um mich herum und hinter mir in die Hocke geht.
«Gib mir deine Hände!»
Zögernd lege ich die Arme auf den Rücken. Weiches Leder schmiegt sich um meine Handgelenke. Dann verschließt er die Schnallen, straff aber nicht zu fest. Zweimal ertönt ein leises metallischen Klicken und kurz darauf ein Drittes, zusammen mit einem leichten Ruck am Halsband.
Sanft berührt er mit beiden Händen meine Schultern und schenkt mir einen Kuss in den Nacken.
Genießerisch lehne ich mich ihm entgegen, doch anstatt mich aufzufangen, schiebt er mich von sich weg.
«Noch nicht, mein ungeduldiger Liebling!»
«Wann?», frage ich heißer. Doch bevor er mich zurechtweisen kann, klingelt es an der Wohnungstüre.
«Ah, unsere Gäste!», sagt er und erhebt sich.
«Mach mich los!», sage ich panisch und starre in sein amüsiertes Gesicht.
«Beruhige dich, mein Liebling. Unsere Gäste sind extra wegen dir gekommen.»
«Aber ich bin quasi nackt», rufe ich empört und zerre an meinen Fesseln. Doch das Einzige das ich damit erreiche, ist, dass mir die Nikolausmütze endgültig über die Augen rutscht.
«Deine Nacktheit wird unsere Gäste erfreuen!»
«Hast du etwa …?»
«Wir chatten schon seit Monaten mit den beiden. Also entspann dich und lass dich einfach treiben.»
Und wieder ist da dieser Wirrwarr an Gefühlen in mir. Am liebsten möchte mich ganz klein machen. So klein, dass ich mich in den Polsterritzen der Couch verstecken kann. Und doch bin ich begierig, zu erfahren wie es ist, mit Fremden zu spielen.
«Habe ich dich je überfordert?», fragt er scharf.
Nein, niemals, er geht immer auf Nummer sicher.
«Vertraust du mir?», fragt er leise und lupft die Mütze gerade so weit, dass ich unter seinem liebevollen, strengen Blick schmelze wie ein Sahneeis.
«Ja Gebieter!»
«Gut!», sagt er lächelnd und zieht mir die Nikolausmütze über die Ohren, bis zur Nasenspitze.
Es klingelt erneut. Lauter, länger, drängender. Seine Schritte entfernen sich. Gemurmelte Worte, eindeutig zwei Männer und eine Frau. Durch den Mützenstoff klingen die Stimmen dumpf und wegen der Musik kann ich nicht verstehen, was sie sagen.
«Sie ist heute recht schüchtern», sagt mein Gebieter, als er das Wohnzimmer wieder betritt. «Ich schlage vor, ihr setzt euch und steigt später ein.»
Füße trappeln, ein Schnauben, wie ein unterdrücktes Lachen, dann werden Stühle gerückt. Insgeheim verfluche ich mich wegen meiner blöden Idee mit der Nikolausmütze. Und ihn, weil es ihm so offenkundig erfreut, mich so schamlos zu präsentieren.
Dann spüre ich seine warmen Hände und seinen Atem auf meiner Haut. Zögernd lasse mich führen und gleite schon nach wenigen Sekunden immer tiefer in mein anderes Ich.
«Warum die Scharade?», frage ich zwei Stunden später. Weichgeklopft und zutiefst befriedigt liege ich ausgestreckt auf dem Sofa. Mein Kopf ruht in seinem Schoß, während er mich füttert.
«Um Klarheit zu erhalten, ob du bereit bist vor anderen zu spielen.»
«Wer war das vorhin an der Türe?»
«Anna und Lutz von nebenan. Ich wollte wissen, wann genau sie zur Christmette gehen, damit sie nichts mitbekommen.»
«Du bist der schuftigste Schuft, den ich kenne.»
«Alles nur für dich, mein Liebling!», sagt er und küsst mich sanft auf den Mund …